«Purple Drunk», «Dirty Sprite Macht» und «Makka» machen ihre Runden nun auch in den Zimmern Schweizer Jugendlicher.
Vor den Apotheken und Drogeriemärkten spielen sich dramatische Szenen ab. Hustende Jugendliche kommen vorbei und verlangen nach einem Stoff, der dieselben Effekte und Auswirkungen haben soll, wie das allseits berüchtigte LSD. Ein Opiat, das in einem ganz gewöhnlichen Mittel enthalten ist, schickt täglich Dutzende von Minderjährige ins Nirwana. Seitens Suchtzentren und ehemaliger Betroffenen wird beklagt, dass Gesundheitsbehörden, Jugendämter und Schulen meistens zu spät reagieren.
Ein teuflisches Duo
Bei dem berühmt berüchtigten Codein handelt es sich um ein Opiat, das in einem ganz gewöhnlichen Haushaltsmittel, nämlich Hustensaft, enthalten ist. Längst haben Teenies diese leicht erhältliche Partydroge entdeckt. Hustensaft-Hersteller generieren abseits der Grippesaison kräftig Um-satz damit. Meistens wird das dickflüssige Liquid mit Sprite oder Alkohol gemischt, das daher bei Insidern auch unter dem Namen «Purple Drunk» oder «Dirty Sprite» bekannt ist. Die darin vorhandenen opiatischen Substanzen versetzen den Benutzer in einen rauschähnlichen Zustand.
Vor allem das überdosiert sehr pyschoaktiv wirkende Dextromethorphan löst starke Halluzinationen aus. Bereits in den 90er Jahren war das Problem weit verbreitet, als sich tausende von Jugendlichen mit Bexin-Tropfen in neue Dimensionen beförderten. Ausschlaggebend dafür, weshalb Hustensaft als Rauschmittel bis heute noch hohe Popularität geniesst, ist unter anderem, dass derartige Arzneimittel im Unterschied zu fast allen anderen Drogen in Apotheken ohne ärztliche Verordnung legal erhältlich, kostengünstig und von guter pharmazeutischer Qualität sind. An einem Missbrauch von Hustensaft sind laut verschiedener Suchthilfeberatungsstellen in ganz Europa hauptsächlich experimentierfreudige Jugendliche und teilweise auch Drogenabhängige interessiert. Die Folgewirkungen werden dabei völlig ignoriert.
Situation in der Schweiz
In der Schweiz ist «Makka» – so nennen viele Schweizer Jugendliche den häufig verwendeten Hustensaft Makatussin – am weitesten verbreitet. Die Apotheken in den grösseren Schweizer Städten haben bereits reagiert und verlangen von Jugendlichen ohne Rezept einen Ausweis. Daraufhin werden ihre Daten gespeichert und sie können sich erst nach einem Monat Wartefrist wieder am selben Ort ein Fläschchen des schleimlösenden Hustensaftes kaufen. So ziehen die Jugendlichen meist von Apotheke zu Apotheke, immer mit einem furchtbar falsch inszenierten Husten, um an ihren Stoff zu kommen. «Einige Apotheken haben gewisse Produkte schon aus dem Sortiment genommen, weil sie verdächtig häufig von Jugendlichen nachgefragt wurden», erklärt ein Sprecher der Suchtprävention Zürich in einem Zeitungsinterview. Eine weitere Massnahme der Schweizer Apotheken spiegelt sich in der neuen Verkaufspolitik von Hustensaft wieder. Von Kunden ohne Rezept werden inzwischen drei Franken mehr verlangt. Der Mehrerlös geht an eine Suchtpräventionsstelle oder Streetworkzentren.
Nimmt man den Stoff nach zeitlich länger andauerndem Konsum nicht mehr zu sich, folgen Entzugserscheinungen wie Kopfschmerzen, Krämpfe und Übelkeit. Ein Entzug von Codein könne schmerzhafter und länger als ein Heroinentzug sein, meinen Streetworker, Mediziner und ehemalige Drogensüchtige. Doch auch ein einmaliger Konsum birgt viele Risiken. Bei gleichzeitigem Alkoholkonsum ist die Gefahr für Tod durch Atemstillstand sehr hoch. Denn beide Stoffe, sowohl Codein als auch Dextromethorphan, wirken bremsend auf diverse Körperfunktionen. Hoch dosiert könnten sie auch einen Herzstillstand verursachen. Wer die Stoffe über eine längere Zeit zu sich nimmt, dem drohen ausserdem Impotenz und Unfruchtbarkeit.