Buchempfehlung: Die verkaufte Kindheit

Wie wird die Zukunft aussehen, wenn Kinder zur Zielgruppe werden und wir ihre Erziehung den Marketing-Abteilungen überlassen?

Seit dem ersten Semester in BWL wissen wir es: Marketing bewegt sich irgendwo zwischen dem Erfüllen bestehender Kundenwünsche und dem Erzeugen neuer, bisher unbekannter «Bedürfnisse». Bereits Henry Ford sagte dazu: «Hätte ich die Leute gefragt, was sie wollen, dann hätten sie eine schnellere Kutsche verlangt.»

Dies mag ein plausibles Konzept sein, wenn von erwachsenen Menschen ausgegangen wird, die zur rationalen Kaufabwägung zumindest theoretisch fähig sind. Was aber passiert, wenn Marketingstrategen ihre erheblichen Ressourcen einsetzen, um Kindern regelrecht zu diktieren, was «cool» ist und was besessen werden muss? Mit dieser Frage setzt sich «Die verkaufte Kindheit» von Susanne Gaschke auseinander. Da ist zu lesen von Kindern, die immer früher der Werbemaschinerie ausgesetzt sind. Und von der Spielwaren- und Unterhaltungsindustrie (Motto: «Life is a game»), die Werbung und Sponsoring gezielt verwenden, um riesige Mengen an Markenartikeln und Plastikspielzeug abzusetzen.

Es wirkt grotesk, wenn man erfährt, welche Heerscharen an blinkend-sprechenden Actionfiguren auf die Kinderzimmer losgelassen werden oder wie achtjährige Models für Louis-Vuitton- Outfits posieren. Und man will kaum glauben, dass Eltern ernsthaft auf die Idee kommen würden, einen Computerbildschirm mit «Lernspielen» an der Wiege zu installieren, um damit die Erziehung zu fördern.

Sodann stellt sich die Frage, wo wir als Gesellschaft hinsteuern, wenn die heranwachsende Generation zu passiven Konsumenten erzogen wird, deren Kreativität sich auf das Bedienen von Stimuli am Fernsehbildschirm beschränkt. «Die verkaufte Kindheit» beschreibt mit vielen Beispielen und systematischer Recherche, wie in den westlichen Marktwirtschaften der vormals geschützte Raum der Kindheit zunehmend zum Subjekt kommerzieller Interessen degradiert wird. Und welche Konsequenzen sich daraus ergeben.

Dies berührt natürlich auch unmittelbar Fragen der unternehmerischen Verantwortung. Ist jedes Geschäftsmodell vertretbar, solange es nicht unmittelbar gegen Gesetze verstösst?

Wirtschaftsstudierende, die wir sind, sollten stets interessiert daran sein, sich mit den Konsequenzen der marktwirtschaftlichen Tätigkeit auseinanderzusetzen. Am besten geht das sicherlich mit einem spannenden und zugleich unterhaltsamen Buch, wie «Die verkaufte Kindheit» eines ist.

Die verkaufte Kindheit
Autorin: Susanne Gaschke
270 Seiten
Erschienen bei: Pantheon, 2011

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