Des Hipsters Tod

Der ironische Hipster nimmt die Masse auf die Schippe. Doch was passiert, wenn der Hipster selbst zur Masse wird?

Heute hängen Holzfällerhemden in jedem Kleiderschrank, Vintage gilt als modisches Gütesiegel und Bärte haben ihr «Samichlaus-Image» schon lange verloren. Hipstermerkmale werden gekauft, getragen und wachsen gelassen, doch als Hipster wollen sich viele trotzdem nicht schimpfen lassen. Wo Hipster draufsteht, steckt also selten ein Hipster drin – oder ist das Aussehen genug, um Hipster zu sein? Bei der ganzen Verwirrung stellt man sich mittlerweile die Frage: Wo fängt ein Hipster an und wo hört er auf?

Der Hipster – ein Nachruf

Die erste Hipsterwelle war an die schwarze Jazzszene angelehnt und entstand in den Fünfzigerjahren. Sie stand für zur Schau gestellte Rebellion, für eine wohlhabende Jugend, die sich den Stil einer unterprivilegierten aber sozialkritischen Randgruppe zu eigen machte und neu interpretierte. Dabei zeichnete sich die Subgruppe nicht nur durch ihre Kleidung, sondern auch durch ihr avantgardistisches Benehmen aus. Doch schon Ende der 60er-Jahre wird der Originalhipster begraben.

Der moderne Hipster kommt erst 1999 zur Welt, parodiert mit Truckerkäppchen und Tattoos die amerikanische Unterschicht, den «White Trash», und entwickelt sich weiter. Er mischt Stilelemente, orientiert sich nostalgisch an der Vergangenheit und will der Gesellschaft doch immer einen Schritt voraus sein. Das beständige Element bleibt das Bestreben, anders als die anderen zu sein.

Generell lässt sich der Hipster nicht annähernd dingfest machen wie andere Subkulturen. Er steht nicht für den einen Musikgeschmack, für die eine Berufsgruppe oder die eine politische Richtung. Trotzdem erkennen wir alle einen Hipster, wenn wir ihn sehen. Hier gibt es nur ein kleines Problem: Der moderne Hipster ist tot – und das offiziell schon seit 2010.

Alles nur noch Pseudo-Hipsterismus?

Die breite Masse hat den Hipster zahm gemacht, ihm die Gesellschaftsparodie genommen. Welche Gesellschaft kann man noch parodieren, wenn man selbst zur Gesellschaft geworden ist? Eine Handvoll Hipster ist eine Gruppe von Individualisten, eine Mehrheit nur noch eine Modeerscheinung. Sind wir demnach nur noch eine Generation von Pseudo-Hipstern, die einer vergangenen Subkultur nachhängen?

Fakt ist: Der Hipster ist zum lukrativen Geschäft geworden, hat zum neuen Luxuslabel erkoren, abgefuckte Viertel gentrifiziert und Birkenstock-Regale leergeräumt. Er zelebriert jedoch auch einen nachhaltigen Lifestyle, lässt altbackenes Gärtnern zu einem Urban Gardening Hype aufsteigen und Nerdbrillen wieder salonfähig werden.

Kaum ein Trend beschreibt unsere Generation besser als derjenige des Hipsters. Eine Generation, die den Spagat versucht zwischen Schnelllebigkeit und Nachhaltigkeit, zwischen Massenkommerz und Individualismus. Eine Gesellschaft, die sich schwer darin tut,
sich bei der ganzen Optionenvielfalt auf eine Musikrichtung, eine politische Partei oder einen Kleidungsstil zu beschränken. Ob der Hipster nun tot ist oder nicht – seine Idee prägt noch immer die «Generation Y».


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