Das Geschäftsreglement des Senates der Universität St.Gallen hält in Art. 18 fest, dass die Senatsmitglieder zur Verschwiegenheit über die Verhandlungen und Dokumente des Senates verpflichtet sind, die nach den Umständen oder gemäss besonderer Regelung geheimzuhalten sind. Vor allem das Kommissionsgeheimnis ist sinnvoll, da es unteranderem den Prozess der Meinungsbildung schützt, das heisst offen, wie auch unabhängig Meinungen gebildet und geäussert werden können.
Die Bestimmung im Geschäftsreglement ist relativ unbestimmt. Die Frage, was im konkreten Einzelfall genau von der Amtsverschwiegenheit erfasst wird, ist für die alten Hasen im Senat vielleicht einfach. Für neue Mitglieder wie beispielsweise die studentischen Vertreter, welche vielleicht gerade neu in den Senat gewählt wurden, stellt die Unterscheidung jedoch ein etwas schwierigeres Unterfangen dar. Deshalb scheint es auch nicht verwunderlich, dass hier Potenzial für Verunsicherung vorliegt. Eine zu enge Auslegung der Bestimmung kann jedoch dazu führen, dass alles, was im Senat behandelt wird, plötzlich mit dem
Stempel «geheim» gekennzeichnet wird. Das wäre der Öffentlichkeit und damit vor allem den Studierenden sicherlich nicht dienlich.
Die Wahlen des neuen Rektors
Wie den meisten nach der intensivenBerichterstattung klar sein dürfte, war Bernhard Ehrenzeller zunächst Präsident der Findungskommission. Nach dem drei mögliche Nachfolger vonThomas Bieger abgesprungen waren, trat Ehrenzeller als Präsident zurück und stellte sich selbst als Kandidaten zur Verfügung. Das sind eigentlich alles bereits Informationen, die während des laufenden Prozesses gar nicht nach aussen hätten kommuniziert werden sollen.
Dennoch hatten beispielsweise die studentischen Vertreter im Studentenparlament ein Anrecht darauf, über den Prozess der Rektoratswahlen informiert zu werden. Dies ist auch geschehen, ohne dass zunächst weitere Details nach aussen gelangt sind. Spätestens jedoch als ein studentisches Senatsmitglied vor dem Stupa genauere Details «geleakt» hatte – ob bewusst oder nicht – waren aber auch die Stupa-Mitglieder über mehr informiert, als sie eigentlich hätten sein sollen. Gemäss Quellen, haben auch Senatsmitglieder ihre jeweiligen Schools darüber informiert, dass Bernhard Ehrenzeller als neuer Rektor gehandelt wird.
Es war nicht die Universität, welche als erste proaktiv die Öffentlichkeit informiert hat. Es waren die Senatsvertreter selbst gewesen. Da stellt sich schnell die Frage, ob die Uni sich nicht einen Gefallen getan hätte, wenn sie bereits vorher offen kommuniziert hätte. Stattdessen sah sich diese erneut mit Schlagzeilen konfrontiert und musste reaktiv Statements raushauen.
Unklar und schwer nachzuvollziehen ist jedoch immer noch, wer die entsprechenden Informationen der Presse gesteckt hat. Letzten Endes wusste jedoch der halbe Campus von der Rektorenwahl und es dürfte für gut informierte Medien nicht schwierig gewesen sein, das mitzubekommen.
Sorgfältigere Arbeitsweise
Grundsätzlich kann es schnell heikel werden, sollten Senatsvertreter mit vertraulichen Informationen aus den Senatssitzungen hausieren gehen. Es ist einmal passiert und das Resultat im Zusammenhang mit den Rektoratswahlen war grösstenteils positiv. Vielleicht wäre es trotzdem empfehlenswert striktere Regeln einzuführen, wie beispielsweise im Umgang mit den Akten. Diese werden nämlich allesamt per Post verschickt. Zwar gibt es nach den Sitzungen jeweils eine fachgerechte Entsorgungsstelle. Viele nehmen die Unterlagen jedoch wieder mit nach Hause. Ausserdem sollten die studentischen Senatsvertreter besser über ihre Tätigkeit informiert werden. Es empfiehlt sich hier allenfalls mit dem Vorgänger ein paar Mal mitzugehen. Übergaben gibt es gemäss Aussagen bisher nur vereinzelt. Die Wissenssicherung war schon in der Vergangenheit öfters ein Thema. Auch das Durchlesen der Geschäftsordnung des Senats sollte selbstverständlich sein. Es kann jedoch nicht sein, dass man in Zukunft damit rechnen muss, einen Tag später einen Artikel im Tagblatt (und ja, auch im prisma) zu dem entsprechenden Thema zu lesen.