«Die Gleichung von Privatleben und Beruf muss aufgehen»

Johannes-Tobias Lorenz hat 2001 nach dem Studium an der HSG bei McKinsey als Consultant angefangen, ist mittlerweile Partner und verantwortet das Praktikantenprogramm. prisma hat ihn zu seinen Studienjahren an der HSG, zum Berateralltag und zu Einstiegsmöglichkeiten für HSGler befragt.

Sie haben um die Jahrtausendwende an der HSG studiert. Ist Ihnen die «Bad Taste»-Party noch ein Begriff?

Es freut mich, dass es die Party noch gibt! Ich war jedes Jahr da, habe aber leider nie gewonnen. Auf jeden Fall werden auf Hochzeiten und runden Geburtstagen gerne Fotos von diesen Partys gezeigt, was bis heute für den einen oder anderen Schmunzler sorgt …

Wenn Sie an die St. Galler Zeit zurückdenken, was haben Sie in besonders guter Erinnerung behalten?

Abgesehen vom exzellenten Curriculum vermisse ich meine Joggingstrecke an den Drei Weihern und die Olma-Bratwurst, wenngleich ich sie mit Senf esse. Noch heute pflege ich viele gute Freundschaften aus meinen HSG-Zeiten.

Inwieweit war das HSG-Studium wichtig für Ihren späteren Berufsweg?

Da ich sowohl an der HSG und der LSE studiert habe, kann ich die doch sehr unterschiedlichen Lehransätze gut vergleichen. Das St. Galler Studium ist breit ausgelegt. Es hat mir eine solide inhaltliche Grundlage für den späteren Berufsalltag ermöglicht. An der LSE hingegen steht eher das wissenschaftliche Arbeiten im Vordergrund, was letztlich meiner Dissertation zugutekam.

Sie verantworten bei McKinsey das deutsche Praktikanten-Programm. Worauf schauen Sie genau, wenn sich jemand bei Ihnen bewirbt?

Wir haben in Deutschland und der Schweiz zusammen jedes Jahr mehr als 120 Praktikanten, die vom ersten Tag an als vollwertige Teammitglieder involviert sind. Da ist es klar, dass wir auch auf die Studienleistungen schauen. Viel wichtiger ist jedoch der Gesamteindruck. Von der Problemlösungs-, über die Teamfähigkeit bis hin zur quantitativen Kompetenz versuchen wir, uns ein Bild davon zu machen, wie der Kandidat bei McKinsey auf Projekten und im Team sein würde. Auch die persönlichen Erfahrungen und das Engagement über das Studium hinaus sind hier sehr wichtig.

Bei Investmentbanken ist es beispielsweise so, dass die Festanstellung nur über ein vorheriges Praktikum läuft. Ist ein Consulting-Praktikum bei McKinsey eine Einstellungsvoraussetzung?

Nein. Für eine Festanstellung ist vorherige Praxiserfahrung wünschenswert, aber nicht unbedingt im Consulting-Bereich. Ob ein Kandidat zu uns passt und die hohen Anforderungen erfüllen kann, erkennen wir in unserem Auswahlprozess ziemlich gut.

Wenn Sie an den Anfang ihrer Karriere bei McKinsey denken: Welche Schlüsselerfahrung oder Anekdote ist Ihnen in Erinnerung geblieben?

Um mit der Anekdote anzufangen: Als Praktikant durfte ich an einem Meeting mit einem Dax-30-CEO teilnehmen. Obwohl ich mich nicht mehr genau an meine einzelnen Wortbeiträge erinnern kann, so weiss ich noch, dass mir während der ganzen Sitzung dessen Hund auf den Füssen lag und ich mich nicht traute, ihn wegzuschicken. Ein Schlüsselerlebnis hatte ich ein halbes Jahr später als Consultant: Ich war auf einem Due Diligence-Projekt eingeteilt und gehörte zu einem sehr kleinen Kreis von Vorständen, I-Bankern und Anwälten, die sich über einen Merger Gedanken machten.

Würden Sie sagen, dass es die grossen Momente der Beratertätigkeit sind, wenn die eigenen Empfehlungen auf höchster Management-Ebene in reale Taten umgesetzt werden?

Es ist schon befriedigend, wenn die eigene Voraussage auch eintritt oder wenn eine Empfehlung, die man abgibt, Jahre später ihre Wirkung entfaltet. Vor sechs Jahren habe ich beispielsweise geholfen, einen Direktversicherer in den Niederlanden aufzubauen. Bis heute verzeichnet das Unternehmen stetige Wachstumsraten und ich schaue immer wieder gerne nach, was aus unserem damaligen Konzept geworden ist. Solche Projekte sind in der Tat für einen Berater sehr erfüllend und machen viel Spass. Auch entwickeln sich auf Klientenseite Freundschaften, die über Jahre anhalten.

Consultant gilt gemeinhin als ziemlich «arbeitslastiger» Beruf. Wie finden Sie den Ausgleich zu Ihrer Arbeit?

Es ist klar, dass McKinsey keine 40-Stunden-Woche bedeutet. Uns ist aber auch bewusst, dass wir die besten Talente, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, langfristig nur halten können, wenn die Gleichung von Leben und Beruf individuell aufgeht. Ich fliege in der Regel am Montag früh zum Klienten und am Donnerstagabend zurück in mein Home Office; ich bin also drei von sieben Tagen zu Hause. Zudem versuchen wir, Freiräume zu bieten und durch institutionalisierte Happenings wie den wöchentlichen Sport-Tuesday am Dienstagabend einen Ausgleich zum Beruf zu schaffen. Ich persönlich strebe auch an, am Donnerstagabend zu einer Zeit heimzukehren, zu der ich noch mit Freunden essen gehen kann. Ferner gibt es bei uns seit einem Jahr auch die Möglichkeit, eine sogenannte «Personal Time» zu beantragen: Pro Jahr kann man bis zu drei Monate freinehmen, um seinen Hobbies, der Familie oder persönlichen Projekten nachzugehen. Wir haben zum Beispiel einen Kollegen, der gerne Klavierkonzerte gibt. Durch dieses Programm kann er nun diese Leidenschaft gezielt ausüben. Dies sind lediglich ein paar Massnahmen, mit denen wir versuchen, dem Spannungsfeld gerecht zu werden, einerseits eine Hochleistungsorganisation zu sein, andererseits aber auch Flexibilität für persönliche Ziele zu bieten.

Schoggi in Schanghai, New Media in New York

Desiree Peill (25) ist Fellow bei McKinsey und berichtet von ihrem ersten Jahr als Beraterin

Wie würde wohl das erste Jahr als Beraterin werden? Mein erster Kontakt als Praktikantin jedenfalls begann schon unglaublich: Als ich Anfang 2011 mein Praktikum begann, schickte McKinsey mich gleich für drei Monate nach Schanghai. Unser Team sollte für einen europäischen Einzelhändler die Strategie für den chinesischen Markt entwickeln. Wenngleich im Studium die Arbeit in einem interkulturellen Team geprobt wird, bietet die Realität doch einiges an neuen Erfahrungen. Insbesondere ist die Art und Weise miteinander zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten in China hierarchischer als wir das aus Europa kennen. Was für ein Erlebnis!

Als ich nach diesem Praktikum ein Angebot von McKinsey bekam, fest einzusteigen, sagte ich sofort zu und stieg als Junior Fellow bei McKinsey in Berlin ein. Der für mich wichtigste Grund hierfür war die enge Zusammenarbeit und die ausgeprägte Team-Kultur. Im Studium habe ich gesehen, wie viel besser Ergebnisse durch Teamarbeit werden können und wie viel Spass die gemeinsame Bearbeitung von Problemstellungen macht – eine Erkenntnis, die bei McKinsey mehr als bestätigt wurde.

Es folgte sogleich ein siebenmonatiges Projekt, in dem wir eine Wachstumsstrategie für einen deutschen Süsswarenhersteller erarbeiten sollten. Von der ersten Stunde an durfte ich selbst Verantwortung übernehmen und intensiv mit den Klienten zusammenarbeiten. Besonders gerne erinnere ich mich an die vielen Besuche bei Süssigkeitenfabriken zurück, die tatsächlich an Charlie’s Chocolate Factory erinnern. Seit diesem Projekt muss ich mich im Supermarkt mitunter beherrschen, das Süsswarenregal nicht umzusortieren. Im vergangenen Halbjahr durfte ich schliesslich den Mediensektor erkunden. Für einen deutschen Medienkonzern haben wir nun die Onlinestrategie verfeinert, wobei wir zwischen New York, das ich noch von meinem Austauschsemester her kannte, und Berlin pendelten, um junge Unternehmer zu interviewen und die Start-Up-Szene besser kennenzulernen. Meine Branchenkenntnisse konnte ich zuletzt in einem Projekt zum Thema «The Future of Publishing» für den Verband der deutschen Zeitschriftenverleger weiter vertiefen.

Dieses erste Jahr als Beraterin bei McKinsey war eine extrem auf- und anregende Zeit mit ungewöhnlich steiler Lernkurve. Und noch immer klingt vieles von dem, was ich hier tue und die Länder, die ich bereise, ebenso unglaublich wie mein Einstieg damals in Schanghai.

Wer McKinsey näher kennenlernen möchte:

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