Das Herzstück der strategischen Führungsarbeit in Unternehmen ist die Führungskraft selbst und das Ausmass ihres Bewusstseins für die damit verbundene Verantwortung. Um ihrer Führungsaufgabe,die Lebensfähigkeit des Unternehmens sicherzustellen, gerecht zu werden, muss sich eine Führungskraft immer wieder mit sich selbst als Mensch tiefgreifend auseinandersetzen und versuchen, ihr Potenzial, also ihre eigene Zukunftsfähigkeit als Führungsperson, zu erkennen und wertzuschätzen. Daraus entstehen ein bewussteres Selbstverständnis und eine Empfindsamkeit für innere Qualitäten, welche die Führungsperson als wertvoll wahrnimmt. Mehr noch, sie kann daraus Selbstvertrauen schöpfen, also die Fähigkeit, sich selbst vertrauen zu können.
Diese Reflexionsarbeit fruchtet am besten vor dem Hintergrund neuer Herausforderungen, die einen dazu zwingen, eigene Grenzen und Gewohnheiten zu überwinden. Bereits während der Studienzeit ist sie ein unverzichtbarer Teil der Vorbereitung auf die spätere Verantwortung als Führungskraft. Eine tief empfundene Selbstwertigkeit (das Gegenteil von Minderwertigkeit) ist die Basis, um Werte mit anderen zu teilen, ein gemeinsames Führungsverständnis zu entwickeln und ein Klima der Verbundenheit zu schaffen. Führungskräfte stärken dadurch die Identität der Mitarbeiter mit der Organisation und können so den Unternehmenserfolg positiv beeinflussen. Eine selbstbewusste Führungsperson, die Werte definiert und verinnerlicht hat, kann das Wohlergehen von Menschen ins Zentrum der Aufmerksamkeit stellen. Sie ist sogar dazu verpflichtet, denn Werte sind erst dann wertvoll, wenn sie anderen dienen. Ohne den Menschen gäbe es keine Werte. Erst der Mensch kann ihnen Bedeutung beimessen, sie erleb- und nutzbar machen. Ohne gelebte Werte ist die Pflege einer Unternehmenskultur nutzlos: Das Unternehmen wäre nicht in der Lage, Vertrauen aufzubauen. Gemeinsame Werte zu fördern, ist deshalb eine zentrale Führungsaufgabe.
Die innere Kraftquelle dazu ist der bewusste Zugang zur Menschlichkeit. Sie bildet das Fundament der Führungsarbeit und ist ein Ausdruck für Tugenden, wie etwa Mitgefühl, Mässigung oder Verantwortungsgefühl. Menschlichkeit ist ein unerschöpfliches Reservoir an erstrebenswerten, universalen Eigenschaften, um die man sich ein Leben lang bewusst bemühen muss. Je grösser die Vorbildfunktion, desto dringlicher die Notwendigkeit, Menschlichkeit bewusst anzustreben. Sie sollte uns stets begleiten, denn ohne sie können weder Unternehmen noch die Gesellschaft auskommen.
Zur Person
Dr. Omid Aschariist ständiger Dozent für Strategisches Management und Managing Director des SIM-HSG. Er ist Gründer und Chairman der ASG Strategy Group mit Fokus auf Global Leadership Development. Demnächst erscheint das neue SIMpact Magazin mit Erfahrungsberichten aus weltweit durchgeführten, sozialen Projekten im Rahmen seiner Lehrveranstaltung «SIMagination Challenge».