Die Schweiz ist der Luxuswagen unter den Ländern Europas

Ende Februar fand ein Kolloquium der Schweizerischen Studienstiftung zum Thema «Die Schweiz auf dem bilateralen Weg» statt. Da prisma im Herbst u. a. über einen Vortrag von Christoph Blocher berichtet hat, geben wir bei dieser Gelegenheit auch Micheline Calmy-Rey eine Chance.

Um alle gut auf den Vortrag der Bundesrätin vorzubereiten, wurde zuerst noch ein Seminar zu den völkerrechtlichen Aspekten der bilateralen Verträge abgehalten. Da wir umfassend berichten (und sonst nichts zu tun haben), war prisma dort auch dabei. Wirklich brillant war die Idee, sich schon mal ein paar Fragen auszudenken, die anschliessend an das Referat gestellt werden könnten. Dies verhindert vor allem auch, dass Leute nur Fragen stellen, um auch mal gehört zu werden. Leider war der Workshop aber etwas ineffizient organisiert. Die Aufteilung in Gruppen und deren jeweilige Präsentationen führten dazu, dass die Studenten mehr redeten als die beiden Experten, die vielleicht doch mehr Interessantes zu erzählen gehabt hätten.

Ein interdisziplinärer Haufen

Trotzdem war das Seminar hochinteressant. Vor allem, weil von den anwesenden Studierenden – solch exzellente, deren Persönlichkeit, Kreativität und intellektuelle Fähigkeiten angeblich besondere Leistungen in Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und Politik erwarten lassen – nur wenige HSGler waren. Und die waren von der sympathischen Sorte. So entstand bei mir der Eindruck, dass man auch ohne wirtschaftsliberale Indoktrination recht gut durchs Leben kommt.

Durch das Seminar gut vorbereitet, begaben wir uns also in die Aula der Uni Zürich, wo die Fans von Micheline Calmy-Rey bereits aufgeregt auf den Stühlen hin- und herrutschten.

Nach endlosen Vorrednern betrat die Bundesrätin unter stürmischem Applaus das Podium. Die Aussenministerin erläuterte, wie die Schweiz und die EU ihrer Ansicht nach zueinander stehen und wohin sich diese Beziehung entwickeln könnte. Dabei leugnete sie keineswegs ihre politische Herkunft. Sie hob die Gemeinsamkeiten der Europäischen Union und der Schweiz hervor (Föderalismus, soziale Gerechtigkeit, kulturelle und sprachliche Vielfalt etc.) und meinte, auch die Schweiz hätte der EU als System der Krisenprävention viel zu verdanken. Die Rede rutschte nie ins Unrealistische ab und es war sehr interessant, zu erfahren, dass die Zusammenarbeit in den meisten Bereichen sehr erfolgreich verläuft. Dies liege vor allem daran, dass man sowieso – auch unabhängig voneinander – die gleiche – beste – Lösung wählen würde. So gesehen ist es meist auch kein Problem, wenn die Schweiz das geltende EU-Recht, den Acquis, übernimmt.

Eine Politikerin, die auch denken kann

Als möchte sie prisma einen Gefallen tun, machte Bundesrätin Calmy-Rey sogar eine indirekte Referenz an den letzten Bundesrat, über den prisma berichtete. Zwar hielt sie sich zurück und sprach lediglich von «rückwärtsgewandten Kreisen». Es ist aber schon klar, welcher Haufen von Dilettanten gemeint ist, wenn es um Leute geht, die das Völkerrecht als eine Bedrohung für die nationale Souveränität halten.

Ein angenehmer Kontrast zum Referat von Alt-Bundesrat Blocher war, dass Micheline Calmy-Rey ihr Publikum für intelligent zu halten schien. Auf die Intelligenz dieser Stimmberechtigten zählt sie wohl auch, wenn sie der zukünftigen Entwicklung der bilateralen Beziehungen positiv entgegenblickt. Bleibt zu hoffen, dass ihre abschliessende Bemerkung zur Beziehung zwischen der Schweiz und der europäischen Union nicht blosse Rhetorik bleibt: Hat Volkswagen Porsche übernommen oder umgekehrt?


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