HSGler tendieren dazu, ihre eigene Wichtigkeit und Bedeutung für die Schweiz zu überschätzen. Was wäre nun aber, wenn es die HSG morgen plötzlich nicht mehr gäbe? prisma hat das Gedankenexperiment für euch durchgeführt. Wir haben zwei Szenarien herausgearbeitet, ein rosiges und ein weniger rosiges: hier sind «Zuckerwatte» und «Albtraum».
Version «Zuckerwatte»
Durch das Fehlen der HSG werden keine rücksichtslosen, geldgierigen Arbeitskräfte mehr ausgebildet. Homo oeconomicus landet schlagartig auf dem Müllhaufen der Geschichte, homo pacalis liegt dagegen voll im Trend. Plötzlich sorgt sich die Wirtschaft um das Gemeinwohl. Persönliche Nutzenmaximierung stirbt aus. Die Principal-Agent- Theorie fällt dadurch in sich zusammen, alle ziehen am gleichen Strang. So viel Lieblichkeit und Humanität ist auch den zwischenmenschlichen Beziehungen förderlich: Man arbeitet fortan in diesem Land, weil man es gerne macht, nicht aus einer Notwendigkeit heraus, nicht zu Zwecken der Selbstoptimierung. Die damit einhergehende, hohe Lebensqualität schlägt sich darin nieder, dass sich jährlich hunderttausend internationale Unternehmen in der Schweiz niederlassen, was zu unzähligen neuen Arbeitsplätzen und zu einem solch hohen Lohnniveau führt, dass die Menschen nur noch zwei Tage die Woche arbeiten gehen müssen. Aber belasten denn diese vielen Unternehmen nicht arg die Umwelt und lassen die angebliche Lebensqualität zur Farce verkommen? Nichts da. Ohne HSG gibt es nämlich auch keine Marketing-Experten mehr, welche den Konsum nur um des Konsums willen anpreisen (ist schliesslich ihr Job); nein, alle Menschen in der Schweiz kaufen nur noch das, was sie wirklich brauchen. Ganz nach dem Motto «weniger ist mehr». Dieser Effekt macht den Zuzug so vieler neuer Unternehmen mehr als wett und löst nebenbei auch noch das Nachhaltigkeitsproblem. Angenehmer Nebeneffekt: Die Schweiz hat bei allen kommenden Klimagipfeln eine ewige Vorreiterrolle inne und dient als Best-Practice-Beispiel für Sustainability. Durch die vielen Unternehmenszuzüge (und weil es ohne HSG-Absolventen keine systematische Steuerhinterziehung mehr gibt!) fliesst auch ein hübsches Sümmchen Geld in die Taschen des Staates. Tatsächlich verfügt Bern nun über so viele finanzielle Ressourcen, dass es ein Selbstfindungsprogramm ins Leben rufen kann für Menschen, die eigentlich an der HSG studieren wollten, dies aber nun aus naheliegenden Gründen nicht mehr können. Bezahlte Selbstfindungstrips nach Goa oder Morgen- Yoga in Schweizer Städten sind dabei nur zwei von vielen weiteren attraktiven Angebote, die man im Rahmen dieses Programms auf Staatskosten nutzen kann.
Version «Albtraum»
Mit dem Untergang der Universität St. Gallen verschwinden auch die gesamte Fülle an betriebswirtschaftlicher Forschung, die über die Alexandrias und ProQuests dieser Welt allen und jedem offenstand, und sämtliche HSG-spezifischen Lerninhalte für immer aus dem kollektiven Gedächtnis der Menschheit. Nicht mal das St. Galler Management- Modell ist vor dem Untergang gefeit! Dies hat zur Folge, dass 99 Prozent aller Unternehmen von Personen geführt werden, die von der Vielfalt und Komplexität von Entwicklungsmodi, Prozessen und Ordnungsmomenten schlicht überfordert sind. Das schmerzlich vermisste SGMM fehlt ihnen als notweniger Bezugsrahmen. Dieses sich wie die Pest in alle Branchen ausbreitende Missmanagement führt unweigerlich zu Ine!zienzen innerhalb der Unternehmen. Fehlendes Ressourcen- Management sowie das Schwinden von Normen und Werten besorgen den Rest und so kommt es, dass alle Firmen nach und nach das Vertrauen des Marktes verlieren und Mühe haben, sich zu finanzieren. Der SMI erreicht einen absolut historischen Tiefpunkt. Das Ganze kulminiert in massenhaften Konkursen, welche die Arbeitslosenquote auf unerhörte 40 Prozent hochschnellen lassen. Fluchtartige Emigration und soziale Unruhen folgen als logische Konsequenz davon. Am Paradeplatz in Zürich wird verzweifelt nach den Goldreserven gebohrt; in St. Gallen wird das Gebäude, das mal eine Universität beherbergt hat, von Aktivisten des Schwarzen Blocks in Beschlag genommen, die alle Kunstwerke darin plündern und auf dem Schwarzmarkt verscherbeln. Namhafte internationale Organisationen wie die UNO oder das IKRK sehen sich durch die wirtschaftliche und politische Instabilität gezwungen, der Schweiz den Rücken zu kehren, und verlegen ihre Hauptsitze nach Pjöngjang. Nur Deutschland profitiert von dem ganzen Schlamassel, denn da Italien, Frankreich und Österreich auch keine Jobs zu bieten haben, emigrieren die Schweizer Wirtschaftsflüchtlinge nordwärts und arbeiten dort zu Dumpinglöhnen. So sinkt das deutsche Lohnniveau immer weiter und Deutschland exportiert noch mehr als heute, wodurch seine Macht innerhalb der EU stark wächst. Mit der Zeit scharen sich alle europäischen Länder, magisch angezogen von so viel Erfolg, um Deutschland; aus der EU wird ein grosser Staat Europa. Dem darf die arme Schweiz aber nun in ihrer bittersten Stunde nicht beitreten, war sie doch nie ein EU-Mitglied. Um den Volkszorn zu besänftigen, lässt die inzwischen an die Macht gekommene sozialistische Einheitsregierung kurzerhand sämtliche ehemalige EU-Gegner nach Tetovo ausschaffen. Um das riesige Haushaltsloch finanzieren zu können, scheut man nicht davor zurück, nationale Wahrzeichen an den nächstbesten Bieter aus Südostasien zu verkaufen: 2019 das Matterhorn, 2022 das Bundeshaus, 2025 die OLMA-Hallen.
Und die Moral von der Geschicht?
Niemand wird anzweifeln, dass sich die HSG definitiv als eine sehr wichtige Ausbildungsstätte für Wirtschaft und Gesellschaft in der Schweiz etabliert hat. Aber dieses Land hat ausbildungstechnisch sonst noch viel zu bieten: Es würde wohl auch ohne HSG (einigermassen!) gut zurechtkommen. HSGler sollten also ihre eigene Wichtigkeit nicht überschätzen: Die Wahrscheinlichkeit, dass eines der oben beschriebenen Szenarien auch wirklich eintritt, dürfte ungefähr bei Null liegen.