Ein Journalist als Selbstdarsteller

Man soll sich ja nicht immer so aufregen. Doch manchmal schiesst der Blutdruck unvermittelt in die Höhe. Der Chefredaktor der Weltwoche, Roger Köppel, ist ein solcher Katalysator der Rage. Seit der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative scheint der Journalist regelrecht zum Generalstaatsanwalt des freien und unabhängigen Schweizers avanciert zu sein. Vor einigen Wochen tourte
er in einer kostenlosen Vortragsreihe durchs Land und erklärte den Eidgenossen ihre Heimat, deren Tradition und vor allem das  abgrenzende Verhältnis gegenüber bösartigen und diffusen Konstruktionen, wie der Europäischen Union, die nichts lieber täte, als sich den helvetischen Staat einzuverleiben.

Doch leider taucht Roger Köppel nicht nur dann auf, wenn man ihn freiwillig bei einem Vortrag sehen will. Sei es bei «Schawinski», «hart aber fair» oder «Arena», das knopfäugige, bebrillte Mondgesicht des Journalisten taucht derzeit in dermassen vielen Medien und Formaten auf, das man meinen könnte, er sei die einzige Instanz, welche in der Schweiz noch etwas Sinnvolles und Wichtiges zu sagen habe. Wenn man ihm bei diesen Auftritten zuhört, bekommt man den Eindruck, dass die Schweiz eigentlich nicht von den Auswirkungen der Globalisierung betroffen wäre, wenn sie sich nur konsequent dagegen entscheiden würde. Einer klaren Linie folgt Köppel in seinen Positionen allerdings nicht. Am ehesten lässt sich Köppels Meinung
wohl als «Gegen den Mainstream» bezeichnen.

Schlimm an Roger Köppel ist dabei nicht, dass er eine Antithese zu gängigen Weltbildern der Classe politique einnimmt. Das kann für eine gesellschaftliche Debatte durchaus bereichernd, wenn nicht gar notwendig, sein. Schlimm an Köppel ist vielmehr, dass er ein narzisstischer Selbstdarsteller ist, der weniger um guten, fundierten Journalismus bemüht ist, als die Erregung von möglichst viel Aufmerksamkeit – und sei es zum Preis einer volksverhetzenden Rhetorik und dem Verkommen zu einem blossen  propagandistischen Instrumentarium der rechtskonservativen Kräfte der Schweiz. Ob dies für einen Chefredaktor eines Mediums, das für sich selbst den Anspruch erhebt, «den intellektuellen Leuchtturm der Schweizer Medienlandschaft» darzustellen, zweckdienlich ist, sollte sich der werte Herr Köppel vielleicht einmal durch den Kopf gehen lassen.


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