Das neue Präsidententeam hat im Oval Office der Studentenschaft Einsitz genommen. Im prisma sprechen sie erstmals ausführlich über ihre Pläne und Ziele für das kommende Jahr.
Herzlichen Glückwunsch zu eurer Wahl als Präsident und Vizepräsident der Studentenschaft für das kommende Jahr. Habt ihr mit eurem Ergebnis gerechnet?Sebastian Götz: Ich selber bin schon seit 2008 an dieser Universität und habe daher schon einiges an Erfahrung und habe mir auch über verschiedene Vereine ein ziemlich gutes Netzwerk schaffen können. Zum Zeitpunkt der Einreichung unserer Kandidatur war uns lediglich klar, dass wir sicherlich mit einer Gegenkandidatur aus den inneren Kreisen der SHSG rechnen müssen, über alles andere waren wir jedoch kaum informiert. Ich wusste jedoch, dass ich auf mein funktionierendes Netzwerk hier an der Universität und auch auf die Unterstützung vieler Freunde und Bekannter zählen konnte, wofür ich natürlich sehr dankbar bin. Ich denke, wir haben den Wahlkampf sehr ernst genommen, wussten aber von Beginn weg, dass wir sehr realistische Chancen haben.
Andre Zumtaugwald: Dem kann ich nur beipflichten. Nach Bekanntwerden unserer Gegenkandidatur war klar, dass uns insbesondere die Tatsache, dass der zur Wahl aufgestellte Vizepräsident noch im Assessment ist, hilfreich sein könnte.
Andre: Sowohl als auch. Natürlich empfinden wir Freude über das entgegengebrachte Vertrauen, aber die nächsten Monate werden sicherlich anstrengend und verlangen wohl auch einen langen Atem. Es gilt nun, die Ärmel hochzukrempeln und sich in diese beiden Ämter einzuarbeiten.
Wie kam es überhaupt zu eurer Kandidatur?Sebastian: Das war eigentlich ein spontaner Gedanke, um nicht zu sagen eine Stammtisch-Idee. Wir beide haben uns über die hervorragende Arbeit von Philipp Wellstein unterhalten und haben gesehen, was es bringt, wenn die Studentenschaft auch mal von Leuten mit einer gewissen Aussenperspektive geführt wird. Am selben Abend beschlossen wir in einer ziemlich grossen Euphorie, für diese beiden Ämter zu kandidieren. Am nächsten Morgen kam dann aber die jähe Ernüchterung und wir waren uns nicht mehr so sicher. Das Gespräch mit einigen Vertrauten und mit einem uns gut bekannten HSG-Alumnus, der ebenfalls in seiner Studienzeit Präsident der Studentenschaft war, haben uns dann jedoch zu diesem Schritt bewogen.
Andre: Ich war zunächst etwas skeptisch, zumal ich selber nicht wusste, wie gross der Aufwand in etwa sein würde. Nachdem wir diesen Punkt jedoch ziemlich genau abstecken konnten und ich gesehen habe, mit was ich konkret rechnen muss, war ich absolut überzeugt!
Andre: Im Assessment habe ich die Studentenschaft eigentlich kaum wahrgenommen. Das ist auch ein Grund für mich, weswegen ich nun aktiv mitarbeiten will. Jeder Student und jede Studentin an der Universität St. Gallen ist Mitglied der Studentenschaft, ob er das will oder nicht, so verlangt es das kantonale Universitätsgesetz. Für mich ist daher wichtig, dass die SHSG greifbar, offen und auch erreichbar ist.
Sebastian: Ich hatte durchaus persönliche Kontakte zu vielen Mitarbeitern und Freiwilligen der SHSG. So konnte ich mir ein ziemlich gutes Bild machen. Da ich schon länger an der Universität bin, weiss ich aber auch, dass die Studentenschaft oft ein zwiespältiges Image unter den Studierenden hatte. Ich will auf alle Fälle, dass wir eine Studentenschaft für die Studentinnen und Studenten sind und nicht eine Studentenschaft für einen erlauchten Kreis von einigen wenigen.
Sebastian: Natürlich bin ich derzeit Senior der AV Steinacher, dies ist jedoch ohnehin in der Regel ein Amt, das nur für ein Semester ausgeführt wird. Daher wird sich mein Seniorat auch überhaupt nicht mit der noch bevorstehenden Zeit als Präsident der SHSG überschneiden. Interessenkonflikte kommen bei mir insofern nicht auf, als dass ich auch noch in anderen Vereinen Mitglied bin und auch dort auf Tuchfühlung gehen kann.
Andre: Ich selber werde voraussichtlich als Präsident des Walliservereins zurücktreten, vor allem auch weil die zeitliche Belastung ansonsten zu gross werden würde und ich auch in meinem Studium weiterkommen möchte.
Sebastian: Am wichtigsten ist uns, die Vereine weiter zu stärken und deren Stimme aktiv in die Studentenschaft einzubauen. An der HSG spielt sich ein wesentlicher Teil des studentischen Lebens in diesen Vereinen ab, sei dies nun im Lacrosse-Team, beim Offiziersverein, in einer Verbindung oder bei universa. Alle Vereine haben ein eigenes Profil sowie eigene Zielsetzungen und bilden zusammengenommen mehr oder weniger eine Art Abbild der HSG. Weiter spielt es für uns natürlich ebenfalls eine Rolle, die von unseren Vorgängern bereits eingeleitete Stärkung des HSG-Bachelors gegenüber Studierenden anderer Universitäten voranzutreiben und weiterhin darauf zu bestehen, dass «eigene» Studierende bei den Masterzulassungen gesondert behandelt werden, da HSG-Studenten immerhin ein sehr anstrengendes und intensives Assessment-Jahr hinter sich bringen mussten und auch der Bachelor auf einem sehr hohen Niveau ist.
Euer Programm scheint sich ja stark an die Arbeit von Philipp Wellstein und seinem Team anzulehnen. Wo wollt ihr eigene Akzente setzen?Andre: Wir wollen vor allem einen frischen Wind in die Studentenschaft bringen und trauen uns auch zu, gewisse Strukturen zu hinterfragen.
Sebastian: Es gibt aber sicherlich noch Baustellen, wobei die einen wohl etwas besser versteckt und die anderen offensichtlicherer Natur sind. Vor allem auch im Bereich G, der von sehr vielen Studierenden überaus geschätzt wird, muss man schauen, wie sich die Gesamtsituation um adHoc, Meeting Point und die verschiedenen SHSG-Parties entwickelt, wo man neue Akzente setzen will und was sich bewährt hat und man folglich auch beim Alten belassen will. Ob es zu einem Ruheraum kommen wird, der schon seit ich an dieser Uni bin im Gespräch ist, weiss ich nicht. Die Universität hat räumlich gesehen derzeit wohl andere Probleme, ganz abgesehen davon, dass wir mit der Universitätskapelle eigentlich bereits einen Raum der Stille haben, der kaum genutzt wird.
Sebastian: Ich denke, die Gebühren befinden sich momentan auf einer angemessenen Höhe, auch die finanziell unterschiedliche Behandlung zwischen Schweizern und Ausländern ist sehr gut nachvollziehbar. Wenn man die Gebühren innerhalb der Schweiz vergleicht, hat die Universität St. Gallen die zweithöchsten Studiengebühren. Ich denke aber, dass diese aufgrund der vielen Leistungen der Universität durchaus angemessen sind. Jeder kann Räume reservieren, Gruppenräume mieten, die Sporthalle benutzen, gratis ins Fitnesscenter gehen und geniesst in Übungsgruppen vielfach eine mehr oder weniger individuelle Behandlung. Dazu kommen viele einmalige Angebote diverser Vereine und Initiativen, darunter Vorträge, eine HSG Talents Conference, das St. Gallen Symposium und so weiter. Natürlich gibt es Baustellen, diese muss man angehen, aber im Grossen und Ganzen bietet die HSG ihren Studierenden schon ziemlich viel.
Andre: Nichtsdestotrotz bleibt festzuhalten, dass derzeit eine weitere Gebührenerhöhung von uns als Studentenschaft nicht goutiert werden würde, wir also wirklich dagegen opponieren würden. Innerhalb so kurzer Zeit können und dürfen die Gebühren nicht schon wieder erhöht werden.
Andre: Ich will vor allem ein offenes Ohr für die Studierenden haben und als Ansprechpartner fungieren, falls irgendwo der «Schuh drückt» oder intervenieren, falls ein gewisser Zustand unhaltbar ist.
Sebastian: Natürlich können wir uns in diesem Amt auch persönlich entwickeln. Wir beide sind Studenten und haben nicht eine 40-jährige Praxiserfahrung vorzuweisen. Deswegen erhoffe ich mir natürlich auch, dass wir an diesem Amt persönlich wachsen und reifen können.
Sebastian: Mir ist das Studium wichtig und ich will unbedingt auch während meinem Amt gewisse Kurse machen und einige Credits ablegen. Die Präsenz in der Uni ist meines Erachtens für die Arbeit in der SHSG und insbesondere auch als Präsident unerlässlich, nicht zuletzt deshalb, weil nur ein an der Universität, in Vorlesungen und Übungen anwesender Studentenschaftspräsident wissen kann, wo die Sorgen und Nöte der Studierenden genau liegen.
Bei einem so intensiven Amt muss man sich natürlich auch auf den Anderen verlassen können. Welche Qualitäten muss ein Teampartner für euch haben? Was schätzt ihr aneinander besonders?Sebastian: Ich schätze an Andre seine Zuverlässigkeit und sein Mitdenken, sowie seine schnelle Auffassungsgabe und den unkomplizierten Umgang.
Andre: An Sebastian schätze ich vor allem, dass er eine sehr strukturierte Arbeitsweise besitzt und Probleme offen und direkt anspricht.
Andre: Die Diversität ist für uns entscheidend, so ist es für uns wichtig, dass wir auch die eine oder andere motivierte und engagierte Dame überzeugen können, bei uns im Vorstand mitzuwirken. Auch ist für uns klar, dass wir keine Reduzierung auf ein reines «Schweizer Team» suchen, sondern auch motivierte Ausländer aktiv bitten, sich für einen Vorstandsposten zu bewerben. Natürlich sind die Mehrheit der Studierenden Schweizer, dennoch gilt es auch die Interessen der ausländischen Minderheiten mit in die Vorstandsarbeit einfliessen zu lassen.
Andre, du wirst im nächsten Jahr ja vor allem nach Innen tätig sein. Als Personalverantwortlicher hast du sicher überzeugende Argumente parat: Wieso sollte ich mich als Vorstand bei euch bewerben? Was erwartet mich? Wie wird die Stimmung?Andre: Ich denke, eine solche Vorstandsposition ist eine einmalige Erfahrung und prägt einen fürs Leben. Wir beide – Sebastian und ich – sind ein eingespieltes Team und pflegen einen lockeren und lässigen Umgang miteinander und können gewisse Dinge auch mal bei einem Bier in einem Gartenrestaurant besprechen.
Sebastian: Auf alle Fälle, das ist so. Dennoch muss ich sagen, dass ich vor allem dann, wenn es um die gewissenhafte Erledigung von Aufgaben und Pendenzen geht, kein Pardon kenne und mir auch sehr viel an einer gewissen Disziplin und an korrekten Abläufen liegt. Das liegt wohl daran, dass ich eine ganze Weile im Militärdienst war. Ganz nach dem Motto: Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen.