«Hier gibt es viele Möglichkeiten für mich»
Du machst zurzeit ein Praktikum in Tadschikistan, obwohl du eigentlich gerade an der HSG mitten im IA-Studium steckst. Was hat dich dorthin verschlagen?Für viele ist diese Region ein schwarzer Fleck auf der Landkarte und so gut wie niemand wusste, was oder wo Tad-schikistan eigentlich ist. Bevor ich an der Universität St. Gallen meinen Bachelor begann, war ich eineinhalb Jahre in Asien und dem Nahen Osten rumgereist. Leider musste ich dann zurückkommen, um rechtzeitig zum Semesterstart wieder in der Schweiz zu sein. Seit dieser Zeit bin ich etwas rastlos und nutze jede Gelegenheit, noch mehr zu sehen und zu erleben.
Wie bist du zu diesem Praktikum gekommen?Im Sommer 2009 habe ich ein Praktikum bei einer lokalen NGO in Bangalore gemacht. Meine Chefin hat dort an einer Konferenz in Bangladesch von mir erzählt, woraufhin ich von einer lokalen NGO aus Tadschikistan eine Anfrage erhalten habe, ob ich nicht Lust hätte, auch bei ihnen reinzuschauen. So ein Angebot konnte ich unmöglich abschlagen. Als ich hier angekommen bin, habe ich aber schnell gemerkt, dass es viele Möglichkeiten für mich gibt. Ich habe eine 50-prozentige Festanstellung bei Caritas International bekommen. Dasselbe bei der International Organisation for Migration, die mir ebenfalls ein Teilzeitpraktikum angeboten haben.
Was machst du in Tadschikistan gerade genau?Bei Caritas International arbeite ich im Rahmen eines Income Generation Project mit, an der Verbesserung des Erscheinungsbildes einer lokalen Partnerorganisation. Bei der International Organisation for Migration arbeite ich in der «Migration for Development Unit» im Rural Growth Programme. Meine Aufgabe dabei ist es, ein Konzept und das Design einer Expansionsstrategie für dieses RGP-Projekt in den anderen Regionen Tadschikistans zu entwerfen. Zudem organisiere ich eine Situationsanalyse der migrationsspezifischen Initiativen der Sughd-Region. Durch das Centre for Development and Environment der Universität Bern habe ich die Möglichkeit erhalten, in ein weltweites Projekt zum Klimawandel Einblick zu erhalten. Das Pilotprojekt, bei dem ich mitwirke, plant, Systeme zur Produktivitätssteigerung des Landes zu dokumentieren und öffentlich zugänglich zu machen. Damit sollen die Ökosysteme des Landes verbessert und die landwirtschaftliche Bewirtschaftung belastbarer und anpassungsfähiger gemacht werden.
Worin bestand die grösste Herausforderung für dich?Momentan leben 80 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze und die Arbeitslosigkeit liegt bei 20 Prozent. Viele Tadschiken arbeiten daher unter sehr schlechten Bedingungen im Ausland, um ihre Familien versorgen zu können. Die grösste Herausforderung ist der Umgang mit diesen Tatsachen und dem historischen Hintergrund des Landes. Eine alltägliche Herausforderung ist auch die Sprache. Tadschikisch spreche ich fast gar nicht und mein Russisch reicht nicht wirklich aus, um mich hier zu verständigen.
Wo siehst du dich nach deinem Studium an der HSG?Das weiss ich noch nicht. Ich werde alles versuchen, um im öffentlichen Sektor etwas zu finden. Um herauszufinden, wo genau und auf welchem Gebiet ich mich spezialisieren möchte, nutze ich die Praktika, um mir klarzumachen, was in diesem Bereich möglich ist.
Alter: 21
Herkunft: Schönenbuch, BL
Studium: International Affairs, 4. Semester
Lieblingsmusik: Radiohead, Tool, Tori Amos, Muse
Lieblingsbuch: «Kafka am Strand» von Haruki Murakami
Lieblingsfilm: Die fabelhafte Welt der Amélie