Als Gewinnerin der ersten Staffel «Die grössten Schweizer Talente» schaffte die damals 49-jährige Busfahrerin Maya Wirz den Sprung auf die grosse Bühne. prisma gewährt sie einen Einblick in ihre musikalische Karriere und ihre zukünftigen Pläne.
Der ausschlaggebende Grund für meine Teil- nahme war Susan Boyle, welche kurz zuvor die Sendung «Britain’s Got Talent» gewonnen hatte. Diese Frau faszinierte mich, weil sie mich an mein eigenes Schicksal erinnerte. Auch ich wollte bereits als Kind auf die grosse Bühne. Es klappte jedoch lange nicht, sodass ich das Singen für eine Weile aufgab. Als ich dann die Geschichte um Susan Boyle mitverfolgte, dachte ich, dass es nie zu spät ist, egal wie alt man ist. Der Traum war immer noch in mir, wieso hätte ich es also nicht versuchen sollen?
Ich wurde über Nacht ins Showbusiness hineingeworfen. Ich wusste zwar, wie man auf der Bühne steht, der Rest aber war wirklich «learning by doing». Am Anfang wurde ich noch von einer Agentur begleitet, danach war ich auf mich alleine gestellt. Eine musikalische Karriere ist in der Schweiz wirklich schwierig, denn unsere Musikindustrie ist leider zu wenig ausgereift. Das ist der grosse Unterschied zu den USA. Nach meinem Sieg war unklar, in welche Richtung es mit mir gehen sollte. Ich sang klassisch, aber mein Verleger war eher auf Popmusik ausgerichtet. Wir nahmen ein Album auf, es passte jedoch nicht so ganz ins Konzept, so wollte ich mich nach kurzer Zeit anders orientieren und meinen eigenen Weg gehen.
Was hat sich in deinem Leben seit deinem Sieg verändert, was ist gleich geblieben?Man kennt mich halt, gerade hier im Baselland, in der Region um Kaiseraugst. Hier ist meine Popularität sehr gross. Auch wenn ich mal anderswo im Zug sitze, werde ich oftmals verwundert angeschaut. Zudem ist die Aufmerksamkeit der Medien immer noch ein wenig präsent, was aber jetzt noch fehlt, ist meine neue CD. Gleich geblieben ist meine Anstellung als Busfahrerin zu 60 Prozent. Die meisten Sänger müssen neben ihren musikalischen Tätigkeiten arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Manche arbeiten in der Werbebranche, andere unterrichten Musik, das ist bei jedem anders.
Mit meinem neuen Album möchte ich zeigen, dass man mit einer klassischen Gesangsausbildung in jede Musikrichtung gehen kann, da sie eine gute Grundvoraussetzung darstellt. So wird es auf meiner neuen CD auch einige Poplieder zu hören geben. Ich arbeite bereits seit zwei Jahren an diesem Album und bin zurzeit mit den letzten drei Stücken beschäftigt. Dies nimmt sehr viel Zeit in Anspruch, weil ich einige Titel komponieren lasse. Es ist zudem schwierig, Personen zu finden, die wissen, wie ein klassisches Orchester funktioniert, und gleichzeitig eine Ahnung von Popmusik haben. Die Kombination dieser beiden Richtungen ist wirklich sehr spannend und ich finde es falsch, wenn man stets behauptet, dass das eine nicht mit dem anderen vereinbar wäre. Mein Ziel wäre es wirklich, den Graben zwischen der klassischen und moderneren Musik zu verkleinern.
Was machst du, um deine Stimme fit zu halten, beziehungsweise um sie weiterzuentwickeln?Ich singe nicht jeden Tag. Aufgrund der eher modernen Stücke meines neuen Albums versuche ich den klassischen Gesang etwas in den Hintergrund zu rücken. Für mich ist es eine Herausforderung, «normal» zu singen, weil sich der Kehlkopf und das Gaumensegel bei mir ganz auf den klassischen Gesang automatisiert haben. Ich übe vor allem im Kopf, indem ich mir Aufnahmen anhöre. Wenn ich einzelne Passagen üben möchte, dann mache ich das oftmals im leeren Bus, wenn die Leute bereits ausgestiegen sind. Dies ist ganz praktisch, da ich mit dem Mikrofon und dem Lautsprecher im Bus üben kann.
Du hast an deinem ersten Auftritt «O mio babbino caro» aus Puccinis Oper «Gianni Schicchi» gesungen. Warum hast du dich gerade für dieses Stück entschieden?Weil es jeder kennt. Ich brauchte ein Stück, welches dem breiten Publikum bekannt ist, damit es sie anspricht. Und schau dir mal an, was kennt das breite Publikum an Klassik noch? Es gibt Tausende gleichwertige oder gar interessantere Arien, aber «O mio babbino caro» ist halt den meisten Leuten durch Werbung und Filme bekannt.
Ich werde im Herbst drei Konzerte aufführen und zwar in Meilen, Wangen und in Liestal. Die Mischung zwischen klassischen und modernen Stücken soll dort zum Vorschein kommen. Ich hoffe, dass diese Konzerte und mein neues Album bei den Leuten gut ankommen werden. Dieser eine grosse Traum wäre bei mir eine TV-Sendung mit einer riesigen Bühne, einem Chor, einem wunderschönen Orchester und einem Ballett. Ich bin eine Entertainerin. Ich würde mein Publikum liebend gerne mit meiner Musik unterhalten. Aber hierfür bräuchtest du einen Mega-Hit, mit dem du eine Masse anziehen könntest. Das zu erreichen, ist sehr schwierig.
Foto Luana Rossi