Nach einer beeindruckenden Vorstellung der Bewohner der Villa la Boum hat ein weiteres Team die Herausforderung angenommen. Bereits nach zwei Runden kann man das Experiment Kochwettbewerb als gelungen betrachten: Der HSGler versteht etwas von gutem Essen.
Die besten Sachen findet man immer da, wo man sie eigentlich nicht erwarten würde. Ganz nach diesem Motto fing auch die Durchführung des zweiten Testessens für den prisma-Kochwettbewerb an. Diesmal fand ich mich nicht vor einer eleganten Villa in der Umgebung der Uni wieder, sondern vor einem Verbindungshaus in der Nähe des Trischli. Eine Adresse, an der man mit Bratwurst und Bier eigentlich durchaus rechnen würde, aber bestimmt nicht mit einem Gourmet-Menu.
Zudem – eigentlich zu erwarten in einem Verbindungshaus – waren es diesmal drei Männer, die kochen würden. Wie es sich gehört, boten mir Thomas, Domi und Vinz erst mal ein Bier an. Während ich dieses genoss, blieb auch Zeit, um mich ein bisschen in der Bude umzusehen und die vielen spärlich bekleideten Frauen an den Wänden in Augenschein zu nehmen. Sicherlich ein Plus an Lebensqualität, so ein bisschen Dekoration. Bleibt allerdings zu fragen, ob nicht auch hier wie beim Essen gilt: Zu sehr eingeölt und zu viel Füllung verdirbt das Gesamtbild.
Erste Zweifel
Noch eine weitere Überraschung wartete gleich schon am Anfang auf mich. Alle drei Köche rauchen – und das nicht wenig. Erinnerungen an kettenrauchende Restaurantgäste, die mich durch ihren Umgang mit dem Pfefferstreuer auch auf eine Distanz von zwei Metern noch zum Niesen brachten, wurden wach. Doch das würde ich erst noch sehen. Erst mal ging’s auf den Markt, wo alle Zutaten frisch eingekauft wurden. Hier zeigte sich auch zum ersten Mal deutlich, dass ich es keineswegs mit Anfängern zu tun hatte. Zielstrebig steuerten die drei auf die richtigen Stände zu und suchten sorgfältig die verschiedenen Gemüse und Früchte aus. Als sich dann auch noch herausstellte, dass sie beim Metzger zur Stammkundschaft zählen, war ich endgültig beruhigt.
Zurück in der Wohnung betrat ich zum ersten Mal die Küche, die – überraschend – perfekt aufgeräumt und organisiert war. Weniger überraschend war, dass auch hier ein inspirierendes Poster hing.
Wie eine Kochsendung
Sofort nach der Ankunft in der Wohnung wurde alles ausgepackt und natürlich auch schon mal die erste Flasche Wein geöffnet. Schliesslich kann man mit trockener Kehle nicht anständig kochen. Während ich mich also mit dem Fotoapparat und meinem Weinglas beschäftigte, spielte sich vor meinen Augen ein Musterbeispiel an Organisation und Kompetenz ab. Alles, was vorbereitet sein musste, lag bereit, keine benutzte Pfanne blieb länger als ein paar Minuten liegen und jeder Koch hatte sein eigenes Messer. Zugegeben, als sensationslüsterner Journalist war ich ein bisschen enttäuscht, auch diesmal nichts über spektakulär verklumpte Saucen und angebranntes Fleisch schreiben zu können. Das war aber auch der einzige Nachteil: schliesslich macht es mehr Spass, gutes Essen zu testen als schlechtes. Zudem blieb so auch mehr Zeit, die drei beim Apéro noch etwas über ihren Hintergrund auszufragen.
Als Erstes interessierte mich, wie die drei ihre Vulgos erhalten hatten. Wie sich dann herausstellte, verraten einem die Namen auch gleich noch einiges über die Vorlieben ihrer Träger. So viel, in der Tat, dass mir Babalursi (Vinz) strikte verbot, im prisma zu erzählen, wie er zu seinem Namen gekommen ist. Bei Bierlusconi (Domi) hingegen gibt es weder viel zu interpretieren noch viel zu verheimlichen. Hashime ist ein Begriff aus den japanischen Kampfsportarten. Thomas’ Vermutung dazu ist, dass man ihn einfach auf das erstbeste Wort getauft hat, das irgendetwas mit Judo zu tun hat. Über dieses Hobby von Thomas kam dann das Gespräch ganz selbstverständlich auch wieder auf das wichtigste gemeinsame Hobby der drei Jungs zurück: das Kochen. Wie vermutet war ich nicht der Erste, der in den Genuss einer solchen Einladung kam. Schon seit einigen Jahren sind meine Gastgeber auch Teil einer Kochgruppe, bei deren Treffen sie sich immer wieder gegenseitig übertreffen. So wurde mir von Siebengängern vorgeschwärmt, was mich bereuen liess, dass wir das Budget so knapp angesetzt haben.
Seltsames Essverhalten
Mit den Gesprächen und Erzählungen verging die Zeit wie im Flug, und dann wurde es auch schon Zeit, die Vorspeise zu servieren. Optisch machte die Ingwer-Panna-Cotta mit Karottenschaum auf jeden Fall einen sehr guten Eindruck. Schade nur, dass der schön angerichtete Teller auf einen völlig undekorierten Tisch gestellt wurde. Man könnte natürlich sagen, dadurch komme das Essen mehr zur Geltung. Ich gehe allerdings davon aus, dass sich die Köche einfach zu schade waren, ihr Talent an etwas so Profanes wie Tischdekoration zu verschwenden.
Geschmacklich war dann aber – zumindest von meiner Seite – wenig auszusetzen. Die Panna Cotta schmolz perfekt sowohl auf der Zunge als auch in der Suppe und es ergab sich ein interessanter Kontrast zwischen den beiden Komponenten. Vom kochtechnischen Standpunkt aus gab es also nichts zu bemängeln. Je nach individuellem Geschmack hätte man vielleicht etwas weniger Sellerie in die Suppe und etwas mehr Ingwer in die Panna Cotta geben können. Erstaunlicherweise kam der Kommentar zum Sellerie nicht von mir, sondern von einem der Köche. Ein weiterer Hinweis darauf, dass in dieser Wohnung dem Geschmack der Gerichte sogar mehr Gewicht beigemessen wird als dem Urteil von prisma.
Beim Hauptgang kam dann eine Seltsamkeit zu Tage, die mich sogar einen Moment lang zögern liess. Sollte man etwas wirklich essen, wenn der Typ, der es gekocht hat, selber nicht davon essen will? Zwar sah der Haddock in Basilikumkruste auf schwarzem Risotto mit Saisongemüse an Tomaten-Korkuma-Sauce gut aus, aber wer weiss …
Schliesslich sah es aber so gut aus, dass ich das Risiko auf mich nahm. Und es hat dann auch ausgezeichnet geschmeckt. Besonders gefallen hat mir die Basilikumkruste, die mit ihrer leicht bröseligen Konsistenz eine gute Ergänzung zum Fisch darstellte. Leider hatte der Reis noch etwas zu viel Biss, aber niemand war sich ganz sicher, ob das so sein musste, weil es sich um schwarzen Risotto handelte. Ein besonderes Kompliment auf jeden Fall an Vinz, der den Fisch genau richtig hinbekommen hat, obwohl er ihn selber gar nicht mag.
Beim Dessert wiederholte sich dann das seltsame Schauspiel, nur dass es diesmal Thomas war, der das Selbstgemachte nicht essen wollte. Wie bereits zuvor, schmeckte es dann aber ausgezeichnet. Es wurden sogar zwei süsse Desserts serviert – zuerst das offizielle Dessert, danach Kuchen und Kaffee. Da hätte man zwar eigentlich auch eine Käseplatte anstelle zweier Desserts einschieben können – was in Anbetracht der freiwilligen Doppelleistung auch keinen Abzug für die fehlende Eigenleistung bei der Käseherstellung gegeben hätte –, doch wenn ich schon zwei Desserts bekomme, dann will ich mich nicht über solche Details beklagen.
Das Rezept für die in Röteli flambierten Ananas mit getrockneten Kirschen habe ich mir auf jeden Fall gemerkt, da man mir unter dem Siegel der Verschwiegenheit verraten hat, dass es bei Frauen sehr gut ankomme. Zudem gibt es beim Kochen nur wenige Handgriffe, die so viel Spass machen wie das Flambieren.
Kaffee und Kuchen
Die Stimmung wurde mit fortschreitender Zeit immer entspannter, und sobald sich die Mahlzeit etwas gesetzt hatte, wurden Kaffee und Kuchen aufgetragen. Mit dem Schokoladen-Chili-Kuchen ist dem Patissier ein krönender Abschluss eines ausgezeichneten Essens gelungen. Besonders hoch ist ihm dabei anzurechnen, dass er nicht einfach ein normales Kuchenrezept mit Chilischokolade ergänzt, sondern sogar frische Schoten verwendet hat. Des Weiteren war auch dieser letzte Gang sehr originell angerichtet. Anstelle einer ordinären Backform wurde der Kuchen in den Schalen der verwendeten Eier gebacken und serviert.
Während der Abend so allmählich dem Ende zuging, erzählten die drei mit viel Begeisterung von all den Blogs, Büchern und Fernsehsendungen, die es zum Thema Kochen gibt. So wurde mir zum Beispiel ein Kochbuch von Ferran Adrià, einem Pionier des molekularen Kochens, gezeigt. Man kann nur hoffen, dass auch die nächsten Teilnehmer dem prisma-Redaktor so viel zu erzählen und beizubringen haben.
MenuIngwer-Panna-Cotta mit KarottenschaumHaddock in Basilikumkruste auf schwarzem Risotto mit Saisongemüse an Tomaten-Korkuma-Sauce
In Röteli flambierte Ananasscheiben mit gedörrten Kirschen
Chili-Schokoladen-Kuchen
Die NotenWas wäre ein Wettbewerb ohne Noten? Vor allem, da wir uns doch alle über solche definieren. Deshalb, und auch weil es einen objektiven Vergleich zwischen den Teilnehmern ermöglicht, gibt es für den Kochwettbewerb Noten.Für die vier Kriterien ist jeweils 10 die beste, 1 die schlechteste mögliche Note. Das Team, das den höchsten Durchschnitt erreicht, gewinnt den Wettbewerb.
Zofingerhaus (siehe Bericht oben)
Organisation 9
Dekoration 4
Komposition 8
Ausführung 9Villa la Boum (siehe letzte Ausgabe des prisma)
Organisation 6
Dekoration 7
Komposition 8
Ausführung 8An dieser Stelle möchten wir uns bei den ersten Teilnehmern dafür entschuldigen, dass wir die Noten nicht schon letztes Mal veröffentlicht haben.