Ich kann es noch gar nicht glauben. Der Wettkampf war mitten in der Lernphase und ich habe nicht so viel trainiert wie normalerweise. Mein Ziel war, einfach unter die ersten drei Plätze zu kommen, was mir aber fast unmöglich schien, da zur Meisterschaft nur die besten zwölf der Schweiz zugelassen waren.
Seit wann begeisterst du dich für das Eiskunstlaufen und wie bist du dazu gekommen?Meine Mutter hat mich im Alter von drei Jahren das erste Mal aufs Eis gebracht. Ich bin dann bis zu meiner Matura auf internationalem Niveau gelaufen. Damals habe ich zwei bis drei Mal pro Tag trainiert. Im Assessment musste ich mit dem Eiskunstlaufen aufhören. Es hat mir aber so sehr gefehlt, dass ich im Bachelor wieder angefangen habe.
Wer ist dein Vorbild?Sarah Meier. Sie hat die Europameisterschaft 2011 in Bern gewonnen. Bereits vor der Meisterschaft hat sie ihren Rücktritt vom Wettkampfsport erklärt. Ich finde es schön, dass sie ihre Karriere mit einem so grandiosen Sieg beenden konnte.
Wie oft in der Woche trainierst du und wie vereinbarst du dies mit deinem Studium?Ich trainiere fast jeden Tag auf dem Eis, ansonsten mache ich Fitness. Manchmal auch beides. Organisation ist das A und O. Ich trainiere immer abends. So kann ich bis um 18 Uhr lernen, nach Hause gehen, etwas essen und nachher Vollgas in der Eishalle trainieren.
Was stellt die grössere Herausforderung für dich dar: das Eiskunstlaufen oder das HSG-Studium?Schwierig zu sagen. Mein Kopf sagt Studium, mein Herz Eiskunstlaufen. Der Wille, ein noch höheres Niveau zu erreichen, ist da, aber die Zeit wird immer knapper. Mit 22 Jahren ist man schon ein alter Hase im Eiskunstlaufgeschäft. Ich habe mir überlegt, nach dem Bachelor ein Jahr Pause zu machen, um zu trainieren und vielleicht nebenher zu arbeiten. Ich habe mich noch nicht entschieden, es ist schwierig.
Als Zuschauer achtet man besonders auf die eindrucksvollen Drehungen und Sprünge. Frauen auch auf die glitzernden Kleider. Was gefällt dir besonders gut am Eiskunstlaufen?(Lacht.) Die Kleider sind auf jeden Fall traumhaft. Für mich ist es aber viel wichtiger, dass ich beim Eiskunstlaufen meine Gefühle ausdrücken kann. Ich bin nicht so gut mit Worten, das Eiskunstlaufen ist meine Art, meine Gefühle auszuleben.
Wie stellst du dir deine Zukunft vor?Ich denke, dass ich in ein paar Jahren aufhören werde mit dem Eiskunstlaufen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, nach Hause zu kommen, alle Trophäen zu sehen und zu denken: O.k., das war’s. Ich würde gerne hobbymässig Choreografin für Eiskunstläuferinnen sein. Wenn ich einmal Kinder habe, möchte ich, dass meine Tochter auch eiskunstläuft.
Hast du vor, an den nächsten olympischen Winterspielen 2014 in Russland teilzunehmen?Das ist eher unwahrscheinlich. Die Vorauswahl in der Schweiz besteht aus sechs Tests. Ich habe die ersten fünf absolviert. Für den letzten Test müsste ich extrem oft trainieren und im Moment ist einfach die Zeit zu knapp. Ich müsste jeden Tag stundenlang darauf hinarbeiten, alles aufgeben und mich wahrscheinlich ausserhalb der Schweiz vorbereiten, irgendwo in Amerika. Aber möglich ist alles.
Alessia von RohrAlter: 22Herkunft: BellinzonaStudium: BWL im 6. SemesterLieblingslektüre: Fabio VoloLieblingsmusik: je nach Stimmung alles ein bisschenLieblingsgericht: Fleisch