Warum gibt es eigentlich noch weibliche Singles an der HSG? Jennifer Kahn wirft einen prüfenden Blick auf den lokalen und globalen Beziehungsmarkt.
«Jetzt gehst du schon drei Jahre an diese Universität und hattest noch keinen HSGler zum Freund – irgendetwas machst du falsch.» Dieser Satz fiel kürzlich im Gespräch mit einem Kollegen. «Ich finde, ich mache überhaupt nichts falsch», antworte ich in trotziger Manier. Damit ist die Unterhaltung schon quasi tot und ich habe alle Zeit der Welt, daheim auf meinem grossen, leeren Doppelbett darüber zu reflektieren, ob an dieser Aussage nicht vielleicht doch etwas dran ist.
Microeconomics …
Tatsächlich kommen auf jede HSGlerin zirka 2.3 HSGler. Diese Quote ist zwar nicht mit dem frauenfreundlichen Studiengang Maschinenbau an der ETH zu vergleichen (da ist das Verhältnis zirka 9:1), aber eigentlich doch ganz anständig. Da sollte es doch möglich sein, Mr. Right zu finden? Offensichtlich nicht immer. Mir ist jedoch durchaus bewusst, dass meinereiner da keinen Einzelfall darstellt, nein, sich sogar in bester Gesellschaft befindet. Aber warum eigentlich?
Fragt man weibliche Kommilitoninnen danach, warum sie noch nicht den HSGler ihrer Träume gefunden haben, dann kriegt man häufig die abgelutschte «ich-hab-im-Moment-keine-Zeit-für-so-was»-Antwort, von der ich mittlerweile übrigens glaube, dass man sie als universelle Antwort auf jede Frage, die einem hier oben gestellt wird, verwenden kann und – sogar Recht hat. Dann ist aber auch gerne mal von «hohen, unrealistischen Ansprüchen» die Rede oder sogar von «Schüchternheit». Generell kann ich also festhalten: Der HSG-Beziehungsmarkt ist leider kein perfekt funktionierender Markt. Weder verhalten sich die Akteure rational, noch ist die Markttransparenz gewährleistet (siehe nicht öffentlich zugängliche Facebook-Profile) und jeder, der einmal versucht hat, mit jemandem anzubandeln, wird bemerkt haben, dass es beim Taktieren und Pläneschmieden zu enormen Zeitverzögerungen kommt. Und nein, die Tatsache, dass mir die Angebotsseite an manchen Tagen wie eine Ansammlung von im höchsten Grade homogenen Gütern vorkommt, macht die Situation auch nicht besser.
… and Macroeconomics
Aber Achtung! Die Mehrheit der Singles auf diesem Planeten befindet sich ausserhalb der Mauern unserer kleinen Betonwelt, und daher sollten Mann oder Frau HSGler auch ab und zu einen Blick über den Uni-Tellerrand hinaus riskieren.
Jedoch – traurig aber wahr: Auch in der grossen, weiten Welt steht es beziehungstechnisch nicht zum Besten: Schwindelerregende Scheidungsraten, Vollbeschäftigung bei den Beziehungsberatern und unter Bindungsangst leidende Entitäten trüben die rosa Brille. Sogar die älteste Institution der Welt, die Ehe, ringt im Kampf gegen den Trend zur Multioptionsgesellschaft um ihre Existenz. Heutzutage wird dieses Modell ganz offen hinterfragt und es scheint, als müsse jeder seine ganze eigene Form der perfekten Beziehung kreieren – was für ein Stress.
Da wird mir also ganz schnell bewusst: Den idealen Partner zu finden, ist die eine Herausforderung, das Feuer der Leidenschaft trotz der grossen Fülle an Externalitäten aufrechtzuerhalten, eine andere.
Sustainability
Ich glaube, dass eine Beziehung in vielerlei Hinsicht wie ein Unternehmen funktioniert: Damit sie auf lange Sicht wächst und gedeiht, braucht es stetige Pflege und Innovation, sonst hält sie dem Wettbewerb, hier verstanden als potenzielle Ersatzpartner, nicht stand.
Ab und zu mal auf Reisen gehen, Ideen und Träume gemeinsam umsetzen oder dem Liebsten oder der Liebsten bei Gelegenheit eine kleine Nettigkeit mitbringen – es gäbe so viele Möglichkeiten. Leider ist das leichter gesagt als getan. Besonders das männliche Geschlecht macht bei der Aufforderung, seinen Schatz ab und an mal zu überraschen, einen recht hilfsbedürftigen Eindruck.
Die einen schalten ihr Oberstübchen in den kreativitätsfeindlichen Energiesparmodus, die anderen geben offen zu, dass sie schlicht keinen Plan haben («Ich hatte mal eine Idee, die war sogar richtig gut – vielleicht sollte ich sie mal aufschreiben»).
Ganz im Gegensatz dazu ist so manche Dame richtig originell («Blowjob-und-Schnitzeltag»). Meine Empfehlung daher: Marktforschung betreiben, liebe Herren. Wir HSGlerinnen sind, wie die meisten anderen Frauen auch, bei richtiger Ansprache keine geschlossenen Bücher, sondern richtig nett und auskunftsfreudig.
Mache ich nun also etwas falsch, indem ich mein Leben ohne HSGler an meiner Seite verbringe? Nein. Die Statistik mag vielleicht gegen mich sprechen, aber Zahlen und Gefühle kennen sich meiner Meinung nach ohnehin nur vom Hörensagen. Der oder die Richtige kann immer und überall auftauchen – das Schicksal agiert nicht nach (Termin-)Plan. Und sollte ich doch irgendwann richtig verzweifelt sein, kann ich immer noch ein Maschinenbaustudium an der ETH anfangen. Denn da haben die Männer es gelernt richtig anzupacken.