«Mit Kopf und Herz für die HSG»

Christoph Frei ist seit 2006 Titularprofessor für Internationale Beziehungen sowie Politische Ideengeschichte an der Universität St. Gallen und Mitglied der Programmleitung «International Affairs». prisma nutzte die Gelegenheit und traf ihn zu einem Gespräch.

An einem sonnigen Nachmittag besuche ich Christoph Frei zu Hause in St. Gallen. Mit seinem Trüffelhund Bellini empfängt mich der Staatswissenschaftler freundlich und bittet mich in seine helle Wohnung. Das Wohnzimmer wird durch eine Glasfront erhellt, die zum Garten führt. Die Wohnung ist unerwartet modern eingerichtet. Nur ein alter Sekretär und ein Holzschrank, beides Erbstücke von Vaters Seite, erinnern an eine vergangene Zeit. Wir setzen uns an den dunklen, rechteckigen Esstisch. Das Gespräch beginnt.

Vom Appenzell hinaus in die Welt

Die Gymnasialzeit verbrachte Frei in der Klosterschule in Appenzell. Der Überlieferung der Mutter zufolge, sei es der letzte Wunsch des Vaters gewesen, dass die Kinder die Klosterschule besuchten. Er wollte eine gute Ausbildung für die fünf Kinder und war davon überzeugt, dass die Klosterschule dies leisten könnte. Die Schule sei für den Jüngsten zu Beginn schwierig gewesen. «Heimurlaub» war nur selten möglich. «Kein leichter Anfang, und doch möchte ich die Zeit in der Klosterschule nicht missen. Es waren behütete Jahre zwischen Sport und Studium.»

Nach dem Gymnasium folgte der Übergang an die Universität. Er entschied sich für die HSG, da diese «Internationale Beziehungen» schon damals anbot – und alles, was sich damals irgendwie nach international anhörte, klang für ihn positiv und attraktiv. Seine Studienwahl hat er bis heute nie bereut. «Meine Zeit an der HSG ist mit guten Erfahrungen verbunden. Ich fühle mich wohl hier.»

Das Studium öffnete die Tore zur Welt. Schon vor dem Abschluss ging es für ein ausgedehntes Praktikum nach Chile, später folgten zahllose Reisen und langjährige Aufenthalte in den USA, in Frankreich und Ungarn. Früher sei es ihm leicht gefallen, die Zelte abzubrechen und an unbekannten Orten neu anzufangen. «Heute bin ich persönlich wie sachlich gebunden. Einfach alles aufzugeben und neu anzufangen, ist heute schwieriger.» Mit der Entwicklung, die sein Leben bis anhin genommen hat, scheint er in keinem Moment zu hadern. Die Heirat mit seiner bayerischen Frau gehörte zu den schönsten Momenten seines Lebens. Auch finden sich in der Wohnung viele Zeugnisse, die vom früheren Nomadenleben berichten. Vor dem Eingang zum Wohnzimmer steht beispielsweise eine überlange Holzfigur aus Südafrika, die mir Frei freundlich vorstellt. «Das ist Nelson. Immer gut gelaunt; sein Lächeln steckt an.»

Professor Frei ist ein richtiger Familienmensch. Mit seiner Familie kann er auch ein Stück weit seine Reiselust befriedigen. Im Sommer verreist die Familie noch heute gemeinsam – «stets zwischen 15 und 24 Personen». Er gehöre zu jenen glücklichen Menschen, deren Geschwister «beste Freunde» geblieben seien. «Nur beim Sport hört die Bruderliebe auf. Das war immer so und wird wohl immer so bleiben.»

Der Weg zurück an die HSG

Ab 2002 begann Christoph Frei, Lehraufträge an der HSG zu übernehmen. Lange Zeit war er zwischen Privatwirtschaft und Universität hin-und hergependelt. Dass er sich am Ende vollkommen für die Lehre entschieden hat, sei Umständen und dem Zufall zu verdanken. Die Lehre biete ihm die Möglichkeit immer neue Fragen zu stellen und Antworten systematisch zu hinterfragen. «In dieser Hinsicht habe ich das Glück, gute Teile der eigenen Veranlagung im Beruf leben zu können.» Auch der Weg von Grossstädten wie Paris oder Budapest zurück ins beschauliche St. Gallen habe ihm nichts ausgemacht. Im Gegenteil: Er geniesst die Vorzüge der Region. «Wenn ich doch Fernweh bekomme, ist ja der Flughafen in der Nähe.» Obwohl Frei heute stärker mit der Schweiz verbunden ist, spielt das Reisen immer noch eine wichtige Rolle in seinem Leben. «Es relativiert den eigenen Standpunkt, es bereichert selbst dann noch, wenn Pannen passieren.» Das Reisen bringe Lebenserfahrung und bleibende Kontakte, die er in keinem Falle missen wolle.

Am Schluss unseres Treffens gewährt mir Christoph Frei noch einen Blick in sein Büro. Wie der Rest der Wohnung ist auch dieser Raum sehr hell und ordentlich. «Zum Glück ist auch meine Frau ein ordnungsliebender Mensch, sonst käme es nicht gut», kommentiert er lachend unseren Wohnungsrundgang. Die Bibliothek ist kleiner als erwartet, es sind gut tausend Bücher. «Die Ideengeschichte lagert noch im Haus der Mutter.» Neben einem kleinen, dicken Buddha aus Thailand entdecke ich das alte Foto eines frech in die Kamera lächelnden Jungen im Bücherregal. Wie sich herausstellt, ist es Christoph Frei als Kindergartenkind. Ich muss ein bisschen schmunzeln.


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