Victoria Kühn hat zwar nicht am ISC-Wettbewerb teilgenommen, doch sie war am St. Gallen Symposium 2008 trotzdem dabei. Als Pressevertreterin fürs prisma.
Für die meisten von uns HSG-Studenten ist das St. Gallen Symposium vermutlich nicht viel mehr als eine weitere, wenn auch eine ziemlich grosse, Veranstaltung an der Universität; eine, die den guten Ruf unserer Alma Mater international fördert, für unseren Universitätsalltag jedoch nur recht unbedeutend ist.
Zugegeben, dieses Jahr waren die Auswirkungen spürbar: Das grosse Zelt neben dem B-Gebäude – Letzteres wird ja bekanntlich neu als 09-Gebäude bezeichnet – war kaum zu übersehen und der eingeschränkte Zugang dazu inklusive Bibliothek in der Woche vor dem 15. Mai 2008 war wohl besonders für all diejenigen ärgerlich, die noch wichtige Arbeiten zu schreiben und abzugeben hatten. Dennoch war der «Spuk» nach dem Wochenende für die Mehrheit der Studenten wieder vorbei, ohne grosse Spuren hinterlassen zu haben – Mitarbeiter und Teilnehmende ausgenommen. Ich empfand es die letzten Jahre ähnlich: Das Symposium war zwar gut für das Image der HSG, aber mir war es relativ schnuppe.
Doch dieses Jahr war alles ein bisschen anders. Ich hatte Gelegenheit, eine der Teilnehmenden zu sein; nicht als im Wettbewerb gekürte HSG-Studentin, sondern als Pressevertreterin. Das diesjährige Thema lautete «Global Capitalism – Local Values». Da ich «nur» als Schreiberling zugelassen war, wurde ich dann leider auch nicht mit dem kleinen tragbaren minicomputerartigen Messenger «Spotme» ausgestattet, der die Kontaktaufnahme mit anderen Teilnehmern – internationalen Studierenden und Referenten – ermöglicht hätte. Nichtsdestotrotz stand mir mit meinem mit RFID-Chip ausgestatteten Zugangskärtchen das ganze Symposiumsgelände ebenso offen wie die Benutzung der bereitgestellten Computer. Sogar ein umfangreiches Informationspaket wurde für Pressevertreter geschnürt und spezielle Informationsservices wurden sogar auch ausserhalb der zum «Press Centre» umfunktionierten Bibliothek bereitgestellt.
Nach einer ersten Orientierung in dem ungewohnt umgebauten, sonst doch so vertrauten B-Gebäude ging es dann auch schon zur ersten «Keynote Address» des Tages, gehalten von Dr. Josef Ackermann. Weniger stark besucht, aber spannender als die Keynote Speech von Ackermann war der nachfolgende Vortrag von Martin Wolf, Chief Economic Commentator von Financial Times, der nicht nur die mutigen Aussagen des vorangegangenen Sprechers zur Kreditkrise kritisch kommentierte, sondern auch einen recht umfassenden Überblick zum Thema «Credit Crunch» gewährte.
Nach einem weiteren, sehr speziell auf Japan und Asien ausgerichteten Vortrag ging es schliesslich zum Mittagessen. Wie erwartet strömten nun die Hungrigen massenhaft zum Buffet, das tatsächlich ohne grössere Staus alle zügig versorgte. An den diversen Steh- und anderen Tischen bildeten sich Grüppchen und man unterhielt sich angeregt. Der Nachmittag war dann für kleinere Gruppenveranstaltungen, so genannte «Work Sessions» und «Special Sessions», reserviert.
Neue und sehr interessante Perspektiven eröffneten die Vorträge, die sich schwerpunktmässig mit der andauernden, durch den US-Hypothekenmarkt ausgelösten Finanzkrise und deren Begleiterscheinungen befassten. Besonders bemerkenswert war für mich der Beitrag von Riz Khan, einem Journalisten und Nachrichtensprecher von Al Jazeera: Nicht so sehr seine kritische Betrachtung der Rolle der Medien bei Krisen wie der Nahrungsmittelkrise – in deren Zuge er Journalisten nicht ganz scherzhaft als Lemminge bezeichnete –, sondern sein Auftreten war für mich überraschend. Als Vertreter eines im Westen oft als islamisch-fundamentalistisch empfundenen Fernsehsenders überzeugte er durch seine offene, kritische Art, die ein westliches Verständnis von Medien als Informationsinstrumente zur freien Meinungsbildung durchschimmern liess und vorherrschende Vorurteile widerlegte.
Insgesamt waren die «3 Tage im Mai», wie sie auch genannt werden, nicht einfach nur eine von Studenten lange und sorgfältig vorbereitete, aufwändig gestaltete Veranstaltung, die zum guten Ruf der HSG beiträgt. Die drei Tage boten mehr, nämlich die Gelegenheit, das internationale Gesicht der HSG und viele neue Perspektiven kennen zu lernen – und das alles in einem Umfeld von internationalen Grössen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Dies bewusst getrennt vom Universitätsalltag – nicht so sehr, um zu separieren, sondern um eine einmalige Gelegenheit und Atmosphäre für unvergessliche Begegnungen zu schaffen.