prisma-Kochwettbewerb – DIE ENTSCHEIDUNG

Wieder haben drei interessante Bewohner einer interessanten Liegenschaft ihre ganze Kreativität in ein Essen investiert. Ob’s gereicht hat?

Wie schon bei den letzten Bewerbern betrat ich auch diesmal kein ordinäres Mehrfamilienhaus. Gross an der Tür angeschrieben ist «die Christengemeinschaft». Das gab mir schon zu denken. Während der Fahrt im (langsamen) Lift sah ich mich bereits Brot brechen und den Herrn dafür loben, dass Er mich Spülwasser für Wein halten liess. Zum Glück stellte sich heraus, dass im obersten Geschoss dann doch eher weltliche Freuden vorgezogen werden. Ohne grosse Unterbrechungen ging’s los zum Einkauf. Im Laden angekommen, packte jeder seine Liste aus und machte sich auf die Suche nach den Zutaten für seinen Verantwortungsbereich. Natürlich war nicht Egoismus oder Konkurrenzdenken der Grund für dieses getrennte Vorgehen, sondern Effizienz. So brauchten wir auch nur ein halbes Stündchen und schon standen wir an der Kasse. Dort zeigte sich dann, dass die Beschwerden übers Budget – pausenlos, während des Einkaufs – vermutlich begründet waren. Trotz den winzigen eingekauften Portionen blieben gerade mal 25 Rappen übrig.

Gedämpftes Licht, leise Musik

Im Gegensatz zu den letzten Kandidaten sorgten Flo, Benedikt und Francesco von Anfang an für ein gemütliches Ambiente. Die Kombination aus warmem Licht, Jazz und einem bequemen Sofa liess mich beinahe meine Pflichten als Juror vergessen. Kaum hatte ich mich endlich aufgerafft und einen kontrollierenden Blick in die Küche riskiert, gab’s auch schon Apéro. Der Grave-Lachs an Balsamicosauce sah auf den kleinen Tellern nicht nur gut aus, er war es auch. Einziger Kritikpunkt ist, dass die Sauce den Geschmack des sorgfältig marinierten Lachses beinahe überdeckte. Dieser kleine Nachteil wurde aber durch den ausgezeichnet gemixten Amaretto Sour beinahe ausgeglichen. Mit noch weiter gehobener Stimmung wurde dann weitergekocht. Nun, da ich etwas genauer hinsah, bemerkte ich eine gewisse Ungeübtheit, die durch die gute Organisation nur teilweise kompensiert wurde. Zwar brannte nichts an und fiel nichts runter, aber jeder Handgriff dauerte etwas länger als noch bei den letzten Teilnehmern. Da aber nicht der Umgang mit dem Messer, sondern derjenige mit Töpfen und Gewürzen bewertet wird, liess ich mich davon noch nicht beeinflussen. Immerhin konnte es gut sein, dass die ISC-mässige Organisation, die klare Verteilung der Kompetenzen und das viele Üben im Vorfeld das alles ausgleichen würden und ich mich kurz vor dem kulinarischen Höhepunkt meines jungen Lebens befand.

Endlich ein Viergänger

Es fing schon mal gut an. Eine handgeschriebene Menukarte mit ausdrücklicher Referenz an den Ehrengast (mich). Allerdings begann ich schon zu überlegen, ob ich wohl danach noch einen Kebab kaufen müsste. Auf der Karte stand nämlich, dass die französische Zwiebelsuppe in Nespressotassen serviert werden würde. Haute Cuisine ist schön und gut, aber allzu winzig sollten die Portionen dann doch nicht sein. Zum Glück war’s dann nur ein Schreibfehler. Tatsächlich wurde die Suppe in Nescafétassen aufgetragen, und die haben ein anständiges Volumen. Zudem sahen sie mit der Blätterteighaube sehr gut aus. Die Suppe war dann leider nichts Aussergewöhnliches. Gut war sie schon, aber ich fand sie etwas zu dünn geraten. Wahrscheinlich hätte man beim Kochen etwas geduldiger sein müssen, dann hätte sich auch der Geschmack mehr entwickelt. Bald danach kam der Zwischengang, den ich bisher immer vermisst hatte. Schon für die Idee gibt’s auf jeden Fall ein paar Bonuspunkte. Dass die Tagliatelle und (natürlich) die Sauce dann auch noch komplett selbst gemacht waren, ist ebenfalls beeindruckend. Dass alles ein bisschen verkocht war, schon weniger. Immerhin, geschmacklich war es einwandfrei und es war noch nicht so weit verkocht, dass man es mit dem Löffel essen musste. Vom Hauptgang war ich dann nicht so begeistert. Dass es lediglich einen Bissen Fleisch anstelle einer Portion gab, habe ich mir selber zuzuschreiben. Mit 15 CHF kann man sich wirklich kein Steak leisten, von Rindsfilet oder so ganz zu schweigen. Leider aber hat die Verkäuferin (wohl eine Aushilfe) im Laden keine zwei Fleischstücke gleich gross hingekriegt und deshalb waren manche zu trocken und andere nicht durch. Ich habe ein Trockenes erwischt. Zudem machte ein Übermass an Pfeffer die Sache auch nicht besser. Die zweite Komponente des Hauptgangs war allerdings grossartig. Erstens hatte ich davor noch nie Pfefferminz-Rahm-Kartoffeln gegessen, und zweitens schmeckten diese ausgezeichnet. Ein absoluter Höhepunkt war danach das Dessert. Die Bananen in einer Sauce aus Zitrusfrüchten schmeckten erfrischend und sorgten für einen interessanten Kontrast zwischen süss und sauer. Dazu gab es eine Tarte au Citron – wohl um dem Dessert, bestehend aus lauter Früchten, das Stigma des Gesunden zu nehmen –, die das Menu perfekt abrundete.

Zur Verdauung ein Schnäpschen

Da das Menu insgesamt trotz der mickrigen Fleischmenge sehr nahrhaft gewesen war, gab es danach erst mal einen kleinen Digestif. Ganz nach individuellen Präferenzen wurde Kräuterschnaps oder Whisky angeboten. Natürlich drehte sich auch hier das Gespräch um diverse Genussmittel, vor allem um Essen und Trinken. Dabei kam auch aus, dass in dieser Wohnung tatsächlich nicht extrem häufig so exquisit gekocht wird. Vielmehr sind die drei Experten für «Mac and Cheese» oder bestellen sich gerne mal eine Pizza. Ihre eher spontane Entscheidung, sich für den Kochwettbewerb anzumelden, löste dann scheinbar auch eine gewisse Hektik aus, da man im Vorfeld noch einige Rezepte testen musste. Wenn man das in Betracht zieht, erscheinen die paar kleinen handwerklichen Fehler dann auch in einem ganz anderen Licht und man muss auch dieser WG ein grosses Kompliment machen. Ich hoffe sehr, dass ihnen diese Erfahrung auch das grossartige Hobby des Kochens noch ein bisschen näher gebracht hat und sie ihre Freunde künftig öfter zu einem Essen einladen, nicht nur zu einer Runde Darts.

Here comes the winner!
Nach drei grossartigen, kreativen und vor allem kulinarisch hochstehenden Abendessen steht nun ein Sieger fest. Ein leichtes Bedauern bleibt – dass es nie zu einem richtigen Skandal kam, der die Leser (und mich) sicherlich fast noch mehr begeistert hätte als all die motivierten und gut durchdachten Menus. Da bleibt nur, auf nächstes Semester zu warten, wo wir uns vielleicht doch noch über eine abgebrannte Küche oder psychoaktive Substanzen im Dessert freuen können. Den Protagonisten eines solchen Artikels sind die fünfzehn Minuten uniweiter Berühmtheit – die ja schliesslich jedem zustehen – garantiert.

Vorerst bleibt aber nur, den drei WGs noch mal zu ihren Leistungen zu gratulieren. Da der Gast immer zufrieden und ohne Bauchweh nach Hause ging, kann man wohl mit Recht sagen, dass sich alle als Sieger sehen können. Leider kriegt aber nur der Beste der drei Sieger einen Gutschein von Globus Delicatessa im Wert von 120 Franken.

Durchgesetzt haben sich mit einem hauchdünnen Vorsprung von nur einem Punkt die drei Zofinger aus dem prisma 318. Thomas, Vinz und Domi hatten zwar ihre Defizite im Bereich der Dekoration, haben aber deutlich das beste Essen hinbekommen. Zusammen mit dem Gutschein bekommen die drei natürlich auch noch eine Urkunde, die sie sich neben die vielen schicken Poster an die Wand hängen können. So werden sie (und alle ihre Gäste) immer an diesen Triumph erinnert.

Villa la Boum, Zofingerhaus, Christengemeinschaft

Organisation
6, 9, 8

Dekoration
7, 4, 6

Komposition
8, 8, 9

Ausführung
8, 9, 6

Total
29, 30, 29


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