«Religion ist was für Leute, die ein schwaches Selbst haben»

Martin M. ist nicht religiös. Im Gespräch mit prisma legt er dar, dass es nur einen Gott geben kann: den Markt.

prisma: An was glaubst du?

Martin M.: Ich glaube nicht an Gott. Aber ich glaube an Rationalität und an das Menschenbild der Aufklärung. Als HSGler glaube ich natürlich auch an die Kraft des Marktes. Der Markt ist logische Konsequenz des Rationalismus, und deshalb, wenn man so will, mein Gott.

Wie praktizierst du deine Religion?

Zum Beispiel indem ich kaufe, was mir gefällt. Es gibt heutzutage kaum etwas, dass man nicht kaufen könnte. Geld ist bekanntlich Macht. Und diese übe ich gut und gerne mal aus.

Wie hast du zum Glauben gefunden?

Ich bin in der westlichen Hemisphäre in einem wohlhabenden Industriestaat geboren. Das eine führt zum anderen. Religion ist was für Leute, die ein schwaches Selbst haben und sich sonst nicht in der Risikogesellschaft orientieren könnten. Bislang komme ich mit Geld eben gut zurecht.

Ist Rationalismus/Markt der richtige Glaube?

Ist das eine rhetorische Frage? Ja, klar. Meines Wissens gibt es nichts, das nicht marktvermittelt gut funktioniert. Der Markt durchdringt sogar die zwischenmenschlichen Beziehungen: eine Elefantin nimmt ja auch den Elefanten mit dem grössten Rüssel. Die Omnipräsenz des «Survival of the Fittest» ist ja auch ein Beweis für das Gewicht meiner «Religion».

Was bringt dir der Glaube bei deiner Tätigkeit an der Universität?

Es hilft mir meine Ressourcen optimal zu allozieren. Nein, ohne Scheiss: Es erklärt mir, warum ich frauentechnisch nicht zum Zug komme (lacht). Und warum so manche Frau jemanden abbekommt. Also die Frau, die eine Fünf ist und wie Sieben über den Tisch geht. Und ich darf mich über Leute aufregen, die nach sozialen Idealismen funktionieren – weil ich ein Realist bin und weiss, dass der Markt anders denkt.

Wie bist du in den Tempel des Marktes gekommen?

Ich habe auf dem Markt mit dem Marktführer HSG einfach die besten Chancen. In der Hinsicht bin ich ein chancenmaximierender Homo Oeconomicus. Ausserdem ist das Studium hier nicht das Härteste auf dem Markt.

Triffst du viele Studenten, für die die Religion ähnlich wichtig ist wie für dich?

Ich denke, dass man hier viele Ja-aber-Marktfreunde findet. Damit meine ich diejenigen, die zwar hier studieren, aber andauernd kolportieren: «Ja man muss noch denen helfen und diese berücksichtigen, etwas abgeben und der Allgemeinheit etwas zurückgeben. » Tief im Herzen sind aber viele gleich. Auf das Herz haben sie «Markt» tätowiert, sagen aber aufgrund sozialer Pseudo-Political-Correctness, dass reiner Glaube an den Markt falsch sei.

Wie willst du in Zukunft dein Studium und deinen Glauben kombinieren und einsetzen?

Ich studiere hier. Ich glaube an den Markt. Die Uni ist mein Kloster und ich bin ein Mönch. Frage beantwortet?

Wie reagieren andere Studenten darauf, dass du religiös bist?

Ich habe bemerkt, dass mir viel Antipathie entgegenschlägt. Und das nur, weil ich sage, was Sache ist und das offenbare, was alle im Innersten doch denken. Ich bin, bildlich ausgedrückt, das Spieglein, Spieglein an der Wand, dass den Leuten wirklich sagt, was das Schönste ist, in diesem Land. Und das ist zweifelsohne der Glaube an den Markt.

Versuchst du andere von deiner Meinung zu überzeugen?

Dazu muss ich sagen: rationale Menschen muss man nicht überzeugen. Alle anderen, nunja, die Pseudo-Sozis werden in der Hölle der Armut schmoren.

Zur Person:
Martin M. ist in einfachen Verhältnissen aufgewachsen und befindet sich, nach eigenem Bekunden «auf der Zwischenstation HSG in Richtung Olymp». Er studiert im 6. Semester BWL an der HSG.


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