In Europa kaum denkbar, in den USA aber noch immer gang und gäbe: die Todesstrafe. Zeit, sich mit diesem Thema und der Kontroverse «Troy Davis» etwas näher zu beschäftigen.
Wochenlang verfolgte die ganze Welt den Fall Troy Davis. Dieser wurde im Bundesstaat Georgia zum Tode durch die Giftspritze verurteilt. Dem Afroamerikaner wurde vorgeworfen, 1989 einen weissen Polizisten in Savannah im Bundesstaat Georgia ermordet zu haben, der einem am Boden liegenden Obdachlosen helfen wollte. Die Tatwaffe wurde nie gefunden und sieben der neun Zeugen hatten ihre Aussagen ganz oder teilweise zurückgezogen, manche sprachen sogar von einem anderen Täter.
USA: Verfechter der Menschenrechte?
Nach weltweiter Kritik stellt sich nun die Frage, inwieweit die Todesstrafe in der westlich zivilisierten Welt noch tragbar ist und ob ein Land wie die USA, das sich als Hüter der Menschenrechte und der Demokratie definiert, sein Rechtssystem nicht überdenken sollte.
Die Argumentation, dass die Todesstrafe die Gesellschaft sicherer machen würde, verneint Amnesty International deutlich. In Kanada sei zum Beispiel die Mordrate nach Abschaffung der Todesstrafe 1976 um über 40 Prozent gesunken. Auch der Terrorismus könne durch die Anwendung der Todesstrafe kaum verringert werden, da Terroristen den Medienrummel, den ein solcher Prozess mit sich bringt, geradezu schätzen. Sie nutzen die Aufmerksamkeit, um für ihre zweifelhaften Werte werben zu können. Mit der langen Tradition der Todesstrafe in den USA sah sich auch Barack Obama konfrontiert. Nach zaghaften Versuchen am Anfang seiner Kandidatur, die Todesstrafe abzuschaffen, lenkte er bald ein: «I believe the death penalty is appropriate in certain circumstances. There are extraordinarily heinous crimes […], terrorism, the harm of children, in which it may be appropriate.»
Afroamerikaner im Nachteil
Welche Taten schrecklich genug sind, um die Todesstrafe darüber verhängen zu können, ist Ermessenssache und wird in jedem Staat und bei jedem Richter anders gehandhabt. Grundsätzlich gilt jedoch, dass dunkelhäutige Angeklagte nach wie vor vor Gericht schlechter abschneiden als Weisse mit vergleichbaren Tatbeständen. Das belegt eine Studie der Universität Maryland aus dem Jahr 2003. Die American Bar Association fand 2007 zusätzlich heraus, dass ein Drittel der zum Tode verurteilten Afroamerikaner nur eine lebenslängliche Haftstrafe erhalten hätten, wenn sie weiss gewesen wären.
Troy Davis hatte einfach nur das Pech, als Afroamerikaner geboren worden zu sein. Die letzten Worte des Mannes, der nichts mehr zu verlieren hatte, sollten uns jedoch zu denken geben: «I am sorry for your loss. I did not personally kill your son, father and brother. I am innocent.» Troy Davis darf sich nun in die lange und unrühmliche Liste derjenigen einreihen, die aufgrund fragwürdiger Beweise den «gerechten» Tod fanden. Es bleibt nur zu hoffen, dass sein Fall die USA und die Welt zum Nachdenken und Handeln bewegt.