«Uni(n)formierte, Achtung!»– Apell zu Studium und Dienst

Dienst und Studium unter einen Hut zu bringen kann herausfordernd sein. Kommt noch falsches Halbwissen hinzu, ist die Verwirrung perfekt. Für Durchblick sorgt die Militärische Verbindungsstelle der Universität St. Gallen.

Milizarmee (lat. militia für «Bürgerwehr», «Volksheer», «Kriegsdienst») ist die Bezeichnung für eine besondere Organisationsform von Streitkräften. Im Gegensatz zu einem stehenden Heer zeichnet sich die Milizarmee durch eine in Friedenszeiten geringe Truppenpräsenz, einen kurzen Grundwehrdienst sowie nachfolgende Wehrübungen aus. Die Truppe besteht dabei nicht, oder nur zum Teil, aus berufsmässigen Soldaten, sondern aus Bürgern in Uniform, die entweder auf Freiwilligenbasis oder auf Grundlage einer nationalen Wehrpflicht ihren Dienst leisten.

Bereits 1772 konnte der Genfer Schriftsteller Jean-Jacques Rousseau einen positiven Zusammenhang zwischen Bürger und Soldat sowie Milizarmee und freiheitlichem Staat feststellen und war damit seiner Zeit einmal mehr voraus. Trotz diverser thematischer Annäherun- gen, unter anderem in der ersten Verfassung der helvetischen Republik von 1798, der Bundesverfassung von 1848 und diversen Kantonsverfassungen, wurde das Milizsystem der Schweizer Armee erst 1999 in Artikel 58 der Bundesverfassung konkret festgehalten: «Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.» Traditionell gesehen hatte die Schweiz also keine Armee, die Schweiz war eine Armee.

Das Milizprinzip der Schweizer Armee fusst auf dem Grundsatz der Militärdienstpflicht für alle Schwei- zer, wobei sich natürlich auch Frauen freiwillig zum Dienst melden können. So leistet jeder Schweizer und einige Schweizerinnen unter Ausschluss medizinischer oder anderer, bestimmter Ausnahmen mindestens 245 Tage obligatorischen Militärdienst.

MilVrb HSG – Leistungen & Service

Die Koordination und Planung dieses knappen Dreivierteljahres militärischen Dienstes und dessen Vereinbarung mit Privat- und Berufsleben erfordern teilweise besonderes Geschick, speziell wenn noch eine zeitintensive Ausbildung wie beispielsweise ein Studium dazu kommt. Genau da setzt die Militärische Verbindungsstelle der Universität St. Gallen (MilVrb HSG) an und hilft sowohl HSG-Studierenden wie auch Mitarbeitenden der Universität beim Klären von Fragen und Unklarheiten rund um Militärdienst, Zivilschutz und Zivildienst.

Oberstleutnant Jorge Sión, Leiter MilVrb HSG, setzt bei den Dienstleistungen seiner Verbindungsstelle besonders auf gezielte und individuelle Beratung. Obschon dies laut Bundesmandat sämtlichen Studierenden an Schweizer Universitäten zur Verfügung steht, können sich HSG-Studierende einmal mehr glücklich schätzen. Anders als die «Beratungsstellen» anderer Universitäten fungiert die MilVrb HSG nämlich als eine Art inoffizielle «Verbindungsstelle». Als solche kommt die MilVrb HSG häufig mit den Aufgabengebieten der offiziellen Verbindungsstelle der Territorialdivision in Kontakt, was in einer noch besseren Vernetzung in der militärischen Welt und einem veritablen Mehrwert für die Dienstleistung an der HSG resultiert. Auch wenn die MilVrb HSG keine Kristallkugel für Zukunftsblicke besitze und ebenso wenig bereits angerichtete Schlamassel im Fristen-Dschungel rückgängig machen könne, bestehe immer die Möglichkeit mit dem nötigen Kooperationswillen innerhalb der vorgegebenen Rahmenbedingungen eine passende Lösung zu finden.

Solange man sich vorab informiert, Unklarheiten und Probleme zu konkreten Fragen ausformuliert und bereit ist, sich mit Kompromissen zu arrangieren, geht die Militärische Verbindungsstelle der Universität St. Gallen gerne die Extrameile. Im persönlichen Beratungsgespräch mit direktem Zugang zu Fachexperten konnte schon so manches Hindernis überwunden werden.

Zur Beratung

Adresse: Militärische Verbindungsstelle, Jorge Sión, Büro 25–104, Bodanstrasse 1, 9000 St. Gallen

Sprechstundenzeiten: Dienstag 1000 – 1200 / 1400 – 1600 (Aufgrund der aktuellen Lage finden die Sprechstunden nur per Telefon (+41 71 224 73 43) statt).

Mail: milvrb@unisg.ch / Website: http://www.milvrb.unisg.ch

MYTHEN UND TATSACHEN:

Mythos 1: Das Studium geht vor!

Wahrheit: Nein – Studium ist planbar, Militärdienst nicht – also frühzeitig informieren und planen.

Hintergrund: Während man das Studium grösstenteils nach seinen eigenen, persönlichen Wünschen ausgestalten kann – auch noch mit über 80 – ist das im Militärdienst anders. Die RS muss (wohlgemerkt gesetzlich vorgeschrieben) zwischen dem 19. und 25. Altersjahr absolviert werden (es ist aber kein Wunschkonzert, wann man die RS starten kann), danach folgen sechs jährliche, dreiwöchige Wiederholungskurse, bis man im Alter von 30 Jahren seine Militärdienstpflicht abgeleistet hat. Verschiebungsgesuche sind zwar möglich, müssen aber mindestens 3 Monate vor Dienstbeginn schriftlich an die zuständige Stelle gerichtet werden. Wird der Grund erst später bekannt, muss das Gesuch mit einer ausführlichen Stellungnahme und mit dem entsprechenden Beweismaterial eingereicht werden. Aber Achtung, der Marschbefehl bleibt so lange gültig, bis die Dienstverschiebung offiziell bewilligt ist.

Mythos 2: Der Dienst ist auch problemlos nach dem Bachelor oder Master möglich.

Wahrheit: Nein – dies gilt nicht als allgemeine Regel.

Hintergrund: Die Antwort auf Mythos 1 hilft auch hier: Man muss die RS zwischen dem 19. und 25. Altersjahr absolvieren, das Wehrpflichtsalter ist aber grundsätzlich 20. Es ist ein weitverbreitetes Missverständnis unter Studierenden, dass die RS auch kurz vor 25 absolviert werden kann, also nach dem Bachelor- oder sogar Master-Abschluss. Das ist definitiv nicht der Fall.

Mythos 3: Wenn ich nicht ins Militär will, zahle ich halt…

Wahrheit: Nein – zwischen «UT» und Ersatzpflicht gibt es Unterschiede. Geld ist hier keine Lösung.

Hintergrund: Wer aus medizinischer Sicht den Anforderungen des Militärdienstes genügt und bei der Erfüllung dessen weder die eigene noch die Gesundheit Dritter gefährdet, ist militärdiensttauglich. Wird man nach Gesuchstellung oder Musterung für untauglich (UT) erklärt, ist man aber noch nicht vom Haken. Grundsätzlich ist ersatzpflichtig, wer nicht in der Schweizer Armee ist. Es wird allerdings auch ersatzpflichtig, wer aufgrund des Studiums nicht im 20. Altersjahr die RS leistet. Geld anstelle von Militär funktioniert also nur bei doppelter Untauglichkeit, das heisst kein Militär, Zivilschutz und kein Zivildienst – und das ist selten.

Mythos 4: Wenn ich das Militär nicht will, gehe ich zum Zivildienst.

Wahrheit: Jein – die Möglichkeit existiert zwar je nach Person, während dem Übergangsprozess bleibt man aber militärdienstpflichtig.

Hintergrund: Die Ausführungen zu Mythos 3 beantworten diese Frage zwar schon etwas, über die Dauer der verschiedenen Möglichkeiten und die Hindernisse muss man sich aber im Klaren sein. Es ist nicht nur so, dass man im Zivildienst anderthalb Mal so lange Dienst leistet, also zwischen 368 bis 450 Tagen, aber auch werden die Hürden für eine Umteilung von Militär- zu Zivildienst stetig erhöht. Die Begründung, dass sich Studium und Dienst nicht vereinbaren lassen, ist grundsätzlich nicht ausreichend.

Mythos 5: Dann mache ich lieber ein soziales Jahr im Ausland.

Wahrheit: Schildkröten auf Galapagos zu pflegen klingt zwar verlockend, aber es erfüllt den Aspekt der Bürgerpflicht zu Gunsten der Schweiz nicht wirklich.

Hintergrund: Bedarf es wirklich einer Erklärung, warum dies so nicht akzeptiert wird?

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