Von einem sympathischen Blender

Mit den «Bekenntnissen des Hochstaplers Felix Krull» hat Thomas Mann einen zwar unvollendeten, nichtsdestotrotz aber sehr lesenswerten und humoristischen Roman geschaffen.

Eigentlich erscheint die Ausgangslage miserabel: Nachdem der Vater, ein regelmässig wilde Orgien feiernder Fabrikant, von billigem, aber gut vermarktetem Rheingauer Schaumwein, nicht nur pleite gegangen ist, sondern sich selbst auch noch erschossen hat, muss der junge Felix Krull nach Frankfurt ziehen. Selbst völlig verarmt, bleibt ihm nur der Anblick der Reichen und Schönen der Stadt. Zwar bessert sich seine finanzielle Lage, als er auf dem Weg zu seiner neuen Anstellung in einem Pariser Edelhotel die Juwelen einer Dame stiehlt, sein gesellschaftliches Ansehen jedoch nicht. Grundsätzlich also eine ungenügende Situation. Wäre da nicht Felix besondere Fähigkeit: Schnell in jede Rolle schlüpfen zu können, sich durch Eloquenz und Eleganz als jemand zu geben, der er nicht ist. Half ihm dies früher etwa, sich krank zu stellen, macht er sich so auch in Paris eine Reihe von Verehrern und lässt sich schliesslich darauf ein, anstelle eines Adeligen eine Weltreise anzutreten, die dieser von seinen Eltern verordnet bekommen hatte. Hier bricht, nach seinem ersten Stopp in Lissabon, die Geschichte ab.

Schlimm ist dies indes nicht, denn relevanter als ebenjene ist die Zeichnung von Felix Charakter, die den Roman unterhaltsam macht. Sich seiner blenderischen Fähigkeiten durchaus bewusst, reflektiert er innerhalb seiner Memoiren darüber, fühlt sich abschnittsweise schuldig, verteidigt sich vor dem Leser. All dies lässt ihn dem Leser auf eine amüsierende Weise sympathisch werden und macht, zusammen mit den detailreichen Schilderungen von Krulls Umgebung, insbesondere das Frankfurt und Paris des frühen 20. Jahrhunderts den Roman immer noch lesenswert!

Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull
84 Seiten
S.-Fischer-Verlag (1954)

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