Bereits im Assessment lehrt man uns HSGler in finanzieller Führung und dem Management komplexer Organisationen. Dass wir trotzdem nicht immun sind gegen finanzielle Debakel und organisatorische Probleme zeigt das Beispiel von Challenge the Best. Seit seiner Entstehung hat das Projekt öffentliche Mittel in der Höhe von 46’000 Franken verschlungen. Sind wir trotz der geballten Managementkompetenz an dieser Uni chronisch unfähig, die Risiken von studentischen Grossprojekten richtig einzuschätzen?
Als 2010 ein von der SHSG getragenes Grossprojekt mit dem ehrgeizigen Titel «Challenge the Best» auf das Parkett der studentischen Projekte trat, weckte das grosse Erwartungen. Alles, was Rang und Namen hat, sollte zusammen mit den talentiertesten Studierenden nach St. Gallen gelockt werden, um herrschende Denkmuster zu hinterfragen und über die Zukunft der Arbeit, Wasserknappheit und andere grossen Fragen unserer Zeit zu diskutieren. Rektor Thomas Bieger erkannte das Werbepotenzial für die Universität und nannte Challenge the Best ein «erhellendes Leuchtturmprojekt».
So verlockend die Vorstellung sein mochte, dass konzentrierte Intelligenz und unkonventionelle Ideen vom Rosenberg in die ganze Welt hinausleuchten, so problematisch war ihre Umsetzung. Noch nie konnte CtB ein ausgeglichenes Finanzergebnis präsentieren und schon mehrfach kam es unter den jeweiligen Organisatoren zu Konflikten.
Letztere erreichten im Herbst 2012 ihren vorläufigen Höhepunkt: Die damalige Vorsitzende trat nach internen Streitigkeiten um die Zuständigkeiten in der Teamleitung zurück – lediglich vier Monate vor dem Anlass. Zu diesem Zeitpunkt war erst knapp ein Viertel der budgetierten Einnahmen zugesichert und ein Verlust von über 50’000 Franken schien durchaus möglich. Trotzdem griff weder das Studentenparlament als Aufsichtsbehörde noch der Vorstand oder die Universität ein.
Wer schon einmal an der Organisation eines solchen Events beteiligt war, weiss, wie schnell sich kleine Meinungsverschiedenheiten unter dem hohen Druck zu verhärteten Fronten entwickeln können. Gerade deswegen findet Fabian Ferster, der den Vorsitz der Organisation im Dezember übernahm, mit Blick auf die Zukunft, dass man den Rekrutierungsprozess professionalisieren müsse. «Es gab weder Anforderungsprofile noch waren die Kompetenzen geregelt, als das Vorgängerteam uns konstituierte. Die unterschiedlichen Auffassungen darüber haben dann Schritt für Schritt zur Eskalation geführt.» «Es reicht nicht, bei der Zusammenstellung eines Teams mit solch grosser Verantwortung CVs zu lesen und 30 Minuten mit jemandem zu reden. Dazu braucht es Leute mit mehr Erfahrung und Menschenkenntnis», fordert Ingo Schönwandt, der die Konferenz 2011 mitorganisiert hat und seit vergangenem Herbst im strategischen Beirat sitzt.
Sinn und Zweck dieses Beirats wäre tatsächlich, eine langfristige Strategie für das Projekt zu entwickeln und Kontinuität zu ermöglichen. Das Problem: Mit Schönwandt war nur gerade eine Person überhaupt in Reichweite, um die Organisatoren zu unterstützen. Alle anderen weilten zur fraglichen Zeit im Ausland. «Der strategische Beirat muss näher an das Team heranrücken», ist Schönwandt überzeugt. «Ausgewiesene, erfahrene Menschen, Professoren und Praktiker sollten das Projekt begleiten und während der Vorbereitung eine gewisse Mitverantwortung übernehmen.» Auch Christian Tjaden, früherer Vorsitzender von CtB, sieht den Beirat in der Pflicht. «Trotzdem», so Tjaden, «bleibt ein Restrisiko».
In erster Linie krankt Challenge the Best aber an einer anderen Stelle, wie die Initianten selbst zugeben: Die vier Konferenzen weisen einen kumulierten operativen Verlust von 46’000 Franken aus, wenn man die Defizitgarantien von Studentenschaft und Rektorat, die wir alle tragen, herausrechnet.
Die ersten drei verlustreichen Symposien fanden formal unter dem Dach der SHSG statt. Die dritte Rechnung war erstmals annähernd ausgeglichen, wie Insider berichten, vor allem auf Druck des damaligen SHSG-Präsidenten Philipp Wellstein. Nichtsdestotrotz entschied man sich, das Projekt in eine teilselbständige Initiative mit einem Eigenkapital von 80’000 Franken und einer grösseren Unabhängigkeit auszugliedern. Die Aufsicht blieb beim StuPa – zumindest theoretisch.
So resultierte die diesjährige Durchführung schliesslich in einem Verlust von knapp 18’000 Franken, die Ausgaben von 48’400 Franken konnten bei Weitem nicht gedeckt werden. Immerhin ist es in den wenigen Wochen nach der erwähnten Rochade im Dezember gelungen, weitere 15’000 Franken an Sponsorengelder sowie Naturalspenden aufzutreiben und nicht unbedingt notwendige Ausgaben zu streichen.
Diese Teamleistung verdient unseren Respekt. Die Kritik kann demnach auch nicht darauf abzielen, dass CtB die vorhandenen Mittel verantwortungslos einsetzt – zumindest nicht mehr. Die Ausgaben sind mit 1’200 Franken pro Teilnehmenden für vier Tage zwar nach wie vor sehr hoch, doch können die Verantwortlichen deren Notwendigkeit glaubhaft erklären. Eine professionelle Moderation oder die Übernahme der Reise- und Verpflegungskosten aller Teilnehmer und Experten sind nun einmal gang und gäbe, wenn man als international attraktive Konferenz glänzen und nicht in den Rang einer besseren Klassenfahrt ab rutschen will. «Teilnehmerbeiträge widersprechen dem zentralen Anspruch von CtB: Jeder Student, der sich mit seinem Essay qualifizieren kann, soll unabhängig von seinen finanziellen Verhältnissen an der Konferenz teilnehmen können», sagt Tjaden.
Das Problem ist vielmehr, dass aufgrund der fehlenden Kontinuität und Kontrolle die finanziellen Risiken systematisch unterschätzt werden und niemand rechtzeitig den Riegel schiebt. Auch die Verantwortlichen sehen das mittlerweile ein. «In dieser Art und Weise sind wir nicht überlebensfähig», sagt Ferster gegenüber dem Parlament und schlägt eine «Selbstfindungsphase» vor. Obwohl die Bereitschaft einiger Vertreter, mit ihren Studiengebühren eine kleine Gruppe ausländischer Konferenzteilnehmer zu subventionieren, langsam an ihre Grenzen stösst, hält das Parlament in einer Konsultativabstimmung mit dreizehn zu sieben zumindest vorläufig an Challenge the Best fest.
Lohnt es sich, weiter in die Marke CtB zu investieren? Oder sollten wir das elitäre Leuchtturmprojekt besser dem rauen Meer von Konferenzen und Symposien überlassen? Ist das Risiko, das im Gegensatz zu den meisten anderen Projekten die Allgemeinheit trägt, vertretbar? All diese Fragen, über die in den nächsten Wochen hoffentlich kontroverser diskutiert wird als bisher, lassen sich letztlich auf eine reduzieren: Wie lernfähig ist Challenge the Best?