Wenn sich zwei Studierende einen Stuhl teilen

Der neue Lehrpavillon ist Provisorium und Stromproduzent in einem. Trotzdem bleiben die Platzverhältnisse an der Universität kritisch. Bis 2022 erwartet die HSG rund 9’000 Studenten.

Wir wissen es schon lange: An der HSG hat es eigentlich zu wenig Platz für uns. Hätten alle Studentinnen und Studenten zur selben Zeit Vorlesungen oder Seminare, müssten sich drei von ihnen einen einzigen Stuhl teilen. Das ist jetzt Vergangenheit. Seit der Eröffnung des Lehrpavillons hat sich die Lage etwas entschärft. Knapp ist der Platz zwar immer noch, durch die 732 neu geschaffenen Plätze über der Tiefgarage hat sich das Verhältnis aber auf zwei Studierende pro Stuhl reduziert.

Der Lehrpavillon – so gross wie zehn Einfamilienhäuser – sichert nicht nur mittelfristig die Platzbedürfnisse an der HSG, er ist zudem auch noch ein Stromlieferant: Durch die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Gebäudes können jährlich rund 550’000 Kilowattstunden Strom ins lokale Netz eingespeist werden. Das entspricht dem Stromverbrauch von rund zehn Haushalten, was wiederum rund 48.3 Tonnen CO2 entspricht.

Das verwendete Holz (rund 495 Kubikmeter) wächst in Schweizer Wäldern in rund dreissig Minuten nach. Über die drei Stockwerke verteilt sind zwei grosse Hörsäle mit je 100 Plätzen, acht Seminarräume mit je 49 Plätzen und 12 Gruppenräume entstanden. Die Universität ist Leasingnehmerin des Gebäudes; vorerst soll das Provisorium für zehn Jahre stehen bleiben.

Speziell am Gebäude ist ausserdem die Elementbauweise: Wird das Gebäude an der HSG einmal nicht mehr gebraucht, lässt es sich leicht in einzelne Teile zerlegen und an einem anderen Ort wieder aufstellen. Betrachtet man allerdings die steigenden Studierendenzahlen, wird es mittelfristig soweit wohl eher nicht kommen. Anlässlich der Eröffnung des Pavillons haben Verwaltungsdirektor Markus Brönnimann und Rektor Thomas Bieger an einer Medienveranstaltung über die Platzverhältnisse an der Universität informiert. Schnell wird klar: Die Situation hat sich seit der Anmietung des Gebäudes an der Tellstrasse 2 und des Pavillonbaus verbessert, doch die Raumkapazitäten hinken den steigenden Studierendenzahlen weiterhin hinterher: «Bis 2022 erwarten wir zwischen 8’000 und 9’000 Studierende», sagt Brönnimann.

Im Herbstsemester 2013 waren 7’666 Studierende an der HSG eingeschrieben. Langfristig sind solche Zahlen auch für das Bibliotheksgebäude zu viel, wurde es doch 1989 für nur 3’500 Studierende gebaut. «Das entspricht den heutigen Anforderungen nicht mehr», sagt Thomas Bieger. Wir wissen alle nur zu gut, wovon er spricht: Anstehen für einen Platz in der Bibliothek in der Lernphase und Plätze besetzen im Audimax. «Eine Erweiterung ist dringend», sagt Bieger.

Während die Raumanforderungen vorläufig erfüllt sind, arbeiten die kantonalen Departemente für Bau und für Bildung bereits akribisch daran, die Platzkapazitäten auch für die Zukunft zu sichern. Abklärungen über eine räumliche Erweiterung sind bereits im Gange. Vielleicht lässt sich mit dem Bau eines weiteren Provisoriums auch ein weiterer Mangel an der Universität St. Gallen verringern, welcher auch im neuen Lehrpavillon nur spärlich berücksichtigt wurde: Es fehlen nämlich die Steckdosen.


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