Wie viel ist der HSG-Bachelor wert?

Die HSG limitiert ihre Masterstudiengänge gegenüber den eigenen Bachelorabsolventen. Jene, welche ihren Bachelor mit weniger als einer 5.0 abschliessen, haben bei einigen der angebotenen Masterstudiengänge keine realistische Chance zugelassen zu werden.

Trotz überstandenem Assessmentjahr und erfolgreichem Bachelorabschluss stehen den HSG-Studenten an der eigenen Universität nicht alle Türen offen. Für die Zulassung zu den Masterstudiengängen Banking and Finance (MBF) und Strategy and International Management (SIM) muss der B.A. HSG eine Mischleistung aus GMAT, Notenschnitt, Motivationsschreiben und extracurricularen Aktivitäten erbringen. Zur Aufnahme des neuen Studiengangs in Organisation und Kultur (MOK) sind indes mindestens ein 5.0-Schnitt vorzuweisen sowie Essay und Motivationsschreiben einzureichen.

Mit weniger als einem 5.0-Schnitt kann man von MBF, SIM und MOK nur träumen

Die Schwierigkeit, die Zulassungskriterien zu erfüllen, sei an einem Beispiel verdeutlicht. Unser Beispielstudent Hans Muster schloss seinen BWL-Bachelor mit 4.8 ab. Hans arbeitet parallel zu seinem Studium bei einer namhaften schweizerischen Grossbank und möchte sich im MBF-Programm einschreiben. Das Punktemaximum beträgt 105 Punkte. Um direkt in den Masterstudiengang aufgenommen zu werden, muss Hans über alle vier Kategorien 80 Punkte oder in der Kombination GMAT plus Notenschnitt 70 Punkte erreichen. Bei der aktuellen Gewichtung erhält er für seinen Schnitt im Bereich Notenschnitt 18 von 30 möglichen Punkten. Mit dieser Voraussetzung gibt es für Muster keine Möglichkeit, die Kombi-Variante zu erfüllen. Im extracurricularen Bereich erzielt Hans eine niedrige Punktzahl, da er neben seiner Arbeit kaum Zeit für Vereinsaktivitäten gefunden hat. Dies sei mit 5 von 15 Punkten bewertet. Zwischenstand: 23 von 45 Punkten. Um jetzt noch seinen Wunsch-Master in Angriff nehmen zu dürfen, benötigt er im GMAT die Höchstpunktzahl; vorausgesetzt er erreicht 7 von 10 Punkten im Motivationsschreiben. Infolge seines Notenschnitts darf Hans in allen MBF-Kriterien insgesamt nur 12 Punkte verlieren. Das SIM- Auswahlverfahren gestaltet sich für Hans noch schwieriger, dort darf er maximal 8 Punkte einbüssen. Mit seinem 4.8-Schnitt erfüllt er die 5.0-Hürde im MOK von Anfang an nicht, womit sich sämtliche Rechnerei erübrigt.

Master-Selektion benachteiligt die Hälfte der Bachelor-Absolventen

Das geschilderte Beispiel und dessen Ausgangslage trifft laut dem Graduate Survey Report 2010 der Universität St. Gallen auf 56 Prozent aller Bachelorabsolventen zu. So viele Studierende erzielen laut der Untersuchung einen Schnitt unter der goldenen Fünfer-Grenze. Diesen Studenten bleibt die freie Wahl aus den HSG-Master-Programmen verwehrt, da sie die Zulassungsbedingungen zu den drei speziellen Mastern kaum erfüllen können.

Auf Anfrage kommentiert der Studiensekretär Dr. Jan Metzger die Master-selektion wie folgt: «Die HSG beschränkt gezielt die Zulassung zu denjenigen Programmen, in welchen aufgrund der gestiegenen Nachfrage die Qualitätsziele gefährdet sind beziehungsweise waren. Die Beschränkung der Masterzulassung trifft Bewerber mit HSG- und mit externen Abschlüssen gleichermassen, da die HSG gemäss Vorgaben der SUK (Schweizerische Universitätskonferenz) an die Gleichbehandlung im Sinne der Lissabonner Konvention gebunden ist.» Durch die Beschränkungen sollen die akademische Qualität des Unterrichts und die Wettbewerbsfähigkeit der Absolventen sichergestellt werden.

Diese Gründe für eine zweite Selektion an der HSG sind jedoch kaum nachvollziehbar. Schliesslich haben alle Bachelorabsolventen die gleichen Prüfungen abgelegt und bestanden, warum also eine weitere Auswahl? Die Assessmentschranke dient dazu, die Verschiedenartigkeit der Gymnasialabschlüsse auszugleichen. Nach Bestehen des Assessmentjahres kann zwischen den vier Bachelorstudiengängen frei gewählt werden. Die Bachelorabsolventen stellen jedoch bereits eine homogene Masse dar und unterscheiden sich einzig durch ihre Notenschnitte. Es ist also unklar, welche Qualitätsangleichung durch die zweite Selektion angestrebt wird. Wieso können die B.A. HSG nicht zwischen allen Masterstudiengängen auswählen? Es kann doch nicht sein, dass die eigenen Studenten für einige Masterstudiengänge nicht gut genug sind.

Den Absolventen des HSG-Bachelorstudiums sollten alle Masterstudiengänge offen stehen. Im Assessmentjahr und im Bachelor wird die Frage, wer vom Student zum B.A. HSG wird, durch die Notenverteilung und die Minuspunkte geregelt. Da die Kriterienbewertung zur Erreichung eines Masterabschlusses über die gleichen Praktiken erfolgt, wird im Master von selbst eine Auswahl stattfinden. Es bleibt zu hoffen, dass an der HSG künftig die Note 4 wieder von allen Instanzen – ohne Ausnahme – als genügend anerkannt wird.


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