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My World Wide Trash - prisma

My World Wide Trash

Mit unseren täglichen Aktivitäten im Netz hinterlassen wir eine Vielzahl an Spuren. Dabei stellt sich die Frage: Einmal online, immer online? Brigitte
Läderach vom Career Service Center gibt Auskunft.

Wer kennt es nicht, das leicht nervöse Gefühl, wenn man den eigenen Namen langsam in die Google-Suchmaschine eingibt, in der Hoffnung, keine allzu beschämenden Resultate zu erhalten? Was, wenn ein Bild von dem einen ausschweifenden Abend im Ele auffindbar ist? Was tun, wenn das für die (Ex-)Angebetete bestimmte intime Foto erscheint? Oder wenn man im Netz ordentlich über den Chef gelästert hat? Gibt es Möglichkeiten, solch beeinträchtigendes Beweismaterial zu eliminieren, bevor man sich für die Traumstelle bewirbt?

Den digitalen Fingerabdruck managen

Der erste Schritt zur Gestaltung des guten Ansehens im Netz – des so genannten Reputation Managements – ist, herauszufinden, was über die eigene Person überhaupt zu finden ist. Nicht alle Spuren im Netz sind digitaler Müll, wie Brigitte Läderach vom Career Services Center erklärt: «Einem Marketing-Absolventen kommt ein feuchtfröhliches Partyfoto beruflich weniger in die  Quere als jemandem, der Staatsanwalt werden möchte.» Natürlich machen sich Personalverantwortliche je nach zukünftiger Position und öffentlicher Sichtbarkeit des Bewerbers mehr oder weniger Mühe, das Netz zu durchkämmen. Ein Praktikant wird mit grosser Wahrscheinlichkeit anders geprüft als ein Topmanager. Auch gehen nicht alle Arbeitgeber gleich vor.

Bei Young & Rubicam kann es beispielsweise durchaus vorkommen, dass ein Bewerber über Google gesucht wird. Sandra Kramer, HR-Verantwortliche bei Y&R, relativiert jedoch: «Gegoogelt wird meistens erst in der zweiten Runde, wenn die Person im Interview nicht vollständig überzeugen konnte.» Die Information aus dem Netz dient hier vor allem dazu, einzuschätzen, ob die Person ins Team passen würde. Der Fall, dass Daten im Internet gleich ein Ausschlusskriterium sind, noch bevor der Bewerber
persönlich zum Interview eingeladen wird, sei ihr zumindest bei Y&R noch nie begegnet. «Doch das Netz als Informationsquelle zur Überprüfung des Lebenslaufes ist schon fast unerlässlich», sagt Kramer.

Etwas unglücklicher erging es einem HSG-Bachelorabsolvent, der prisma von seinem Interview bei einer St. Galler Vermögensverwaltung erzählte. Bei diesem wurde er mit seinem Facebook-Profilbild konfrontiert und musste sich in diesem Zusammenhang zu kritischen Fragen zu seiner Persönlichkeit äussern. Dies mag ein Extremfall sein, aber früher oder später gegoogelt zu werden, damit muss man rechnen. Deshalb lieber heute schon ein paar Gedanken in die eigenen digitalen Spuren investieren.

Die Frage nach allgemeinen No-Go-Inhalten beantwortet Läderach mit einem Vergleich: «Alles, was man im realen Leben in der breiten Öffentlichkeit nicht tun würde, ist auch im Netz zu unterlassen.» Neuere Dienste wie yasni.ch – eine Netzsuchmaschine
für Personen – helfen dabei, sich ein Bild vom eigenen Aufritt zu machen. Dabei können die Nutzer die Suchergebnisse zu ihrer Person kostenlos differenzieren und gewichten. Automatisch aus dem Netz gelöscht wird damit aber noch nichts! Bestenfalls werden unliebsame Spuren auf die hinteren Ränge bei Suchergebnissen verdrängt. Doch was kann man tun, wenn ein wirklich
unwillkommenes Foto einmal im Netz herumschwirrt?

Das Entsorgungsprozedere und seine Tücken

Die gute Nachricht zuerst: Digitaler Müll kann theoretisch entsorgt werden. Die schlechte Nachricht: Es ist mit hohem Aufwand, Kosten und praktischen Hindernissen verbunden. Grundsätzlich gilt, dass das Problem an der Wurzel angegangen werden muss: Wenn beim Googeln unbequeme Inhalte auftauchen, müssen diese auf der Website gelöscht werden, auf der sie hochgeladen wurden – Suchmaschinen indexieren lediglich, was anderswo publiziert wurde. Je nachdem kann man die Inhalte selbst löschen,
oder der Webseitenbetreiber muss darum gebeten werden. Jedoch kann persönlicher Internetmüll – nachdem er an der Quelle entfernt wurde – trotzdem noch im Netz auffindbar sein. Wie sich dieser Knackpunkt erklären lässt? Einmal ausgesetzte  Informationen werden gespeichert, gesammelt, weiterverbreitet und anderswohin kopiert. Suchmaschinen speichern oft eine
Kopie der Seite im Cache, sodass diese gefunden werden kann, selbst wenn sie nicht mehr online ist. Darüber hinaus speichern Browser gewisse Inhalte lokal auf dem Computer. So bleiben Daten auf den Rechnern von Websitebesuchern verfügbar, auch nachdem sie gelöscht wurden, und können so auch wieder veröffentlicht werden.

Säuberung als neuer Markt

«Wenn wirklich ein ernsthaftes Missgeschick im Netz gelandet ist, kann es sich durchaus lohnen, einen Profi anzustellen», findet Läderach. Dass Betreiber von grösseren Webseiten täglich mit mehr oder minder berechtigten Löschanfragen überschwemmt werden, erstaunt kaum. Entsprechend ist Durchhaltevermögen gefragt. Zudem trifft man beim Betreiber möglicherweise nicht auf das erhoffte Verständnis. Dem Laien mag das Wissen fehlen, welche Rechtsansprüche er tatsächlich hat. Läderach erklärt, es gehöre zu den Leistungen der Anbieter, in diesem neuen, aufkeimenden «Säuberungsmarkt» sowohl nach Ergebnissen zu suchen, die einem selbst entgehen, als auch mit grossen Webbetreiber zu verhandeln und gegebenenfalls entsprechende Rechtsmittel zu ergreifen.

Natürlich hätte man diese Probleme nicht, wenn man einfach etwas länger überlegen würde, bevor man sich auf  kompromittierende Weise ablichten lässt oder deplatzierte Meinungen veröffentlicht. Doch wie heisst es so schön: Im Nachhinein
ist man immer schlauer. Für alle Spätlerner bieten unsere Infos erste Hilfe im Falle ausufernder Internet-Peinlichkeiten.

Daten selber löschen step-by-step

  • Du löschst den Inhalt auf der Website, auf der er veröffentlicht wurde oder bittest den Betreiber darum. Kontaktdaten findest du beim Impressum.

  • Nach dem Löschen ist der Inhalt eine Weile weiterhin bei Suchmaschinen zu finden, nämlich bis der Index von der Suchmaschine aktualisiert wurde (die Website gecrawlt wurde). Wenn es eilt, weil ein Inhalt besonders heikel ist, kannst du bei Google über ein Tool («Remove outdated content») die sofortige Entfernung veralteter Inhalte beantragen. Achtung: die Beantragung der Entfernung aus den Suchergebnissen muss für jeden Link einzeln erfolgen!

  • Der Ausnahmefall: In spezifischen Fällen kannst du Google direkt angehen, ohne dass der betreffende Inhalt von der Ursprungswebsite entfernt wurde, beispielsweise wenn deine Kreditkartennummer googlebar ist. Welche Fälle dies sind, ergibt sich aus den Removal Policies. Der Inhalt ist indes nicht gelöscht, er ist weiter über den Direktlink und andere Suchmaschinen auffindbar.

  • Eine Alternative zum Löschen eines unliebsamen Inhalts – wenn dies vielleicht nicht möglich ist – ist das Verdrängen auf die hinteren Ergebnisse bei Suchmaschinen. Nebst Yasni gibt es weitere Dienste, die Informationen so aufbereiten, dass sie von Suchmaschinen bevorzugt gefunden werden.


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