41.22 Zentimeter mehr Anonymität
Neuerdings verschönern rund 41.22 Zentimeter hohe, bunte Trennwände die Bibliothekslandschaft. Die gewaltig gesteigerte Anonymität wird von allen, die mit anderen Erdenbürgern zu teilende Zugabteile nicht riechen können, vergöttert. Obendrein hat sich auch funktionell einiges getan: Schneeweisse Zauberwürfel mit drei Steckdosen und zwei USB-Anschlüssen lassen keine elektronischen Geräte mehr an Strommangel leiden. Mit zwielichtigen Aktionen bei schummrigen Lichtverhältnissen ist ebenfalls Schluss: Es wurden überaus tüchtige Beleuchtungskörper montiert.
Was will der büffelnde Student noch mehr? Mehr Individualität? Kein Problem, mit dem frechen, farbenprächtigen Konzept wurde selbst diesem Aspekt Rechnung getragen. Nachfolgend ein Leitfaden zur Auswahl eines für einen spezifischen Charakter adäquat farbigen Lernplatzes: Die in Orange gehaltenen Arbeitsplätze eignen sich für introvertierte Schlaftabletten: Die Farbe der Holländer wirkt inspirierend und symbolisiert Kontaktfreudigkeit. In grauen Trennwänden sollte der Wohlfühlgrad von Mitte-Politiker und Gutmenschen spitze sein: Die Farbe steht für Kompromissbereitschaft und Unauffälligkeit. Burnout-gefährdete Studenten sollten es mit einem Lern-Tag inmitten grüner Grenzwälle versuchen: Die Farbe der Hoffnung wirkt beruhigend und weckt neues Potential im Menschen.
Ausserdem verfügen die Barrieren über einen nicht zu verachtenden Nebeneffekt: Dank ihrer speziellen Beschaffenheit schlucken die Abgrenzungen Lärm – wenn auch nur in überschaubarem Rahmen. Doch gegen übermotiviert in die Tasten hämmernde Studiengenossen sowie unverbesserliche «Rotz-Schnupfer» ist selbst das ein Lichtblick. Unbefriedigende Lernvoraussetzungen in der Bibliothek müssen künftig definitiv nicht mehr als Ausrede hinhalten.