Business School von internationaler Bedeutung – an diesem Image will die HSG weiterhin feilen. Mittel zum Zweck: Die Master-Programme kontinuierlich exklusiver zu machen. Der Bachelor garantiert noch lange nicht den Master-Zugang.
Der neue HSG-Imagefilm, der als französische Liebesgeschichte daherkommt, soll Maturanden, Abiturientinnen und High School-Absolventen auf der emotionalen Ebene für die HSG begeistern. Neben der Qualität von Lehre und Forschung ist entscheidend, ob die HSG die von ihr gemäss offizieller Vision angestrebte Rolle als «eine der führenden Wirtschaftsuniversitäten Europas» glaubhaft verkörpern kann.
Imagepflege auf allen Kanälen
Besagter Film ist dabei nur eines von vielen Puzzleteilen, aus denen dieses visionäre Gesamtbild konstruiert werden soll: Ein ausgefeilter Social-Media-Auftritt, der nützliche Alltagsinformationen mit neuesten Forschungsergebnissen kombiniert; die schrittweise Öffnung auch der Bachelor-Programme für internationale Studenten; die Entwicklung einer Vielzahl von neuen MBA-Programmen sowohl als Marketing-Instrument als auch als Einnahmequelle – auf verschiedensten Ebenen hat die HSG Initiativen durchgeführt, um den eigenen Namen bekannter zu machen.
Denn: Mehr denn je stehen Business Schools wie die HSG unter dem Druck, sich durch eine ausgeprägte Marke differenzieren zu müssen. Durch die zunehmende Globalisierung der Arbeitswelt werden auch die Studentinnen und Studenten mobiler; unsere Alma mater befindet sich nicht mehr nur im Wettbewerb mit deutschsprachigen, sondern auch mit weiteren europäischen, amerikanischen und asiatischen Universitäten. Gleichzeitig erhöhte der Bologna-Prozess die Vergleichbarkeit der Abschlüsse und neue Business Schools schiessen wie Pilze aus dem Boden, während die finanziellen Mittel vom Kanton beschränkt sind und die alten Namen Josef Ackermann und Martin Blessing langsam aber sicher verblassen.
Vorbild Ivy League?
Als Reaktion auf diese Trends – so gewinnt man den Eindruck – orientiert sich die HSG in vielen Aspekten an den US-amerikanischen Ivy League-Universitäten, die bereits einen Schritt voraus sind: Da das Studium hier eine viel kostspieligere Investition als in Europa darstellt und der Begriff «Universität» nicht geschützt ist, begannen die privaten Institutionen schon früh mit der eigenen Vermarktung. Ein Career Services Center oder eine ausgeprägte Präsenz in den Medien gehören schon seit Langem zum Repertoire. Doch mittlerweile ist hier auch die HSG durch die Implementierung entsprechender Massnahmen nachgezogen.
Eine spezielle Massnahme, welche die HSG aus den USA übernahm, stand dabei in den letzten Jahren immer wieder in der Kritik ihrer eigenen Studenten: die Beschränkung der Zulassung zu bestimmten Master-Programmen. Im Moment sind dies für diejenigen, die an der HSG ihren Bachelor erworben haben, der Master in Strategy and International Management (SIM) und derjenige in Banking and Finance (MBF). Bei beiden wird über ein Punktesystem über die Aufnahme entschieden: Für Bereiche wie Bachelor-Note, GMAT-Ergebnis, Lebenslauf und Motivationsschreiben werden Punkte vergeben; ab einer bestimmten Punktzahl ist man zugelassen. Insbesondere mit dem ersten Bereich als Kriterium waren die lokalen Studenten in der Vergangenheit häufig nicht einverstanden: Bereits im März 2011 berichtete prisma, dass es aufgrund der herrschenden Notengebung für 56 Prozent der Anwärter schwierig bis unmöglich wird, in eines der beiden Programme aufgenommen zu werden.
Beschränkung neu auch für MIA
Neu kommt das Punktesystem auch für den Master in International Affairs zur Anwendung, auch wenn zu Beginn für «HSG-Eigengewächse» noch eine Übergangsregelung besteht. Danach – und für externe Bewerber bereits jetzt – werden auch Berufserfahrung, die GMAT- oder GRE-Note und Schriftproben wie die Bachelor-Arbeit in die Aufnahmeentscheidung miteinbezogen.
Hintergrund für die Beschränkung dürften dabei zwei Gründe sein: Zum einen scheinen exklusivere Studienprogramme als hochwertiger zu gelten. Wenn diverse Onlinemedien bei Berichten über Master- und MBA-Programme die Aufnahmequoten von Stanford (6.3 Prozent), Harvard (11.3 Prozent) und Co. erwähnen, schwingt immer auch eine elitäre Atmosphäre mit. Zum anderen werden von Studenten sowie der Öffentlichkeit trotz der damit einhergehenden Vereinfachung immer häufiger auch Rankings konsultiert, um die Qualität der Lehre an einer Universität einzuschätzen. Betrachtet man exemplarisch das in HSG-Kreisen häufig zitierte Financial Times Ranking, so fällt auf, dass zumindest der SIM bereits im Hinblick auf die Kriterien dieses Rankings hin strukturiert wurde. Insbesondere die für HSG-Verhältnisse überdurchschnittliche Internationalität von Studenten- und Professorenschaft sticht hervor, zudem nennt der Jahresbericht der HSG «employability trainings» und «sponsorship workshops» als Bestandteile des SIMs.
Dabei können Zulassungsbeschränkungen auch für die nicht zum jeweiligen Programm zugelassenen Studenten sinnvoll sein. Trotzdem empfinden viele das System als ungerecht.
Politikum «Wert des HSG-Bachelors»
Kern der Kritik ist (neben der Gefahr eines «Kulturverlusts» durch auswärtige Studierende), dass gute Noten an anderen Universitäten leichter zu erhalten seien und deren Absolventen demnach bei der Bewerbung bevorteilt würden. Diese Meinung ist scheinbar so präsent, dass sich damit sogar Wahlkampf betreiben liess: Philipp Wellstein, der später zum SHSG-Präsidenten gewählt wurde, setzte hier den Schwerpunkt seiner Wahlkampagne. Nach erfolgreicher Wahl war denn auch eines seiner ersten Statements im prisma: «Aber wenn ich hören muss, dass Studieninteressierten anscheinend empfohlen wird, lieber einen Bachelor an einer FH oder ein Fernstudium irgendwo im Ausland an dubiosen Unis zu absolvieren, um bessere Noten und somit grössere Chancen für die Masterzulassung in St. Gallen zu haben, dann ist das eine besorgniserregende Entwicklung.» In der Folge versprach Wellstein, dass er sich um eine Aufwertung des HSG-Bachelors bemühen werde.
Eine Möglichkeit, von externen Studentinnen und Studenten mehr zu verlangen als von jenen, die bereits den HSG-Bachelor in der Tasche haben, sind Ergänzungsleistungen. In der Praxis erweist sich dieses System jedoch als intransparent und ungeeignet, weil sie für viele das Studium unnötig verzögern.
Kein Heimatschutz für HSG-Bachelors
Darüber hinaus kann die Universitätsleitung indes wenig unternehmen, will sie nicht alle Zulassungsbeschränkungen aufheben und damit den oben beschriebenen Qualitätsverlust der Flaggschiffprogramme in Kauf nehmen: Gemäss Art. 3 Abs. 4 der «Richtlinien für die koordinierte Erneuerung der Lehre an den universitären Hochschulen der Schweiz im Rahmen des Bologna-Prozesses» dürfen Studierende mit Bachelor-Abschluss von der eigenen Universität nicht gegenüber sonstigen Bewerbern bevorzugt werden.
Dementsprechend schwierig gestaltet sich denn auch die Lösungsfindung. Denkbar wäre, das allgemeine Niveau der Noten auf Bachelor-Stufe zu erhöhen – doch die Noteninflation ist nur eine fadenscheinige Lösung, wird sie doch genau auf Master-Stufe bereits beklagt, da sie die Möglichkeit zur Differenzierung nimmt. Es bleibt also bei einem Flickwerk von Zulassungskriterien, Ergänzungsleistungen und Ausnahmen – aber die Zeiten, in denen der Master der logische Schritt nach dem Bachelor ist, werden wohl schon bald vorbei sein.