Am Montag lud die Universität St. Gallen zum jährlichen Mediengespräch, in welchem der St. Galler Bildungsdirektor Stefan Kölliker, der Rektor Thomas Bieger und die Prorektorin für Internationalisierung und Regionale Verankerung Ulrike Landfester Auskunft über die Entwicklung der HSG gaben und eine Bilanz über das vergangene Jahr zogen. Dem regelmässigen prisma-Leser dürfte das meiste schon bekannt sein: Der Campusausbau, die grössere finanzielle Autonomie, die Weiterentwicklung der Lehre inklusive einzelner MOOCs und auch der Versuch in einzelnen Themenbereichen ein globales Profil auszubauen inklusive auf BRIC-Länder ausgelegter Hubs. Worüber, zumindest wir, hingegen, noch nie berichtet haben, ist die laufende Abklärung, ob in Zukunft eventuell auch Medizinstudenten an der HSG ausgebildet werden könnte. (siehe Video ab 6 Min 36 Sek).
Organisiert vom Capesize Commodity Club besuchten Studenten aus Zürich und St. Gallen das FIFA-Hauptquartier in Zürich und trafen sich mit Mr. FIFA persönlich. Das Bild das Sepp Blatter an diesem Nachmittag abgab, stand in krassem Gegensatz zu seiner medialen Wahrnehmung und es fiel einem schwer zu glauben, dass es sich bei diesem charismatischen Walliser Charmeur erster Güte tatsächlich um einen unnahbaren Mafiaboss oder Diktator handeln soll. Zugegeben, die beiden Organisatoren, welche das Gespräch moderierten, haben es ihm auch leicht gemacht, indem sie mit einer Reihe an “weichen” Fragen begannen und nach seinem Lieblingsalkohol (Blatter: “Das Leben ist zu kurz für offenen Wein.”), seiner Lieblingsposition (“9”, “Mittelstürmer”) oder seinen Fahrgewohnheiten (Am Morgen sitzt er selber am Steuer. Am Abend, nach getaner Arbeit, lässt er sich chauffieren.) fragten. Ein, zwei Witze und Walliserdytsche Begriffe wie “Dü” und “Chopfä” (sich einen Kopf machen) später hatte der Noch-Präsident das Publikum bereits im Sack. Dieser genoss es sichtlich ohne Security und ohne die steten Angriffe auf seine Person ein bisschen über Fussball und die Welt zu plaudern und verweilte auch nach der Q&A Session noch zum Apéro, wo er gutgelaunt für Fotos posierte.
Die freundliche Atmosphäre soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch ernste Themen diskutiert wurden. “Klar berührt mich das!”, meinte Blatter, auf die harsche Kritik an seiner Person in den Medien angesprochen. Es sei belastend wenn Zeitungen nur Bilder von ihm verwenden würden, auf welchen er „noch nicht einmal lächle“, und wenn er etwa auf dem Titelbild des Spiegels als korrupt bezeichnet werde. Selbst in irgendeine Form der Korruption verwickelt zu sein streitet er dann auch vehement ab. Man habe ihm schon so oft etwas anhängen wollen, dass es längst zu Tageslicht gekommen wäre, wenn er tatsächlich etwas Illegales getan hätte, meinte er. Räumte aber gleichzeitig auch ein, dass Fehler gemacht wurden und zu viel geduldet wurde. “Wer nichts macht, macht auch keine Fehler.” Er mache viel, da geschehe halt auch einmal der eine oder andere Fehler.
Er erzählt dann auch lieber von den Erfolgen, zum Beispiel davon wie eine Norwegerin 1986 beim FIFA-Kongress den damaligen Präsidenten João Havelange fragte wieso der Frauenfussball im FIFA-Bericht nur mit einem kleinen Satz erwähnt werde und dieser einfach auf seinen Generalsekretär, also Blatter, verwies. Dieser machte sich darauf daran dies zu ändern und bereits 1991 organisierte die FIFA die erste Frauenfussball-WM. Heute sind 15% der Ausschüttungen der FIFA an die Nationalen Verbände zweckgebunden zur Förderung von Frauenfussball und alle 209 Verbände ausser Saudi-Arabien beantragen diese Prozente auch. Gerade in nicht-westlichen Ländern trage der Fussball oft zur Gleichberechtigung der Frau bei und als er sich etwa 2013 mit dem frischgewählten iranischen Präsidenten Hassan Rohani traf, habe er sich dafür stark gemacht, dass Frauen endlich auch in Stadien zugelassen werden, erzählt Blatter. Alles was man aber in den Medien aber je über ihn und Frauenfussball lese, sei sein Vorschlag für femininere Tenüs.
Fussball sei für ihn mehr als nur ein Spiel. Er habe bei der FIFA 1975 als “Development Officer” begonnen und sei dies auch immer geblieben. Um dies zu unterstreichen, wollte er schon als Generalsekretär eine UNO-Flagge am FIFA-Hauptquartier aufstellen lassen, Havelange pochte jedoch auf die Nichteinmischung in politische Angelegenheiten. Nun weht sie, sagt er, und zeigt Stolz nach draussen. “Macht kommt von machen.” Der Rückhalt in den Nationalverbänden habe er sich nicht erkauft sondern erarbeitet. So habe er etwa versprochen die WM nach Afrika zu bringen und dieses Versprechen auch eingehalten.
Nicht nur Blatter gab sich ungebeugt, auch Alexander Koch, der Deputy Head of Corporate Communication, welcher die Gruppe durch das Gebäude führte, widersprach dem “FIFA-Bashing” in den westlichen Medien vehement. Es sei zwar sicher nicht alles nur Heiterkeit und Sonnenschein am Zürichberg, aber die Kritik an der FIFA und dessen Präsident stehe in keinem Massstab zur Realität und sei zum Teil auch schlicht und einfach falsch. So wie etwa die Behauptung die FIFA zahle nichts für die WM, obwohl diese in Realität in einem Vierjahreszeitraum mit mehr als 2 Milliarden Kosten für die FIFA verbunden sei, wie er vorrechnete. Auch die Reserven in der Höhe von 1.5 Milliarden (welche übrigens in Staatsanleihen gehalten werden) seien absolut gerechtfertigt, wenn nicht gar zu tief. Alle Einnahmen der FIFA beruhen de facto auf einem Event: Der Fussballweltmeisterschaft der Herren. Alle anderen 27 Fussballweltmeisterschaften, die innerhalb eines 4-Jahres-Zyklus stattfinden sind defizitär. Die Abhängigkeit von diesem Event ist enorm und das Ausfallrisiko real. Darüber hinaus sei der derzeitige wirtschaftliche Erfolg der FIFA auch nicht keine Selbstverständlichkeit. 1998, bei Blatters Antritt als Präsident, schrieb die FIFA noch Rote Zahlen. Als die AXA nach den Anschlägen des 11. Septembers 2001 der FIFA die Versicherung kündigte, schrammte der Verein nur um Haaresbreite am Konkurs vorbei.
Koch akzeptiert noch nicht einmal das Wort „FIFA-Skandal“. Die angeklagten und festgenommenen Personen seien schliesslich keine FIFA-Mitarbeiter. Dies ist nun eine extrem FIFA-freundliche Auslegung, doch er spricht damit auf ein reales Problem an: Das FIFA Hauptquartier in Zürich und seine rund 400 Mitarbeiter werden gewissermassen „fremdregiert“ durch das mächtige Exekutivkomitee, welches zweimal im Jahr aus aller Welt einfliegt. Sepp Blatter, der sein Büro als einziger in Zürich hat, ist zwar der Präsident dieser Regierung des Weltfussballs, hat aber auch nicht mehr als eine von 25 Stimmen. Die Mitglieder dieses Komitees werden auch nicht von Sepp Blatter und mit Ausnahme eines weiblichen Mitglieds auch nicht vom FIFA-Kongress sondern von den jeweiligen Konföderationen gewählt. Blatter wollte zumindest einen externen Integritätstest für Exekutivkomitee-Mitglieder einführen, scheiterte damit aber am Widerstand der Europäer, welche befürchteten er würde dies als Instrument gegen sie einsetzen.
Es war denn auch dieses Exekutivkomitee, welches für die stark kritisierte Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 an Russland und 2022 an Katar verantwortlich ist. Beliebt ist dieses Komitee am Zürichberg nicht. Viele der Vorschläge des Reformkomitees zielen darauf das Exekutivkomitee zu entmachten, der Vorsitzende der Audit und Compliance Kommission Domenico Scala würde es Berichten zufolge am liebsten gleich ganz abschaffen.
Die „Zürcher FIFA“ schiesst aber nicht nur gegen das Exekutivkomitee, sie holt derzeit auch zum Gegenschlag gegen Platini und die UEFA aus. So hat die FIFA, angeblich auf Geheiss Blatters, versucht einen Platini-kritischen Text an die Medien zu bringen und Blatter persönlich spricht öffentlich von Drohungen, welche Platini ihm gegenüber gemacht habe. Im Gespräch mit den Studenten blieb Blatter vorsichtiger was Platini angeht. Er sagte nur Platini habe ihn immer wieder als Freund bezeichnet. Er selbst sehe das Ganze eher als eine Art Vater-Sohn-Beziehung. „Freunde kann man sich aussuchen.“
Blatter ist nicht die Lösung. Kein Blatter ist aber auch noch keine Lösung. Dass viele am Zürichberg versuchen Platini als Nachfolger Blatters zu verhindern hat gute Gründe. Während es unklar ist für welchen Austragungsort Blatter gestimmt hat, so war und ist Platini einer der Verfechter einer WM in Katar und wie durch Magie erhielt sein Sohn dann kurz nach der Abstimmung auch einen lukrativen Posten als Europachef der Qatar Sports Investments. Gerade im Falle von Katar nehmen die „Wahlkampfkosten“ eine solch absurde Höhe an, dass sich der französische Präsident Nicolas Sarkozy und der deutsche Präsident Christian Wulff beide persönlich für die WM-Vergabe nach Katar eingesetzt haben sollen. Grosse deutsche Baufirmen erhielten dann übrigens auch viele Bauaufträge in Katar, wo sie, und nicht die FIFA, Arbeiter zu absolut unmenschlichen Bedingungen anstellen und auch schon lange vor der WM angestellt haben. Es ist also schon verständlich, wenn man sich in Zürich nicht einfach für alles den Schwarzen Peter zuschieben lassen will.
In einem Punkt sind Blatter, der meinte „es gibt nur schlechte Menschen“, und viele seiner Kritiker, welche auf einzelne Personen oder einzelne Events fokussieren, allerdings gleich: Sie wollen oder können den Wald vor lauter Bäumen nicht erkennen. Es gibt sehr gute Gründe anzunehmen, dass bei jeder einzelnen WM-Vergabe der jüngeren Zeit Bestechungsgelder geflossen sind: 1998 Frankreich, 2002 Südkorea/Japan, 2006 Deutschland, 2010 Südafrika. Für die WM 2014 gab es nur eine einzige Kandidatur, Korruption war aber natürlich trotzdem reichlich vorhanden und von der Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 brauche ich eigentlich gar nicht erst sprechen. 2 Funktionäre, die schon im Vorfeld der Korruption überführt wurden, durften gar nicht erst abstimmen. Von den ursprünglichen 24 Mitgliedern des Exekutivkomitees bei der Vergabe sind heute nur noch 9 vorhanden, alle anderen wurden unterdessen suspendiert oder haben sich freiwillig zurückgezogen.
Die Korruption ist keine Anomalie die komischerweise bei jeder WM-Vergabe aufgrund einzelner schlechter Menschen wieder aufblitzt, sie ist eindeutig ein strukturelles Problem. Dies wird noch deutlich wenn wir mit dem IOC eine strukturell vergleichbare Organisation betrachten:
So wie man keine korruptionsfreie WM finden kann, so kann man nämlich auch keine korruptionsfreien olympischen Spiele finden. Die Vorwürfe erlangten vor allem um die Jahrtausendwende und die Spiele 1998 in Nagano, 2000 in Sydney und 2002 in Salt Lake City mediale Aufmerksamkeit. Doch aufgehört haben sie deswegen nicht. Die BBC-Reportage „Buying the Games“ (Transkript) aus dem Jahr 2004 zeigt, dass sich hinter den Kulissen nichts geändert hat und die Vergabe der Olympischen Spiele bis hin zu denjenigen von 2012 stark von entsprechenden Anreizen abhängig war.
Ich möchte in diesen Zusammenhang noch einmal auf das Buch „The Dictators Handbook“ von Alastair Smith und Bruce Bueno de Mesquita hinweisen, welches diese Mechanismen sehr einfach und verständlich erklären kann. Überlege dir einmal Folgendes: Wie viel wäre es dir Wert, zu bestimmen, dass die WM in Japan, in den USA oder in Katar stattfindet. Wenn du nicht gerade aus einem der Länder kommst, hast du zwar eine Präferenz, aber eine riesige Auswirkung auf dein Leben haben die verschiedenen Austragungsorte nicht. Um deinen eigenen Nutzen zu maximieren solltest du bereit sein diese Präferenz, abhängig von weiterem damit verbundenen persönlichen Nutzen, zu ändern. Also deine Stimme zu versteigern. Natürlich birgt das je nach Transparenzdruck ein gewisses Risiko, aber dieser Aufschlag ist im Preis deiner Stimme eingerechnet.
Wenn nun einige wenige Personen, in der FIFA waren es bis 2011 24, neu werden es immerhin 209 sein, im IOC sind es bis zu 115 Mitglieder, darüber abstimmen, wer den Zuschlag für ein Multimilliardenevent erhält, ist eine Stimme schnell genug wert, um den Minimalbetrag für persönliche Bestechlichkeit zu überschreiten. Sagen wir zum Beispiel die Regierung des Landes X ist bereit 20 Milliarden in das Projekt zu investieren. Wenn sie nur schon bereit ist 1% der Gesamtkosten in den Wahlkampf zu stecken ergibt das ein Budget von 200 Millionen. Die öffentliche Meinung und Präsentation einer Bewerbung ist reine Augenwischerei, denn entscheidend ist am Ende die Mehrheit des Selektorats. Im Falle einer WM waren dies 13 Stimmen. Für das kandidierende Land könnte es also „rational“ sein bis zu 200 Millionen in 13 Stimmen zu investieren. Das ergibt etwas mehr als 15 Millionen pro Stimme. Die Vergrösserung des Selektorats ist in diesem Fall die einzige nachhaltige Lösung, denn nur so werden die systematischen Anreize auf Bestechung verkleinert.
„Der Fussball ist mehr als nur ein Sport“, darin stimme ich mit Sepp Blatter überein. Der Fussball ist so stark gewachsen, dass er zu einem unersetzbaren Teil der globalen Kultur geworden ist. Aus dieser gewachsenen Macht erwächst allerdings auch Verantwortung. In einer kleinen Randsportart mögen oligarchische Strukturen kein Problem darstellen, aber eine WM und die olympischen Spiele stellen die grössten Anlässe auf dem Planeten Erde dar. Die damit verbundene Strahlkraft und Macht führt dazu, dass der Sport auf dieser Ebene unausweichlich politisch wird. Der Fussball bewegt Milliarden von Menschen und als solcher kann er nicht länger von Fehden und Vetternwirtschaft beherrscht werden. Der Fussball braucht nicht Platini, er braucht seine (friedliche) französische Revolution. Die aktiven lizenzierten Fussballer sind die einzige legitime Basis auf der eine Herrschaft im Fussball zu fussen hat. Dies heisst nicht zwingend, dass alle lizenzierten Fussballer dieser Welt direkt über die Vergabe der WM entscheiden sollen, aber sie sollen zumindest ihre regionalen Vertreter wählen und damit mit den lokalen Funktionärsoligarchien aufräumen können.
Oligarchien haben es so an sich, dass sie sich in der Regel nicht selbst abschaffen. Es benötigt also zielgerichteten Druck, um einerseits bereits auf lokaler Stufe mehr Mitspracherecht für die Fussballer zu erreichen und andererseits damit die FIFA Top-Down Gelder an demokratische Vorgaben oder Zwecke bindet. Ich bin überzeugt die damit verbundenen Verwaltungskosten sind es mehr als wert.
Der ökonomische Schaden von nicht-nachhaltigen Grossanlässen, welche nur der Selbstüberhöhung einiger Politiker und dem legalen und halblegalen Verteilen von Milliardenaufträgen an seine politischen Freunde dienen, könnte aber mit nur einer Regeländerung schon viel einfacher unterbunden werden. Sowohl der IOC als auch die FIFA müssen die Gültigkeit einer Kandidatur von einer vorhergehenden Volksabstimmung in dem oder den Austragungsländern abhängig machen. Die staatliche Infrastruktur für solche Abstimmungen ist bereits vorhanden und dies würde dem autokratischen Gigantismus der letzten sowie der kommenden Jahre ein jähes Ende setzen und den Sport wieder ins Zentrum rücken.
Was Sepp Blatter davon hält, weiss ich leider nicht. Dafür konnte ich ihm beim Apéro zumindest meine Idee pitchen den Confed-Cup nicht mehr mit Nationalmannschaften sondern mit Bestenauswahlen der Konföderationen durchzuführen. Dies hätte interessantere Spiele zur Folge, jeder einzelne Mensch auf diesem Planeten hätte die Möglichkeit mit einem Team mitzufiebern, was die Aufmerksamkeit und damit auch die Einnahmen der FIFA merklich erhöhen würde und der Fussball würde dabei erst noch eine Vorreiterrolle im Übergang zu einer post-nationalen Menschheit übernehmen. Daraufhin schien der FIFA-Boss zum einzigen Mal an diesen Tag erst einmal um Worte verlegen, dann meinte er: „Bedenkenswert, diese Idee ist tatsächlich bedenkenswert“ und schlug sogleich Uli Forte als Trainer der UEFA-Auswahl vor. Wie ernst Sepp Blatter ersteres gemeint hat und ob er sich auch nach dem Weisswein und den hübschen Frauen noch daran erinnern kann, bleibt wohl, wie so vieles im Fussball, vorerst zumindest, sein Geheimnis.
Wahlplakate sind wie periodische Zikaden, welche keine Primzahlen kennen: Alle 4 Jahre kriechen sie in gigantischen Zahlen aus der Erde und besetzen für einige Wochen beinahe die gesamte Oberfläche. Freude herrscht, denn im Herbst 2015 wird es wieder so weit sein!
Es ist schwierig an verlässliche Zahlen zu kommen, doch ich würde einmal darauf spekulieren, dass die Schweiz aufgrund der vierteljährlichen Abstimmungen die höchste durchschnittliche Dichte an politischen Plakaten pro Einwohner pro Jahr der Welt hat. Umso erstaunlicher ist es jedoch, dass unsere Wahlplakate immer noch ähnlich funktionieren wie jene in Diktaturen: Drücke dem Volk dein Gesicht solange ins Gesicht bis es dich wählt! Gut, der Fairness halber muss man erwähnen, dass man in der Schweiz aus einer grossen Anzahl Gesichtern auswählen kann, welche erst noch aus verschiedenen Teams stammen und dazu sogar meist lächeln. Schweizer Wahlplakate stehen also auf gleicher Stufe mit den Fussballerbildchen in Panini-Alben, wobei, nicht ganz, denn die Sponsoren stehen bei Fussballteams ja transparent auf der Kleidung…
Ich stelle mir ein Gespräch zwischen dem Parteistrategen S und dem PR-Experten X ungefähr so vor:
S: So, der Wahlkampf steht wieder einmal vor der Türe und zum Glück haben wir ein prall gefülltes „Parteikässeli“. Wie sollen wir unsere Millionen dieses Mal investieren? X: Ich habe da einen guten Vorschlag: Dieses Jahr solltet ihr all eures Geld in Plakate investieren. S: Plakate? Gab es das nicht schon bei den Römern? X: Nein, nein, Bildplakate in heutiger Form entstanden erst anfangs des 20. Jahrhunderts. Das ist eine moderne Technologie. S: Aha, aber haben wir nicht schon vor vier Jahren alles Geld in Plakate investiert? Wollen wir nicht einmal etwas Neumodisches ausprobieren? Ich habe von einem Kollegen gehört in diesem Neuland, welches Frau Merkel entdeckt hat, gäbe es viele neue Möglichkeiten. X: Nein, also wir wollen Herr und Frau Schweizer doch nicht überfordern und überhaupt wie sollen wir dem patriotischen Bürger erklären, dass wir Wahlkampf in Neuland statt in der Schweiz betreiben? S: Ok, Wahlkampfplakate also. Hast du schon Ideen bezüglich dem Design? X: Ja, ich glaube dieses Jahr liegen Gesichtsfotos mit einem leichten Lächeln im Corporate Design und mit einem kurzen Parteislogan im Trend. S: In Ordnung, aber wie erklären wir den Bürgern warum sie uns wählen sollen? X: Der Bürger ist mit mehreren Meinungen zu mehreren Themen überfordert. Wir haben ein einziges Wahlkampfthema und unsere Haltung dazu sollte im Slogan enthalten sein. S: Ok, doch wie erklären wir in diesem Fall warum der Bürger eine spezifische Person wählen soll? X: Durch ein vertrauensvolles Lächeln natürlich. Aber ja keine Inhalte! Individuelle Wahlplakate schaden unserer Corporate Identity. Verstanden? S: Ja. X: Also worauf warten wir noch?So, Spass beseite jetzt. Das Ganze ist natürlich etwas differenzierter zu betrachten. Alle Schweizer Parteien versuchen neue Medien auf die eine oder andere Weise für sich zu benutzen. Viele der Kandidierenden haben sich, wenn auch etwas widerwillig, dazu überwunden Facebook, Twitter oder sogar Instagramm-Accounts zu eröffnen. Die Resultate sind bisher zwar noch mässig, aber der Wille respektive der Willy scheint vorhanden. Eine Onlinegemeinschaft aufzubauen braucht aber auch viel Zeit und Energie. Vielen Kandidierenden scheint noch ein bisschen der „Grit“ zu fehlen, um mit hoher Regelmässigkeit etwas auf Facebook oder Twitter zu posten. Generell gilt der Eindruck: Wahlen gewinnt man (noch) nicht auf Sozialen Medien, mit einem „Shitstorm“ kann man sie aber dort verlieren.
Ich persönlich würde allen Kandidierenden, welche auf einen erfolgreichen Online-Wahlkampf setzen, jedenfalls dazu raten, eine eingehende Case Study der jeweiligen „Kandidaten des Internets“ in den amerikanischen Präsidentschaftswahlen, Ron Paul 2012 und Bernie Sanders 2016, zu machen. Natürlich funktionieren amerikanische Wahlen völlig anders als Schweizer Wahlen, doch mindestens zwei wichtige Rückschlüsse lassen sich daraus für alle ziehen:
Gerade der zweite Punkt scheinen Schweizer Politiker in meinen Augen noch viel zu wenig verstanden zu haben. Einen Wahlkampf führt man nicht alleine. Ein überzeugter Anhänger ist viel mehr Wert als nur seine Stimme. Wahlkampforganisatoren haben es aber bisher (genau wie Universitäten) leider noch nicht geschafft die menschliche Biologie, insbesondere der Aufbau unseres Motivations- und Belohnungssystem, zu ihren Zwecken zu nutzen. Ein weit entfernter einmaliger „Payoff“ durch die Wahlresultate nützt genau so wenig wie Semesterprüfungen. Ein „gamifizierter“ Wahlkampf in welchem Unterstützer für gewisse Tätigkeiten gewisse Anzahl Punkte erhalten, welche wiederum zu Status innerhalb der Gruppe und zu symbolischen Preisen wie persönlich unterschriebene weiss-ich-nicht-was des Politikers führen, würde das Belohnungszentrum eines Anhängers zum Beispiel regelmässig stimulieren und sollte dementsprechend ein stärkeres Engagement fördern.
Sein Geld wir man alleine durch das Ausnützen des Unterstützungspotentials allerdings in der Regel nicht los, dafür braucht es schon Werbung. Das wunderschöne an Onlinewerbung sind nicht nur die tiefen Einstiegskosten sondern vor allem die individuelle Anpassungsmöglichkeit. Ein physisches Plakat kann ich leider nur bedingt auf seine Betrachter anpassen, online funktioniert das ganz anders. Dank Grosskonzernen wie Facebook komme ich selbst ohne grösseren Aufwand zu ganz entscheidenden Daten und kann meine Botschaft auf den Empfänger anpassen.
Von jemandem der zur politischen Gegnerschaft zu zählen ist, sind die Finger zu lassen. Das ist nicht nur verlorenes Geld, sondern dürfte das Engagement dieser Person für die Gegenseite erhöhen. Jemand der politisch auf meiner Linie ist, muss ich in erster Linie zu mehr Engagement bringen. Innerhalb dieser Kategorie sollte z.B. junger Student, auf ehrenamtliche Wahlkampfunterstützungsmöglichkeiten für die Kampagne hingewiesen werden, während eine eher zeitarme, dafür liquide Person nach Wahlkampfspenden gefragt werden sollte. Bei den Unentschlossenen, vielleicht leicht Sympathisierenden, gilt es die Stimme zu gewinnen. Wobei die Botschaft am besten auf ein Themengebiet zielt, in welcher der Empfänger mit der Partei / Person übereinstimmt. Oder man setzt auf gemeinsame Gruppenmitgliedschaft: Du Christ, ich Christ. Du Secondo, ich Secondo. Du Fussball, ich Fussball. Du Dorf X, ich Dorf X etc. Dies ist zwar eine ziemlich primitive Art des Wahlkampfs, aber leider oft auch eine erfolgreiche.
Nun ist aber auch klar, dass dem Online-Wahlkampf noch gewisse Grenzen gesetzt sind. Nicht zuletzt, weil wir noch nicht ganz im Post-Privacy-Zeitalter angekommen sind und daher die exzessive Verwendung von Big Data zu einem Backlash führen und Ängste vor politischer Manipulation à la Freeme oder Google nähren könnte.
Man muss das gute alte Wahlplakat also noch nicht zwingend ganz in die Rente schicken. Doch man sollte zumindest seine gesamten Möglichkeiten nutzen. Einer oder mehrere QR-Codes auf dem Plakat lassen die physische und die digitale Welt verschmelzen und eröffnen völlig neue Möglichkeiten zur Interaktion. Darüber hinaus habe ich endlich die Chance interessierten Personen Inhalte zu präsentieren. Ein positives Beispiel ist hierbei etwa CVP-Kandidat Beda Sartory. Dieser hat seine Kampagne mit Plakaten ohne Bild dafür mit der Aufschrift „Wer ist Beda?“ und einem QR-Code gestartet und hat dann etwas später seine „richtigen“ Wahlplakate darüber hängen lassen.
Das schöne an einem solchen Ansatz ist, dass der oder die präsentierten persönlichen oder parteilichen Standpunkte zu Themen ohne eine Gegenargumentation sehr schnell relativ überzeugend erscheinen. Darüber hinaus erlauben einem dynamische QR-Codes auch die Erfassung von Daten über die Benutzer, welche man weiterverwenden kann und welche die Nutzenkontrolle der Plakate vereinfachen. Man kann QR-Codes aber auch noch origineller einsetzen, zum Beispiel zum abstimmen. Ich erinnere mich etwa noch daran, dass SVP-Kandidat Hansjörg Knecht 2011, in Inseraten aufforderte sein bestes Wahlkampfplakat zu wählen und einen Preis zu gewinnen. Das sind Interaktion, Daten und ein besseres Plakat in einem. Derselbe Hansjörg Knecht, welcher 2011 mit Glanzresultat gewählt wurde, macht auch 2015 bei seiner Ständeratskandidatur einen Wahlkampf von dem andere lernen sollten. So hat er z.B. Inserate mit „Ihre Meinung zählt“ in die Leserbriefspalte der Zeitung geschalten und bereits am Dreikönigstag diesen originellen Brief mit einem Info-Flyer verschickt:
Egal welche Inhalte man nun verkauft. Wer mit Imagination und Engagement dabei ist, ist im Vorteil. Nur weil irgendein PR-Profi herausgefunden hat, dass stur aufgesetzte Lächeln ohne Inhalte beim Wahlvieh am besten ankommt, ist die erfolgreichste Strategie immer noch von der Strategiewahl der anderen abhängig. Meine Augen bedanken sich auf jeden Fall schon jetzt bei allen Kandidierenden mit mehr als einem langweiligen Gesichtsausdruck!
So, jetzt sind wir eigentlich am Ende des Artikels, doch, liebe Parteien, weil ihr mich schon mit so vielen nichtssagenden Portraitfotos zugespammt habt und weil ich euch jetzt sogar noch Gratis-Wahlkampftipps dazugegeben habe, finde ich, dass ihr ein wenig in meiner Schuld steht. Damit wir wieder quitt sind und auch als kleine Belohnung für diejenigen, die diesen Artikel bis zum Ende lesen, habe ich mir die Freiheit genommen, selbst ein paar Wahlplakate für euch zu designen. Ich weiss nicht, ob ihr meine Plakate verwenden wollt, denn ich habe eure Botschaft in der Regel leicht zugespitzt. Es muss aber keiner beleidigt sein, ich habe mir grosse Mühe gegeben meine Photoshop-Künste gleichmässig auf alle grossen Parteien zu verteilen ;-)
Der 1. August, das sind “Buurezmorge”, Feuerwerk und natürlich Ansprachen. Da wird geredet und geredet und bis man zu dem Teil kommt, wo man klatschen sollte, geht in der Regel (mindestens) die Hälfte des Gesagten bereits wieder vergessen. Frei nach dem Motto “Kurze Reden, langer Sinn”, wollten wir das beim prisma anders machen und haben Persönlichkeiten aus dem Umfeld der HSG gebeten, in zwei bis drei Sätzen zusammenzufassen, was die Schweiz für sie persönlich bedeutet:
HSG & prisma Alumnus (mitverantwortlich für einige der legendärsten prisma-Ausgaben aller Zeiten), Chefredaktor des Tages-Anzeigers, prisma-Interview 2013
Patriotismus unterscheidet sich vom Nationalismus in der Dosis: Ich liebe die Schweiz für ihre Verlässlichkeit, ihre Natur, ihre gute Organisation und Infrastruktur, die vergleichsweise hohe Chancengleichheit, die Bereitschaft zum Konsens und die Tatsache, dass sich die alten Eidgenossen nach Konflikten jeweils wieder versöhnten. Aber ich halte deswegen das Rütli nicht für mehr als eine wunderschöne Bergwiese.
HSG Alumna, Miss Schweiz 2007, Projektleiterin bei Trunz Watersystems, einer Organisation, die Menschen Zugang zu sauberem Wasser ermöglicht, prisma-Interview 2011
Es gibt keine Worte für die Dankbarkeit, die ich dafür empfinde, Bürgerin dieses tollen Landes sein zu dürfen. Das ausgezeichnete Bildungssystem der Schweiz und die Chancen, die jungen Menschen hier auf dem Arbeitsmarkt gegeben werden, sind unvergleichbar. Dank meiner Ausbildung und des hohen Lebensstandards, den wir hier geniessen dürfen, konnte ich bereits viele Orte dieser Erde bereisen und in zahlreichen Ländern Berufserfahrungen sammeln. Trotz meiner vielen Reisen freue ich mich immer wieder, zurück in die Schweiz zu kommen.
HSG & prisma Alumnus, von 2003-2010 Bundesrat und Vorsteher des EFD, 2009 Bundespräsident, Präsident der Patenschaft für Berggemeinden, auch bekannt für seinen legendären Lachanfall
Bild: WEF 2009, Creative Commons 2.0 License, Author: World Economic Forum, swiss-image.ch/Photo by Monika Flueckiger
Der Erfolg unseres Landes beruht auf fünf Pfeilern, nämlich (1) dem Wohlstand ohne den alle unsere privaten und sozialen Ansprüche sowie der Staat gar nicht bezahlbar wären; (2) der Sicherheit für uns Bürger im Alltag und für das Land; (3) der kulturellen, sprachlichen und sozialen Vielfalt, (4) der Modernität in Bildung, Forschung und Gesellschaft sowie schliesslich (5) der Solidarität, vor allem auch mit jenen Mitmenschen, die in Not und Bedrängnis geraten. Solange diese Pfeiler tragfähig bleiben, solange ist die Schweiz ein lebenswertes, erfolgreiches Land und eine starke Nation. Das ist sie heute und darauf bin ich stolz.
HSG & prisma Alumnus, Initiator des SwissMediaForum, Chefredaktor der Schweiz am Sonntag
Ich schreibe diese Zeilen aus Kanada, wo ich seit drei Wochen in den Ferien bin. Hier und auch anderswo im Ausland fällt mir immer wieder auf auf: Der Ruf der Schweiz ist ungebrochen fantastisch. Man bewundert unser Land. Vielleicht tun wir selbst das zuwenig.
Professor für Organization Studies, Direktor am IMP, einer der Hauptentwickler des SGMM dritter und vierter Generation, VR-Präsident von Raiffeisen Schweiz
Für mich ist es ein grosses Privileg, in diesem Land leben zu dürfen. Die Schweiz bedeutet für mich eine unglaublich bereichernde Vielfalt an Kulturen, Sprachen und Landschaften auf engstem Raum. Ich bin gerne in diesem Land unterwegs.
Ich schätze es, dass das Bewusstsein, persönlich Verantwortung für die Weiterentwicklung dieses Landes mitzutragen, (immer noch) weit verbreitet und im föderalistischen politischen System auch breit verankert ist.
Was mir Sorge bereitet, sind politische Strömungen, denen nicht nur jeder selbstkritische Blick nach innen und in die Vergangenheit abgeht, sondern – sehr „unschweizerisch“ – auch jeglicher Respekt vor dem politischen Gegner und für Menschen in Not. Demgegenüber steht die Schweiz für mich für eine Kultur, die offen ist für Neues, und einen gesunden Ausgleich gefunden hat zwischen Leistungsdenken und Solidarität. Dazu müssen wir Sorge tragen.
Professor für Privat- und Handelsrecht, Nebenamtlicher Bundesrichter, Mitinitiant der RASA-Initiative, Profs Privat 2011, Pro/Kontra zu Zuwanderungsquoten 2015
Die Schweiz ist für mich ein wunderbares Land, weil es von einer kulturellen Vielfalt lebt und als kleines Land dauernd auf Aussenbeziehungen angewiesen ist, welche die Schweiz und das Ausland bereichern.
HSG & prisma Alumnus, 2001-2007 CEO der UBS, VR-Präsident der Partners Group Holding, VR-Vizepräsident des Opernhaus Zürich und der Managementschule IMD, Gründer der Elea-Stiftung
Bild: St. Gallen Symposium 2005, Creative Commons 3.0 License, Author: International Students Committee
In der Schweiz geboren zu sein und hier leben zu dürfen ist ein Privileg, für das ich zutiefst dankbar bin. Für mich leiten sich daraus zwei Verantwortungen ab: Erstens, mich für jene zu engagieren, die – anders als die Schweiz – von der beschleunigten Globalisierung der letzten Jahrzehnte nicht profitieren konnten und weiterhin in absoluter Armut leben. Die Stiftung “elea Foundation for Ethics in Globalization”, die meine Frau und ich vor knapp 10 Jahren gegründet haben, investiert zu diesem Zweck in unternehmerische Projekte zur Armutsbekämpfung. Und zweitens setze ich mich in vielfältiger Weise dafür ein, dass wir unsere schweizerische Erfolgsgeschichte nach Möglichkeit fortschreiben können.
Professorin für Spanische Sprache und Literatur, Direktorin des Lateinamerikazentrums (CLS HSG), Präsidentin der HSG-Kunstkommission
Ja, ich mag sie sehr, die Schweiz, verspüre ein kaum jemals erschüttertes Grundvertrauen in die Qualitäten dieses Landes und lasse mich hier von so vielen, weltweit einzigartigen Annehmlichkeiten verwöhnen: Soziale und medizinische Versorgung, Sicherheit, Bildungssystem, Wasser höchster Qualität (à discrétion, wohl auch in Zukunft), wunderschöne, gepflegte Landschaft, Essen (nicht nur Schoggi und Käse, sondern auch das Brot), Hygiene, qualitativ hochstehendes Handwerk, Einkommensniveau, Konsens-Kultur, Bedachtsamkeit, direkte Demokratie, das Schweizerdeutsche und die Sprachenvielfalt. Einige der Privilegien können zuweilen beeinträchtigend wirken, etwa Perfektionismus, Ordnung oder ein skeptisches, kritisches Denken, das unsere Experimentierfreude auch bremsen kann. Was mir hin und wieder fehlt, besonders im gewässerlosen St.Gallen: der Weitblick auf das Meer…
Ein jeder Staat ist bis zu einem gewissen Grad ein künstliches Produkt, die Willensnation Schweiz mit 4 verschiedenen Sprachräumen im Speziellen. Zur Stiftung einer gemeinsamen Identität braucht es einen minimalen Konsens darüber woraus das Gedankenkonstrukt Schweiz überhaupt besteht. Diese „Essenz“ der Schweiz widerspiegelt sich wiederum in der nationalen Symbolik. Die objektive geschichtliche Wahrheit (wenn es denn so etwas gibt) ist bei der nationalen Geschichtsauslegung eher zweitrangig, viel eher folgt sie der „Superhelden-Logik“. Der Superheld gewinnt am (vorläufigen) Ende der Geschichte nicht deshalb weil er der Gute ist. Er ist der Gute weil er (im Machtraum dieser Geschichte) bereits gewonnen hat und somit die Deutungshoheit besitzt. Der Geschichtsunterricht sagt also oft ähnlich viel über den Status Quo wie über die effektive Vergangenheit aus (welche sich im Gegensatz zur Geschichtsschreibung nicht verändert).
Nehmen wir zum Beispiel die so oft diskutierte vernichtende Niederlage der Eidgenossen bei Marignano. Sie wird heute von konservativen Kreisen als die Geburtsstunde der schweizerischen Neutralität angepriesen. Entdeckt wurde diese Geburt allerdings nicht 1515 sondern erst beinahe 400 Jahre später als dem Deutschen Reich erklärt werden musste, weshalb die Schweiz deutschen Sozialisten Schutz bot. Danach ging Marignano zwischenzeitlich wieder vergessen und die Erinnerung daran wurde erst wieder in den 1960er-Jahren als Antwort auf die wachsende linke Kritik gegenüber der neutralen schweizerischen Aussenpolitik (während dem 2. Weltkrieg) wiederbelebt.
Bei genauerer Betrachtung verliert die Geschichte meist schnell ihren mythologischen Glanz. Giacobbo / Müller haben etwa gnadenlos in Erinnerung gerufen, dass bei der Schlacht von Moorgarten 1315 nur eine kleine Minderheit der heutigen Schweizer effektiv auf Seite der Eidgenossen gekämpft hat. Als Aargauer (wie der Autor einer ist) spielt man in der Schweizer Geschichte grundsätzlich die Rolle des Bösewichts und umgekehrt ist ein Wilhelm Tell aus einer aargauisch-habsburgischen Perspektive auch nicht wirklich ein Freiheitsheld sondern eher ein Terrorist. Doch ist es am Ende tatsächlich entscheidend auf welcher Seite welche meiner x-ten Urahnen, die ich nie gekannt habe, gekämpft oder nicht gekämpft haben?
In der Schweizer Geschichte stehen sich seit längerem zwei konkurrierende Narrative gegenüber, welche beide als Antwort auf die zunehmende europäische Integration und die damit verbundenen Herausforderungen für die Schweiz zu verstehen sind.
Das derzeit vorherrschende (und durch die Bestimmung des 1.Augusts als Nationalfeiertag auch offizielle) Paradigma ist jenes der Bürgerlichen und Konservativen, jenes von 1291. Es handelt vom Rütli-Schwur und dem Bundesbrief, der Historisierung des Tell-Mythos, und erzählt von der Schweiz als Hort der Freiheit und der Demokratie, entstanden als Bund gegen die tyrannische Grossmacht. Ergänzt wird die 1291er Version der Schweizer Geschichte mit der Geburt der unabhängigen Neutralität von 1515. Die Schweizerische Volkspartei verpackt gar ihren ganzen Wahlkampf mit dem Wahlspruch „Frei bleiben!“ und dem Maskottchen „Wachhund Willy“ in eine Analogie auf den Schweizer Nationalmythos. Wobei es hierum geht ist klar. Die Schweiz soll ihre Unabhängigkeit und Neutralität wahren in dem sie dem „bösen EU-Vogt“ Paroli bietet und keine Kompetenzen an supranationale Instanzen abgibt.
Der konkurrierende „linke“ Narrativ setzt die Betonung auf andere Jahresdaten wie etwa auf den Westfälischen Frieden von 1648, bei welchem als Nebenprodukt auch die Souveränität der eidgenössischen Kantone anerkannt und am Wiener Kongress in 1815 bestätigt wurde. In dieser Version der Geschichte sind nicht die Schweizer selbst sondern die europäischen Grossmächte die entscheidenden Akteure. Eine Schweiz deren Schicksal untrennbar mit jenem von Gesamteuropa verbunden ist. Jene Schweiz die selbstverständlich eines Tages der EU beitreten wird.
Alleine schon der Fakt, dass sich der Schweizer Wahl- und Geschichtskampf um die EU dreht, welche übrigens ihr eigenes „Mythos-Problem“ hat, gibt dem 1648er Lager teilweise Recht. Die Schweiz liegt im Herzen Europas, das nächste (noch) Nicht-EU-Land mit mehr als einer Million Einwohnern ist Bosnien. Wenn sich die EU weiter vom Staatenbund zum Bundesstaat entwickeln sollte, wird die Schweiz de facto (sorry Liechtenstein) zur Binnenenklave in der EU. Es gibt heute weltweit nur 3 Binnenstaaten mit nur einer Grenze – Lesotho, San Marino und der Vatikanstadt – alle hochgradig abhängig von dem Land, welches sie umgibt. Ein kompletter Alleingang der Schweiz ist unmöglich, würde aber aufgrund der fortschreitenden Globalisierung ohnehin keinen Sinn ergeben. Viele der heutigen Herausforderungen können nur auf supranationaler oder gar globaler Stufe gelöst werden und so verlockend es auch sein mag sich über „Gurkenregulationen“ der EU lustig zu machen, so sind diese doch immer noch um Längen besser als 28 nationale „Gurkengesetze“.
Doch müssen wir deswegen der EU beitreten? Nein. Die beste Erklärung der heutigen Situation der Schweiz liegt im Mythos 1291, auf der Metaebene allerdings. Geschrieben hat unser National-Epos Schiller, ein Deutscher, und der glühendste Verfechter der Tell-Schweiz, Christoph Blocher, ist ebenfalls ein Nachkomme deutscher Einwanderer. Dies ist weitaus passender und urschweizerischer als es erscheinen mag. Helvetier sind am Ende nichts Anderes als deutsche Auswanderer, die das gelobte Land suchten und am Ende die Schweiz fanden. Noch wichtiger ist jedoch zu verstehen, dass die Schweiz nicht nur in den Köpfen der Schweizer sondern auch in den Köpfen vieler Europäer und Nicht-Europäer entsteht. Das Modell der Schweiz entsteht aus dem Kontrast zu den drei europäischen Grossmächten, Deutschland, Frankreich und Italien, von der sie umgeben ist. Einst beschützten die Schweizer deren Güter an deren Königshöfen, heute bringen sie ihr Geld (und in Zukunft vielleicht ihre Daten) nach Zürich, Genf oder ins Tessin. Auch das Freihandelsabkommen mit China ist nur möglich weil die Schweiz als neutrales, unabhängiges Land wahrgenommen wird, welches aber gleichzeitig einen Testlauf für die EU darstellt.
Das ganze gilt nicht nur auf einer ökonomischen Ebene. Die Schweiz war schon Zufluchtsort für eine hohe Zahl an unbequemen europäischen Quergeistern und umgekehrt lebt unser Land auch davon, dass es immer wieder Leute wie Hayek oder Grübel gibt, welche zur „Idee Schweiz“ konvertieren und strammer für ihre Ideale einstehen als so mancher „Eidgenosse“.
Letzten Endes stellt die europäische Integration für die Schweiz einen pikanten Balanceakt dar: Ein fehlender Kontrast zur EU würde dem Gedankenkonstrukt Schweiz die Grundlage entziehen, eine zu starke Isolation aber ebenfalls. Deshalb lautet die sicherlich nicht einfachste aber wohl dennoch beste Devise für die Schweiz: Weiterwursteln!
P.S.: Wilhelm Tell selbst scheint von all diesem Geschichts-Hick-Hack nicht viel zu halten und hat sein persönliches Glück ausserhalb von Politik und Revolutionen gefunden. Er hat seine Armbrust mit einer Gitarre ausgetauscht und ist nach Amerika ausgewandert, wo er, mit mässigem Erfolg, Alternative Rock und Pop Punk macht. In seiner letzten EP „Lovers & Haters“ erzählt er in bester Bastian-Baker-Manier die Geschichte von der Liebschaft zwischen dem Landjungen Toni und der Städterin Chantal, welche aufgrund einer jungen libanesischen Asylbewerberin namens Europa arg auf die Probe gestellt wird. Na gut, diese Geschichte entspringt meiner Fantasie, was jedoch wahr ist, dass sich unser Wilhelm die bildhübsche Schauspielerin Lauren Conrad von „The Hills“ unter den Nagel gerissen hat! Darauf kann man als Schweizer doch mindestens so Stolz sein wie darauf, dass vor etwa 500 Jahren etwa 10’000 unserer Vorfahren von Franzosen und Venezianern abgeschlachtet wurden.
P.P.S.: Ist eigentlich schon einmal jemandem aufgefallen, dass Schiller bei der Namenswahl eine Verwechslung unterlaufen ist? Wilhelm waltet, Walter will Helm!
Über den Sommer ist die HSG jeweils etwas ausgestorben. Doch bei prisma müssen wir das Sommerloch zum Glück (oder Unglück) nicht unbedingt mit Strandfotos der Dozierenden füllen, schliesslich haben wir auch noch ein über ein halbes Jahrhundert altes Archiv voller Trouvaillen. Für den heutigen “Throwback Thursday” habe ich allerdings keine Artikel sondern ein paar alte prisma-Werbeanzeigen ausgegraben, welche den Wandel der Zeit (und die Folgen von Moore’s Law) reflektieren.
Ja, ja, das waren noch Zeiten, damals als wir im prisma Karzinogene bewarben. Raucher werden beim Anblick des Preises wohl die eine oder andere Träne vergiessen.
Ich bin zwar kein Raucher, aber Zigaretten mit Micronite-Filtern, was auch immer das zu bedeuten hat, das hört sich dann doch schon viel cooler und gesünder an. An was erinnert mich dies bloss?
https://www.youtube.com/watch?v=3boy_tLWeqA
https://www.youtube.com/watch?v=zOMPS2zkE1M
Anyway, ich glaube ich bleibe Nichtraucher, doch vielleicht könnte ich ja wieder einmal meinen Laptop ersetzen… Angebote?
Ok, ich glaube ich werde mich vorerst noch ein bisschen weiter umsehen. Habt vielleicht auch etwas Mobileres?
Ok, interessant, hier sehe ich aber auch ein kleines Problem. Hören die Studenten den Dozenten überhaupt noch zu, wenn sie einen Nokia 9110 Communicator besitzen? Und was zur Hölle ist eigentlich W@P? Ich werde mich wohl an meine Swisscom Mobile Ansprechpartner wenden müssen… Oh, und wenn wir schon dabei sind, habt ihr vielleicht auch Produkte von Apple? Ich habe gehört die sind momentan ziemlich im Trend.
Das hört sich doch gut an. Endlich ein Hersteller der Wert auf Kompabilität legt und nicht versucht mir mit einem geschlossenen Ökosystem all seine Produkte aufzudrängen! Ihr seid die besten!
Bonus: Findest du heraus aus welchem Jahr diese Anzeige ist? (ohne Google oder TR natürlich)
Als Student ist man sich dessen in der Regel nicht bewusst, doch tief verborgen im Untergrund der Universitätsgebäude bewegt sich einiges. Wortwörtlich. Die Autobahn A1 führt direkt unter der Aula hindurch und auch der Bahntunnel tangiert das Campusgelände.
An diesem Wochenende ersetzen die orangen Männchen vom Planeten SBB nun die 20 Meter breite Decke des Rosenbergtunnels. Das Ganze ist eine grosse organisatorische Herausforderung: Der Bahnverkehr in Richtung Osten zwischen St. Gallen und St. Fiden muss vom Freitagabend bis am Sonntagabend eingestellt werden und der Verkehr am Blumenbergplatz, wo 75% des Stadtverkehrs von St. Gallen durchgeht ist eingeschränkt. Für Projektleiter René Bösch sind dies nach zweieinhalb bis drei Jahren Planung die wenigen Stunden der Wahrheit. Eine Verzögerung der Bauzeit kann man sich, obwohl der Verkehr während den Sommerferien etwa 15% geringer ist, schlichtweg nicht leisten. Daher ist auch für alles ausser den Riesenkran ein Ersatzgerät respektive ein Ersatztechniker in Bereitschaft. Zur Erleichterung von Bösch sind die Arbeiten dem Zeitplan derzeit jedoch sogar leicht voraus und bereits kurz nach 11 Uhr wurde das letzte der 25 Tonnen schweren Deckenelemente eingehoben.
An vorderster Front mit dabei bei den Bauarbeiten ist auch ein ehemaliger prismaner, Raffael Hirt (Foto unten), der heute in der Kommunikationsabteilung der SBB arbeitet. Ob Prokrastination, Minarette oder Clinton ein Blick auf seine 33 Artikel im prisma zwischen 2009 und 2011 ist durchaus empfehlenswert.
Das wohl fieseste Wochenende des Semester steht bevor. Während sich abertausende Musiksüchtige im Sittertobel musikalisch und anderweitig zudröhnen lassen, steckt so manch ein Studi noch bis spätabends in der Bibliothek und lernt und lernt und lernt. Verfolgt hier in unserem Ticker, wie ein paar prisma-Redakteure das Leben am Openair St. Gallen feiern und andere sich in der Bib abrackern.
Es tickern für euch: Adrian Köstli (ak), Moritz Haegi (mh) vom Gelände, Luana Rossi (lr), Kevin Kohler (kk), Nina Amann (na) und Simone Brunner (sb) aus der Bib.
19:00 Uii, das war heiss! Hier unten alles okay. Die Feuerwehr hatte den Brand rasch unter Kontrolle. Wanda, Kodaline, Kraftklub und Paulo Nutini rundeten das OASG 2015 heute ab. Mir bleibt nur noch, mich zum Shuttlebus zu begeben. Und zuhause dann IMT büffeln. Bin ab morgen wieder in der Bib. Der Ticker endet aber an dieser Stelle. Danke für’s Mitlesen. (ak)
11:25 Feurio! Diesselbe grosse Schweizer Zeitung die über sexhungrige Festivalbesucher schrieb, zeigt jetzt Zelte in Flammen… Man kann ja über die Bib sagen was man will aber immerhin brennt sie nicht. Alles in Ordnung im Sittertobel?? (kk)
21:44 Farin Urlaub Racing Team! (ak)
20:05 Wir machen hier kein Fremd-Posting, lieber Adrian Nur weil du (wahrscheinlich seit heute morgen) schon einen an der Schüssel hast, poste ich sicher keine Ticker-Einträge für dich ;) trotzdem: Much love <3 (na)
18:42 Farin who? Wer sind den Farin und Fritz? Ach übrigens: in 15 minuten schliesst die Bib (gleich ertönt der Gong) – ich geh wenigstens mit einem guten Gefühl nach Hause, weil ich was gemacht habe… und du so? (na)
18:28 Apropos Sex! Eine einschlägige Gratiszeitung hat ja behauptet, dass so manch einer ans Openäär gehe, um aufzureissen und aufgerissen zu werden. Würdet ihr mit einem wildfremden Partymonster einfach so mal hurtig gschwind ein Nümmerli machen? Ich nicht. Aber Farin oder Fritz vielleicht? (ak)
14:29 Ach herrje! Warum muss in der heutigen Zeit alles immer sexualisiert werden? Das war eine völlig unschuldige Idee, aber im Grunde hast du ja schon Recht: Sex sells! Dementsprechend schlage ich Kendra Sunderland für die Rolle der Reblla vor… (kk)
14:20 *hmkkmmmh* Also ich bin gestern auch in einen Zug eingestiegen und im Aargau gelandet, aber der Zug fuhr irgendwann auch wieder zurück nach St. Gallen und da bin ich jetzt seit gestern Abend auch wieder. Und zu deiner Idee, dich als Screen-Writer zu versuchen: Hast du dir den Titel deiner Serie mal genauer angeschaut? Ich will ja nicht prüde rüberkommen, aber das ist eindeutig zweideutig… (na)
14:05 Geistesblitz! Ja, Nina, ich werde heute wohl tatsächlich nicht mehr in der Bib auftauchen. Ich bin gestern in einen Zug eingestiegen und im Aargau gelandet, vorsätzlich versteht sich. Dieser Live-Ticker hat mich dafür auf eine geniale Idee für eine neue Hit-Serie gebracht. Die Geschichte dreht sich um 4 junge HSG-Studenten, wovon die 2 Hauptcharaktere, Leonhard und Xheldon, gemeinsam in einer WG leben. An Wochentagen treffen sie sich die vier in der Mensa zum Essen und in einem mit Bücherregalen vollgestopften Gebäude um sich die neusten, heissesten Wirtschaftsbücher unter den Nagel zu reissen. Die Studenten leben komplett in ihrer HSG-Bubble, Entscheidungen werden per SWOT-Analyse, Marginalkostenrechnung oder Game Theory gefällt, die BWLer machen Witze über die VWLer und umgekehrt, mit Leuten von ausserhalb der Uni haben sie nur selten Kontakt. Auch wenn sich einer von ihnen für einen Riesenplayer hält, bleibt das weibliche Geschlecht für die 4 Jungs zu einem grossen Teil ein Mysterium, schliesslich sind Frauen in ihrer Studienrichtung massiv untervertreten. Das alles beginnt sich auf einmal zu ändern als neben Leonhard und Xheldon die hübsche Blondine Rebella (Rufname Reblla) einzieht. Mehr will ich an dieser Stelle noch nicht verraten. Ich nenne die Serie:
*drumroll*
Hat jemand schon Ideen für die Besetzung? Du könntest doch auf dem Festivalgelände bereits einmal ein paar Rollen vorcasten Adi ;-) (kk)
12:59 Long live Petrus! Also ich werde ja schon fast ein bisschen schadenfreudig, wenn ich an den Himmel schaue. Nicht, dass ich dir gutes Wetter nicht gönnen mag, lieber Adrian, aber ich rede mir einfach ein, dass es viel angenehmer ist, in der Bib zu lernen, als im Sittertobel im Regen zu stehen. Ich wälze mich lieber durch mein 700-seitiges Skript als durch den Schlamm am Openair. (na)
11:43 Kommt er oder kommt er nicht? Gewiss lebe ich noch. Teils. Gestern schwelgte ich wie Mo in Erinnerungen an die rebellische Jugend. Dann ging alles schnell: ein bisschen Bier, ein bisschen Rauchen, dazu ganz viel Musik und Tanz. Und heute soll das passieren, womit alle schon gerechnet haben. Sankt Gallen soll zu Schlammgallen werden. So sind die Stiefel und der Regenponcho seit der Ankunft bereitgelegt. Doch hört! Meteo Schweiz zeigt auf dem Regenradar, wie das Wölkchen zwar kurz vorbeischauen soll, nach 20 Minuten solls dann wieder vorbei sein. Ob’s zum Schlammcatch reicht? (ak)
Samstag (!!!) 09:40 Lebst du schon? Heute wäre ja eigentlich der perfekte Tag, mal zum Zeitpunkt der Bib-Öffnung schon in den Startlöchern zu stehen, und nicht erst zwei Stunden später einzutrudeln, schliesslich öffnet die Bib samstags ja erst eine Stunde später als üblich. Aber weit und breit sehe ich nichts von Luana, Adi, Kevin oder Moritz. Moritz ist entschuldigt, der ist wahrscheinlich noch nicht zuhause und steckt im Appenzell fest. Von Adi zumindest weiss ich, dass er eigentlich mit dem Gedanken spielte, heute mal vorbeizuschauen. Adi auf meine Frage per Whatsapp, ob er schon lebe oder noch katert: “teils teils”. Ich glaube, das wird heut nichts mehr, oder? (na)
00:30 Heimkehr
In den falschen Bus eingestiegen – in Appenzell Ausserrhoden gelandet, schöner Kanton doch mittelfristig nicht so meins. Warte auf Bus heim nach St. Gallen – Rise Against war ganz gut, erinnerte an vergangene Zeiten, rebellischere Zeiten. Noel Gallagher absolutes Highlight des Abends, Britpop vom feinsten. Don’t look back in anger what is there more to say? Oasis ohne Liam! (mh)
21:57 Schlussstrich. Wer kennt sie nicht, die herbe Enttäuschung wenn bald nach Dämmerung die Schliessung der Bib in Windeseile (weil time flies when you’re having fun und so) näher rückt und es Zeit wird seine sieben Sachen zu packen und nach Hause zu gehen. Was mich in solchen Momenten aufheitert, ist der wohlige Gedanke daran, dass das Ganze am nächsten Morgen ja Gott sei Dank wieder von Neuem beginnt und ich mich dementsprechend auf einen weiteren Tag voller Freude, Spass und Spannung freuen kann! Ich wünschte es würde niemals enden. (lr)
16:58 Science Bitch! Hitzköpfig? Nein. Wirr? Ein bisschen. Allerdings sollte man nicht unbedingt mit Steinen werfen, wenn man in einem Zelt mit kopulierenden Plastikflamingos sitzt ;-) Rechthaberisch? Auf jeden Fall. Das Niveau am OpenAir ist rund 170 Meter tiefer als in der Bib. Case Closed. (kk)
16:19 Klima: tropisch. Stimmung: heiss. Lieber Kevin, kühle deinen Kopf. Du scheinst mir wirre Sachen zu tickern! Derweil bin ich mit meiner Truppe in ein schwedisches Einrichtungshaus hier ganz in der Nähe gepilgert (BWL I, Übung 3). Da gibts ja saugünstiges Essen. Und Kinder. Und Duschvorhänge. Schöner Campen, heisst unser Motto eben! Ich entdecke übrigens immer mehr Gemeinsamkeiten mit der Bib: hier ist es sicher genauso schwül wie bei euch. ;) (ak)
16:09 So nah und doch so fern. Da Gallus wieder einmal im “On-Teil” seiner On-Off Beziehung mit Petrus zu sein scheint, habe ich das Closed Air verlassen und bin den Hügel hinter meiner Wohnung hochgekraxelt. Das Resultat enthält sowohl die HSG als auch das OpenAir, welches allerdings aufgrund des zu tiefen Niveaus nicht sichtbar ist ;-).
Wie kann man bloss so zerfressen von innerem Hass sein, dass man sich selbst und anderen das Geschenk des Lebens nimmt, nur weil jemand Photonen mit einer anderen Wellenlänge reflektiert oder weil jemand an eine andere Metaphysik glaubt? Ich werde das nie verstehen. Arme Menschen, schöne Welt; fuck your terror, life is beautiful <3 (kk)
12:02 No place I’d rather be. Die Assessis sind durch mit den grossen Prüfungen und das merkt man auch am Füllgrad der Bib. Herrlich, jedoch ungewohnt leer und kühl ist es hier drin – also wohl ganz so wie auf dem Festivalgelände, stelle ich mir vor. (lr)
09:56 Guätä Morgä, es Kaffi und es Gpfeli bitte. Das Gute am Openair ist ja, dass man nie zu lange schläft. Weil die Sonne sowieso ab 7:30 Uhr beginnt das Zelt aufzuheizen, flüchtet man sich spätestens ab 10 Uhr hinaus. Erst unter den Pavillon – Augen reiben, Kräfte sammeln – und dann ab ins Z’morge-Zelt!
P.S.: Da fühlt sich’s wie daheim (a.k.a. Dufourstrasse 50) an.. Kaffee aus dem Pappbecher mit Rührstäbli. (ak)
08:59 Morgenstund hat Müesli im Mund, ebenfalls ohne Cocktailsauce ;-) (sb)
22:09 Karl Wer? Ich hab Level 1 erreicht: Bier für 6.50 Fr. und Chicken Tandoori im Fladenbrot (ohne Coktail-Sauce) für 10.- Fr. gekauft mit meinem Cashless-Bändeli. Dazu das erste (persönliche) Highlight des Openairs: Frank Turner, angekündigt als Punkpoet. Sein seichter “Punk” ist das, was meinem lernüberstressten Kopf jetzt hilft, in’s Wochenende zu taumeln. Das teure Bier war seinen Preis wert. Vielleicht. Bis morgen. (ak)
21:00 I read some Marx and I liked it! Aufgrund der aus meinen eigenen Festivalerfahrungen extrapolierten negativen Korrelation zwischen der Aufnahmefähigkeit in der Bib und jener auf dem Festivalgelände schliesse ich, dass heute Abend vermutlich keine Replik mehr aus dem Sittertobel kommen wird (und wohl auch sollte). Ich habe den Prokrastinationsteil meiner Lernzeit heute allerdings wirklich produktiv genutzt und Karl-Marx-Musikvideos gesucht. Dementsprechend möchte ich euch die folgende Internetperle trotzdem nicht vorenthalten: (kk)
17:25 Wer hat das bessere Line-Up? Hey Adi, ich hab da mal kurz das OASG Line-Up für heute abgecheckt und dies mag vielleicht auch daran liegen, dass ich langsam alt werde, doch diese Namen sagen mir ehrlich gesagt überhaupt nichts. Jetzt, schau dir einmal mein hochkarätiges Programm für heute Abend an. Was ist eine “Antilopen Gang” schon gegen Legenden wie Friedrich Engels und Karl f*cking Marx? (kk)
16:45 Es wäre schon lange soweit gewesen! Seit Wochen sehne ich ich nach dem Moment, endlich wieder vor den Toren des Prüfungsraumes auf dessen Öffnung zu warten! In der prallen Sonne unter der Pyramide warten mit mir mehrere dutzend BIA-Studenten darauf, morgen um 08.15 Uhr den Prüfungsraum zu stürmen und den besten Sitzplatz zu ergattern. Oh wie froh ich doch bin, morgen eine Prüfung schreiben zu dürfen und nicht am OASG schmachten zu müssen! (na)
15:40 Es ist soweit! Seit Wochen sehne ich mich nach dem Moment, endlich wieder vor den Toren des Openairs auf deren Öffnung zu warten! In der prallen Sonne warten mit mir mehrere tausend Menschen darauf, um 17 Uhr das Gelände zu stürmen und den besten Zeltplatz zu ergattern. Oh wie froh ich doch bin, jetzt nicht in der Bib zu schmachten! (ak)
Today, this year’s HSG Alumni Forum on the topic of „The Internet of Things“ (IoT) took place in the Olma hall. The IoT or also the „Internet of Things, Services and People“ as ABB CEO Ulrich Spiesshofer called it at the St. Gallen Symposium, is the confluence of the real and the digital world through the connection of basically everything. Moore’s Law has increased and will continue to increase data storage capacity exponentially. Based on ever smaller, faster and cheaper electronics it becomes profitable to put more and more sensors on everyday materials connecting them to other materials and the global brain known as the „Internet“. This continuous data explosion is estimated to form a „Trillion Sensor Economy“ until the year 2020 and will create about 19 trillion dollars of value in the next decade according to Cisco. In his 2014 Bestseller „The Zero Marginal Cost Society: The internet of things, the collaborative commons, and the eclipse of capitalism“ the American economist Jeremy Rifkin even goes so far as to proclaim that the decades of the construction of the IoT will be the very last years dominated by classical capitalism. Afterwards the majority of industries will have transformed into post-scarcity economies, which means not only that jobs get automated, but also that the overall sales volume of these industries will start to decrease due to (near) zero marginal costs or what Peter Diamandis calls the 6 D’s of exponential growth.
As the Alumni Forum shows networking has always been a strength of the HSG. With its industry specific future labs the university has now also put itself in a good position for the market of digital networks (and created the neat explanation video below).
However, let’s please not forget that the future consists of a confluence of different emerging technologies. At least from the perspective of a student the willingness and ability of the HSG to anticipate and adapt to those future and emerging technologies has still room for improvement. Take for example 3D-Printing. A personal 3D-Printer is not yet paying off for students because A) the degree of capacity utilization would likely be very low and B) a certain know-how is needed. Why not create a “3D-Printing-Café” (analogue to a Internet-Café in the 90s) and add 3D-Printers as well as courses to the University so that students learn to apply this technology and use it for example to create instant product prototypes?
Or what about programming?
In 10 Jahren gehört Programmieren zu jedem Studium, sagt Dr. Alexander Illic am #HSGAF15.
— HSG Alumni Official (@HSG_Alumni) June 18, 2015
If we assume that in 10 years everybody is required to take programming classes why not start with this now? About 99% of todays students will still be in the work force in 10 years. Without the technical knowledge aka the “Wozniacks” they might just all become “Jobs” without jobs. Why has no HSG student created the “Tinder” for networking yet? Exactly, that’s why. And I will bet anybody who’s willing to take me up on this for a beer in the ad hoc that at the latest in 2 years from now people at events like the Alumni Forum or the Symposium will use a location-based networking App, whether it’s developed by a HSG student or not.