Die Zeit, zumindest die vorlesungsfreie, vergeht wie im Fluge und das Jahr 2014 neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu. Klassischerweise wird dies genutzt, um das vergangene Jahr noch einmal Revue zu passieren ( YouTube Rewind, Google Search, SRF, Blick, Überraschung ). 2014, das Jahr als der Gripen trotz der Unterstützung der prisma Leserschaft abstürzte (1,2) und Sepp Blatter die Fussball-WM skandalöserweise während der Prüfungsphase ansetzte (1,2). Ein Jahr voller (Nicht-)Debatten über das studentische Nachtleben (1,2), die „Skandalfliege“ Erika (1,2) oder genderneutrale Bezeichnungen. Doch widmen ihr uns doch für einmal nicht dem Inhalt sondern dem Jahr selbst. Was bedeutet es wenn wir heute Abend auf das Jahr 2015 anstossen?
Der überwiegenden Mehrheit der Menschen ist klar, dass wir nicht das Alter der Erde oder gar des Universums zählen, auch wenn dies im Judentum und Frühchristentum tatsächlich der Fall ist/war. Gemäss dem hebräischen Kalender befinden wir uns momentan im Anno Mundi 5775.
Der heute weltweit angewandte gregorianische Kalender, zählt natürlich die Jahre vor und nach Christi. Doch damit kommt es bereits zur ersten Unstimmigkeit, denn den Geburtstag von Jesus haben wir ja bereits vor rund einer Woche gefeiert (mit Geschenken für alle ausser für das Geburtstagskind, nicht einmal ein aramäisches „Happy Birthday“ wurde gesungen, #worstbirthdayever). Da es im christlichen Kalender kein Jahr 0 gibt, wäre Jesus nach religiöser Lehre also bereits am 24./25. Dezember des Jahre 1 vor Christus geboren. Es bleibt jedoch beim Konjunktiv. Spätestens seit Sheldon sollte es zum Allgemeinwissen gehören, dass sein Geburtsdatum vermutlich vor allem eine christlicher Marketingstrategie war, um Marktanteile von heidnischen Konkurrenten zu gewinnen. Auch das angebliche Geburtsjahr Jesu wird von Historikern stark bezweifelt und in der Regel zwischen 6 und 4 v. Chr. angesetzt. Ob die Kirche den Messias allerdings auch mit Absicht verjüngt hat, darf in Frage gestellt werden.
Eine noch grössere Knacknuss als die Anzahl Jahre stellt das Datum dar. Ein Jahr ist grundsätzlich eine Revolution, eine Umdrehung der Erde um die Sonne (die Wahrheit ist noch etwas komplizierter). Natürlich hat diese Bewegung nicht wirklich einen eindeutigen Anfang, doch es gäbe zumindest logische Ansatzpunkte wie z.B. Sonnenwenden resp. der Beginn der Jahreszeiten. Der 1. Januar ist aus astronomischer Sicht unbedeutend. Die Gründe warum er zum Jahresbeginn auserkoren wurde liegen anderweitig. Früher würde Neujahr an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeitpunkten gefeiert, im alten Rom, wo viele der Wurzeln des heutigen gregorianischen Kalender liegen, begann das Jahr bis 153 v. Chr. mit dem Amtsantritt der Konsuln am 1. März. Dann wurde dieser auf den 1. Januar vorverlegt, weil Rom einen Feldzug in Spanien führen wollte und aufgrund der weiten physischen Distanz Angst hatte bei normalem Amtsantritt einen Teil der für Krieg geeigneten Jahreszeit zu verpassen (in dem Feldzug wurden die Römer übrigens später vernichtend geschlagen). Der Jahresanfang blieb und die Umstellung vom März auf den Januar erklärt auch so einiges in unserem heutigen Kalender, wie etwa, weshalb der Schalttag, als Überbleibsel des Schaltmonates „Mensis intercalaris“, Ende Februar und nicht Ende Dezember angehängt wird oder wieso die letzten vier Monate im Jahr so heissen wie sie heissen: September, Oktober, November, und Dezember. Selbst mit rudimentären etymologischen Kenntnissen sollte einem auffallen, dass die Römer hier gezählt haben. Doch diese Monatsnamen sind nicht nur langweilige Platzhalter, wie man sie etwa bei noch nicht entdeckten oder einheitlich benannten Elementen kennt, sie sind auch eindeutige „Misnomer“. Der „Siebte“ ist in Wahrheit der Neunte, der „Achte“ der Zehnte und so weiter. Die Namen wurden wohl aus praktischen Gründen nicht angepasst. Undezimber und Duodezimber sind zwar hässliche Namen, doch das wahre Problem hätten natürlich der neue November (alter September) und der neue Dezember (alter Oktober) aufgrund ihrer Verwechslungsgefahr mit den alten existierenden Monaten dargestellt. Nichtsdestotrotz, es gäbe zweifellos genügend Götter, Personen oder Ausdrücke, um diesen Monaten einen besseren Namen zu geben.
Zusammengefasst feiern wir also verspätet den falschen Geburtstag einer religiösen Figur, weil vor noch mehr Jahren Italiener Bock darauf hatten bei gutem Wetter Krieg gegen Spanier zu führen. Selbst aus westlicher resp. christlicher Perspektive erscheint dies, wie so vieles in Bezug auf Zeiteinteilungen, nicht unbedingt „pareto-optimal“. Doch was wären die nicht-religiösen Alternativen? Einerseits könnte man zur vorchristlichen römischen Zählweise „ab urbe condita“ (seit Gründung Roms) zurückkehren. Eine solch eurozentrische Zählweise hätte in einer zunehmends multipolaren Welt realistischerweise zwar wenig Chancen, doch sie hätte zumindest den psychologischen Vorteil, dass die Jahreszahl sprunghaft wachsen würde. Bigger is better oder wie man an der HSG sagt Bieger is better. Nach einem Nimbus 2000 kann sich doch niemand für einen Nimbus 200 begeistern. Wenn wir einen Nachfolger für 2015 n. Chr. suchen, scheint 2768 auch einfach sexier als etwa Anno Fordi 107. Nichtsdestotrotz würde eine Kalenderreform wohl mit einem Schrumpfen der Jahreszahlen einhergehen, einfach weil alle eindeutig bestimmbaren Nullpunktereignisse in der näheren Vergangenheit liegen. Den vermutlich ernsthaftesten Versuch einer auf Verstand basierenden Kalenderreform unternahmen die französischen Revolutionäre. Nach ihrem Kalender befinden wir uns nicht nur im Jahr 223 der Republik, sondern haben auch Wochen aus 10 Tagen à 10 Stunden à 100 Minuten à 100 Sekunden. Dass diese Reform nur für sehr kurze Zeit anhielt hat nebst religiösen vor allem praktische Gründe. Einerseits führte die Zehntageswoche zu weniger freien Tagen für Arbeiter und andererseits konnten es sich die wenigsten leisten eine neue Uhr mit dem neuen System zu kaufen. Analog dazu werden die Macht der Gewohnheit und Umstellungskosten wohl auch in Zukunft verhindern, dass wir uns aus dem heutigen „Nash Equilibrium“ bewegen und Neujahr zu einem logischeren Zeitpunkt mit einer logischeren Jahreszahl feiern.
Doch im Endeffekt geht es ja auch nicht um Logik. Neujahr ist schlichtweg eine gigantische (Selbst-)Feier der Menschheit, von Neuseeland bis Alaska. Und wenn wir schon nichts Logisches feiern, so beginnt zumindest endlich wieder ein Monat mit einem anständigen Namen. Ein frohes neues Jahr!
St.Gallen, 30.11.2014
Lieber Petrus,
Wir schreiben Tag 7 unter der Nebelkuppel, die Stadt wirkt zunehmend entvölkert. Die Leute versuchen sich so effizient wie nur möglich durch die Urwaldpfade im Nebeldickicht in ihre klarsichtigen Refugien zu kämpfen. Wie viele sich allerdings tatsächlich in den Tiefen des Nebelmeeres aufhalten, ist schwer einzuschätzen. Die besten Freunde wirken aus 10 Metern Distanz wie Dementoren und allzu nahe an Lichtquellen zu gehen ist gefährlich, es könnte ja einer dieser vielen Anglerfische sein, die sich auf Bahnen durch die Stadt bewegen und einem überfahren, wenn man auf das Licht zugeht. Auch der Tag-Nacht-Rhythmus kommt etwas durcheinander, wenn es zu jeder Tageszeit gleich aussieht. Kurz, die Lage ist prekär.
Ich bin sicher, dass du dir bei dieser Nebelorgie durchaus etwas überlegt hast. Mit diesem Wetter hast du ja quasi ganz St. Gallen in den Farben des grauingrauen HSG-Campus geschmückt und der Dauernebel ist eine gute optische Simulation des Peking-Smog. Unsereins will ja vielleicht einmal bei der neuen Weltmacht anheuern und umgekehrt erleben Austauschstudenten aus der chinesischen Hauptstadt auf diese Art keinen Kulturschock.
Böse Zungen innerhalb des prismas behaupten wiederum, du würdest damit Native Advertising für den aktuellen Kinofilm „Interstellar“ machen, aber ich weiss, dass du dich nicht auf solche Deals einlassen würdest. Da würde ich dir schon eher eine himmlische Sensibilisierungskampagne für den Grauen Star zutrauen. Vielleicht soll das ganze auch einfach ein „Anstoss“ zur menschlichen Fortpflanzung sein. Unsere Fertilitätsrate liegt mit nicht nachhaltigen 1.5 Kindern pro Frau ja deutlich unter aller Sau (ca. 12 pro Wurf!) und viele Frauen begegnen dem chronischen Vitamin-D-Mangel ohne Sonne gerne mit einem anderen D. Dies mag ein schlechter Witz gewesen sein, aber schlechtes Wetter verbessert die schlechte Geburtenrate tatsächlich. Es ist auch durchaus verständlich, bei diesem Nebel möchte man sich ja am liebsten überhaupt nicht aus dem Bett bewegen.
Ich schätze also deine guten Intentionen, doch nach so vielen Tagen hatten wir doch langsam genug Zeit für Peking-Feeling, Kinobesuche und das Schwängern der Freundinnnen. Auch die postapokalyptische Romantik beim Joggen an den drei Weihern, wo man sich wahlweise in Twilight oder einem Teenie-Horror-Movie wähnen kann, hatte etwas für sich. Dennoch wäre es schön wieder einmal zu sehen auf wem oder was man gerade läuft. Wie wärs also wieder einmal mit etwas Sonne?
Liebe Grüsse
Kevin
P.S. Ich habe einmal angenommen, du wärst für den Nebel verantwortlich, falls es allerdings doch Elon Musk war, der im Matrix-Style der A.G.I. die Energie wegnehmen will noch bevor die Evolution ihre eigenen Kinder frisst, kannst du diesen Brief als gegenstandslos betrachten.
„Warum die Welt unsicherer geworden ist“ titelt heuer die Schweiz am Sonntag in einem Leitartikel von Patrik Müller, einst HSG-Student. Auch ein Blick in andere Medien lässt böses erahnen: Die Taliban wittern in Afghanistan den Abzug der Nato, Bärte sind wieder out, die „Social-Jihadisten“ in Syrien und dem Irak sind unter neuem Namen zum wiederholten Male unsere Feinde (glaube ich zumindest), Israel und die Hamas drehen wieder einmal ein bisschen an der Gewaltspirale und jetzt haben Putins Jungs äh unabhängige Freiheitskämpfer äh Terroristen mit höchster Wahrscheinlichkeit ein Passagierflugzeug abgeschossen. Wie sagt der Polizist jeweils bei Philip Maloney: „Die Welt ist aus den Fugen geraten“.
Doch hält dieser weitverbreitete Konsens auch einer nüchternen Betrachtung stand? Harvard Professor Steven Pinker vertritt in diesem TED-Talk ziemlich überzeugend die gegenteilige These, gemessen an der Anzahl Opfer wird die Welt nämlich erstaunlich kontinuierlich friedlicher! Natürlich ist es jedes der bisher rund 2000 Opfer des Ukrainekonflikts eines zu viel und es sollte alles getan werden, um den Konflikt soll schnell als möglich friedlich zu beenden, doch verglichen mit dem was die ukrainische Bevölkerung historisch schon ertragen musste verblasst das heutige Leid. Auch Obamas Drohnenpolitik darf und sollte man meiner Meinung beispielsweise durchaus kritisieren, allerdings sollte man sich auch bewusst sein, dass dies motzen auf einem vergleichsweise hohen Niveau ist, denn noch in den Neunzigern konnte eine US-Aussenministerin unaufgeregt kommentieren, dass eine halbe Million toter Iraker als Folge eines Handelsembargos ein „price worth paying“ ist.
Diese Disparität zwischen der Wahrnehmung und der statistischen Entwicklung beschränkt sich längst nicht nur auf Kriege. Betrachten wir zum Beispiel Einkommen und Lebenserwartung sehen wir eine ähnlich kontinuierliche Verbesserung. Für Peter Diamandis unter anderem Autor des Buches „Abundance“ (TED-Talk) ist dieses verzerrte Weltbild nicht zuletzt unserem biologischen Aufbau, der darauf getrimmt ist Gefahren zu erkennen, geschuldet. Wenn wir nur Fakten betrachten ist die Zukunft sehr wahrscheinlich in (praktisch) jeder Hinsicht besser als die Gegenwart, welche wiederum in (fast) allen Belangen besser als die Vergangenheit ist.
Zwischen Weltkrieg und Weltenstaat
Sicherer ist natürlich nicht dasselbe wie sicher. Das im Leitartikel von Müller beklagte Ende der Pax Americana ist gewiss nicht ohne Risiken, endete doch die Pax Britannica im ersten Weltkrieg. Die Gefahr eines thermonuklearen Weltkriegs ist real und in verschiedensten Szenarien denkbar. Dennoch stehen die Chancen für einen dauerhaften Frieden um ein Vielfaches besser als noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Der technologische Fortschritt im speziellen in den Bereichen Transport und Kommunikation hat die Welt kleiner und damit sicherer gemacht. Die Menschheit entwickelte sich weg von Stämmen zu Stadtstaaten zu Nationalstaaten hinzu dem einen Weltenstaat. Das globale Bewusstsein der Menschheit wächst mit jedem Moment. Internethypes wie „Gangnam Style“ oder die „We are happy“ Videos bezeugen das Aufkommen von globalen Kulturphänomenen . Auch die grossen Herausforderungen der Menschheit wie Abrüstung, Klimawandel oder Finanzkrisen verlangen zunehmends nach globalen Lösungen. Heute erscheint es uns primitiv, dass sich Nachbardörfer in der Schweiz aufgrund des Befehls eines Adligen gegenseitig abschlachteten. In der Zukunft wird man wohl einmal dasselbe über Kriege zwischen Nationalstaaten denken.
Die von den westlichen Leitmedien lauthals geforderte militärische Aufrüstung als (einzige) Antwort auf die Verschiebung der Machtverhältnisse Richtung Asien ist keine nachhaltige Lösung sondern eine Weiterführung des geopolitischen Schachspiels des vergangenen Jahrhunderts. Eine Partie, die freilich keine Nation mehr gewinnen, aber, im Falle eines nuklearen Weltkrieges, alle verlieren können. Wer den Frieden langfristig und nachhaltig fördern will sollte sich nicht mit Waffen zudecken sondern viel eher die Kompetenzen von internationalen Organisationen stärken, die Verbreitung des Internets und damit das globale Bewusstsein weiter fördern oder von ineffizienten Ölmotoren, welche im wahrsten Sinne des Wortes von Dinosauriern angetrieben werden, auf erneuerbare Energien umsteigen, welche um einiges gleichmässiger auf der Erde verteilt sind und somit der Geopolitik den Boden entziehen.
Bild: Neoformix.com
Fix und Fernandes ist die Fussballnation. Di Marias Treffer in der 118. Minute war ein absoluter Stocker. Auch ich bin noch Inler etwas Benaglio von den Bergen an Behrami(s) Drmic an der Barnetta (ge)Seferovic(t) habe, nachdem wir haarscharf am Ziegler vorbeigeschrammt sind. Die Niederlage ist Schär Shaqiri, nichtsdestotrotz dürfen wir Bürk(l)i(ch) Stolz sein. Die Schweizer gaben gegen die Argentinier 120 Minuten lang voll Gavranovic. Kein Vergleich zum Frankreichspiel als wir wie Mehmedi(s) aussahen und ebenfalls kein Vergleich zu Südafrika als wir noch nach einem ultradefensiven Dzemaili spielten und uns dazu unnötige Rodriguez holten. Die Lichtsteiner in Brasilien sind aus für die Nati, aber dies ist noch lange kein Grund die Djourous an den Nagel zu hängen. Die meisten Spieler Senderos noch jung, ab ins Petkovic, einmal gut ausschlafen und bereits im nächsten Sommer sind wir zurück. Nur für einen endet die Lang(e) Karriere bereits hier. Xhaka Hitzfeld, danke für 6 schöne Jahre!
Bild: EQ Images
Erst kürzlich fand auf dem HSG-Campus das diesjährige St. Gallen Symposium zum Thema „Clash Of Generations“ statt. prisma war natürlich auch dabei und lieferte einen exklusiven Einblick zu heutigen und morgigen „Leaders“ sowie Hintergründe zu Organisation und Kritik am elitären Treffen. Doch allein schon das Motto „Smash Little WEF“ der Globalisierungsgegner, welche durch Sachbeschädigung ihren Teil zum BIP der Schweiz beisteuern wollten, impliziert, dass das Symposium (noch) nicht an der absoluten Spitze in der Hierarchie elitärer Diskussionsforen steht.
Vom 29. Mai bis zum 1. Juni kommt es nun in Kopenhagen zum berühmt berüchtigten Bilderberg-Meeting. Die rund 140 Teilnehmer dieser „invitation-only“ Tagung repräsentieren die Crème de la Crème der westlichen Elite. Im Gegensatz zum WEF geschieht das Ganze unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Geheimhaltung geht so weit, dass die reine Existenz der seit 1954 stattfindenden transatlantischen Treffen bis vor wenigen Jahren noch als „Verschwörungstheorie“ galt. Der entstandene Öffentlichkeitsdruck hat die Veranstalter in den letzten Jahren jedoch zu mehr Transparenz bewogen. Neu werden sowohl die Teilnehmerliste als auch die wichtigsten Themen der Konferenz im Internet veröffentlicht.
Eine „geheime Weltregierung“, wie sie mancher Verschwörungstheoretiker vermutet, stellen die Bilderberger alleine schon aufgrund der hohen Fluktuationsrate und heterogener Interessen der Teilnehmer wohl eher nicht dar. Alt-Nationalrat Christoph Blocher, der 2009 an der Konferenz teilnahm, beschrieb das Treffen in seinem TeleBlocher unaufgeregt als WEF mit mehr Klartext und weniger PR-Phrasen. Soll man der „Superclass“ nicht auch einfach einmal einen Raum frei von der ständigen Beäugung durch die Medien geben?
Jein, ein anständiger Blowjob, ohne dass gleich ein Amtsenthebungsverfahren droht, wäre Bill & Co. ja an sich schon zu gönnen, doch geheime politische Treffen auf diesem Niveau sind aus demokratischer Sicht kritisch zu betrachten. Gemäss manchen früheren Teilnehmern soll die Konferenz auch tatsächlich einen grossen Einfluss auf die europäische Integration gehabt haben.
Ob man solche Konferenzen nun als Dorn im Auge der Demokratie oder als notwendiges Übel, eben gerade weil Demokratie nicht immer funktioniert, sieht, es ist lohnenswert und lehrreich sich anzuschauen, mit welchen grossen Herausforderungen sich die globale Elite herumschlägt. Die Schweiz ist dieses Jahr durch André Kudelski (digitale Sicherheitssysteme), den nach Amerika geflüchteten Ex-Novartis CEO & Verwaltungsrat Vasella und den HSG-Alumnus Ackermann vertreten. Generell scheinen nicht ganz überraschend mehr Top-Sicherheitsleute vertreten zu sein als auch schon: Der Saceur, Petraues, Rasmussen, Geheimdienstler und Aussenminister.
Zu den diesjährigen Themen gehören die Ukraine-Krise, der Dauerbrenner Mittlerer Osten und Europas sowie Chinas Zukunft. Neben der Geopolitik und der Wirtschaft gibt es jedoch auch noch andere Themen. „Does privacy exist?“ ist einer der Punkte, die diskutiert werden. Ähnlich, wie am Symposium, wird auch die Frage „Who will pay for the demographics?“ gestellt, jedoch wird mit „Big shifts in technology and jobs“ auch die zweite (und grössere) Welle in die Arbeitsrechnung miteinbezogen. Eine ganze Reihe von Studien von Top-Universitäten und die Top-Shots des Silicon Valleys warnen, dass es in absehbarer Zeit zu Massenentlassungen kommen wird, weil eine ganze Reihe repetitiver Jobs automatisiert werden. Andrew McAfee, der am Meeting teilnehmen wird, hat dazu, zusammen mit Erik Brynjolfsson, das Buch „Race Against The Machine“ geschrieben und einen interessanten TED-Talk gehalten.
Vielleicht täten auch unsere Ökonomen an der HSG nicht allzu schlecht daran, sich noch intensiver mit der Zukunft der Arbeit auseinanderzusetzen, schliesslich wird der Bürger in der Schweiz schon in nicht allzu ferner Zukunft über die Einführung von einem bedingungslosen Grundeinkommen abstimmen…
prisma besuchte die Dozierendentagung zur Zukunft der Lehre im Kongresshotel Einstein und war positiv überrascht wie intensiv und durchaus (selbst)kritisch die Diskussionen geführt wurden.
Welcher Student kennt das nicht? Während dem Semester ist man geistig höchstens zur Hälfte anwesend, dafür wird dann in den ein, zwei Wochen vor den Prüfungen gelernt was das Zeug hält. Das eigentliche Verständnis der Materie ist dabei eher zweitrangig, im Vordergrund steht das Bestehen der Examen. Ist dies geschafft, geht das unter Zeitdruck eingeprägte Wissen dann schon an der nächsten „Memory Clear“ Party wieder flöten. Diese weitverbreitete Art zu lernen bezeichnete Dieter Euler vom Rektorat für Qualitätsentwicklung in seiner Eröffnungsrede zur Tagung als „Surface-Learning“ oder auch leicht pejorativ als „Bulimie-Lernen“.
Die Dozierenden schoben den schwarzen Peterli jedoch nicht einfach den Studierenden zu. Die derzeitige Studienstruktur fördert Erledigungsdenken, sowohl bei den Studenten als auch bei den Professoren. Will ein Dozent beispielsweise offene Fragen, welche ein vertieftes Verständnis des Stoffs verlangen, in eine Prüfung einbauen, macht er sich für die Korrektur einen enormen Mehraufwand. Gleichzeitig rebellieren die Studierenden, weil sie die Lösung für die Frage nicht auf einer Karteikarte ablesen konnten. Daraus ergibt sich dann ein suboptimales Equilibrium, in welchem vor allem auswendig gelernte Konzepte abgefragt werden.
Dabei herrscht eigentlich ein breiter Konsensus, dass stures Auswendiglernen in einer Welt in der alles Wissen nur einen Klick entfernt ist keine Validität mehr hat. Rektor Thomas Bieger betonte, dass die Welt zunehmend inkonsistent wird und die Universität die Studenten auf noch nicht vorsehbare Veränderungen vorbereiten muss. Anstatt Modelle zu memorisieren, die schon in fünf oder zehn Jahren vollkommen überholt sein könnten, braucht es ein funktionales Verständnis der Grundlagen, Kollaboration und vor allem Kreativität, welche die vielleicht wichtigste Ressource des 21. Jahrhunderts ist. Wie prophezeite schon Isaac Asimov: „The lucky few who can be involved in creative work of any sort will be the true elite of mankind, for they alone will do more than serve a machine.“
Vor allem die klassischen Vorlesungen standen arg unter Beschuss. Im Mittelalter, als Bücher noch ein Luxusgut waren, habe es tatsächlich Sinn ergeben, dass ein Professor den Studenten vorliest. In der heutigen Zeit seien Vorlesungen, deren Inhalte 1:1 dem Textbuch entsprechen, reinste Ressourcenverschwendung, erklärte ein Professor in der Kaffeepause. Auch für Thomas Bieger ist klar, dass das Endziel „Flipping“ sein muss. Das bedeutet, dass die Grundlagen per Buch/Podcast von zu Hause aus erarbeitet werden, während die Lehrveranstaltungen integrativ und interaktiv gestaltet werden, z.B. in Form von Arenadebatten, Gerichtsverhandlungen oder Wirtschaftssimulationen.
Der Inhalt und die Struktur der Lehre müssen also neu aufgebaut und verpackt werden, darüber sind sich (fast) alle einig. Wenn es jedoch um konkrete Vorschläge geht, scheiden sich die Geister oftmals: Weniger Kurse, weniger Prüfungen, kleinere Unterrichtsgruppen, mehr Kontext, „Achievements“, studentisches Mitspracherecht beim Kursangebot, Fachschaften, Enterpreneurial Year mit Nord-Süd Austausch oder ein Innovative Teaching Award, um nur einige der genannten Lösungsansätze zu nennen.
Alles in allem war die Tagung ein gelungenes und anregendes Brainstorming. Welche der vielen Ideen am Ende umgesetzt werden, werden die nächsten Jahre zeigen. So oder so, ein bisschen beneide ich die Studenten der Zukunft schon heute.
Der amerikanische „War on Drugs“ ist ein katastrophaler Fehlschlag, zumindest wenn man ihn an den öffentlichen Zielen misst. Die jetzige zaghafte Bewegung zur Entkriminalisierung von Hanf wird daher von den meisten Kommentatoren positiv bewertet. Auch in der Schweiz scheint die „Drogenfrage“ wieder an Dynamik zu gewinnen. Der Drogenelefant im Raum wird jedoch weiter weitestgehend ignoriert: Alkohol!
Das Blut des Messias hat es in sich, das CH3CH2OH–Molekül. Massenfach. Mit etwa 100 Promille dürfte Jesus der Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde für den höchsten Blutalkoholwert eigentlich auf sicher gehören. Halleluja! Nicht nur der Wein sondern auch das Bier ist im Christentum verwurzelt. “Mönche, brauten das „flüssige Brot, um leichter durch die Fastenzeit zu kommen. Zugegeben: Bierfasten ist wohl auch um einiges lustiger als normales Fasten. Mit diesem religiösen Hintergrund ist die Akzeptanz, um nicht zu sagen Promotion, von Alkoholkonsum in unserer christlich-abendländischen Gesellschaft nicht allzu verwunderlich.
Für diese Akzeptanz zahlen wir einen hohen Preis. Alleine in der Schweiz sterben rund 1600 Leute am übermässigen Alkoholkonsum und das jedes Jahr. In Russland ist es noch weitaus schlimmer: Dort ist fast die Hälfte aller Tode von Männern in arbeitsfähigem Alter auf die Gesellschaftsdroge zurückzuführen. Alle illegalen Drogen zusammengerechnet, Kokain, Heroin und wie sie alle heissen, führen weltweit zu rund 250’000 Todesfällen. Zweifelsohne eine Tragödie. Dem Alkohol fallen jedoch rund zehnmal so viele Menschenleben zum Opfer. 2.5 Millionen Menschen sind es jedes Jahr. Dabei ist der Alkohol nach Todesopfern nicht einmal die schlimmste aller Drogen. Eine weitere „tolerierte“ Droge, der Tabak, ist noch blutrünstiger. Gerade die, in Bezug auf den Alkohol, abstinenten muslimischen Länder sind die eifrigsten Konsumenten von Tabak. Gemäss Statistik sind beide, Alkohol und Tabak, absolute „Killerdrogen“ und trotzdem empfinden wir sie als relativ harmlos, als ein kleines Laster, mehr nicht. Obwohl der Alkohol nach jeder objektiven Definition eine Droge ist, vermeiden wir eine solche Bezeichnung tunlichst. Von „Alkohol und Drogen“ zu sprechen ist dasselbe wie von „Fussball und Sportarten“ oder „HSGlern und Studenten“ zu reden. Drogenkonsumenten sind in unseren Augen Junkies mit Spritze. Vor diesen bösen Drogenmenschen fürchten wir uns, doch über lallende und torkelnde Betrunkene lachen wir nur.
Dann gibt es noch die Drogen, die wir überhaupt nicht als Rauschmittel wahrnehmen, wie etwa Kaffee. Koffein ist die weltweit meist konsumierte, pharmakologisch aktive Substanz und hat im Gegensatz zu anderen Drogen auch sehr positive Nebenwirkungen: Sie regt den Kreislauf an und was für uns besonders wichtig ist, sie erhöht die Konzentrationsfähigkeit. Doch wer bestimmt welche Drogen gut für uns sind und somit keine „Drogen“ sind und welche Substanzen schlecht sind und verboten gehören? Wie wir gesehen haben, werden schon länger bekannte Drogen aufgrund ihrer gesellschaftlichen Verankerung bevorzugt behandelt, doch das ist nur ein Teil der Geschichte. Auch heutzutage kommen neue Drogen ganz legal auf den Markt, wenn sie als Arzneimittel zugelassen werden. Methylphenidat ist beispielsweise ein sehr beliebtes Betäubungsmittel, welches Eltern ihren Kindern verschreiben lassen, damit diese in der Schule besser aufpassen. Die Liste der Nebenwirkungen dieser Speed ähnlichen Droge ist dabei so lang wie die Liste der Patienten, welche das Mittel verschrieben bekommen. Das unter dem Namen „Ritalin“ verkaufte Wundermittel fordert in Form von Suiziden auch seinen Blutzoll, doch was der Arzt verschreibt kann unmöglich eine gefährliche Droge sein, nicht wahr?
Sollte es für einen erwachsenen Menschen überhaupt illegale Drogen geben? Gehört der eigene Körper nicht einem selbst und nur wir selbst können entscheiden, was wir ihm zuführen wollen?
„Die Freiheit des einen endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt.“
Ich denke wir alle sind uns einig, dass Auto fahren in betrunkenem Zustand ein absolutes Tabu ist. Denn damit wird nicht nur das eigene sondern auch das Leben von unschuldigen Menschen gefährdet. Doch ab wann genau übersteigt das öffentliche Interesse die Verfügungsgewalt über den eigenen Körper? Werde ich, wenn ich mich betrinke, nicht auch ohne Auto zum Sicherheitsrisiko? Ein torkelnder Trunkenbold auf der Strasse kann gefährliche Ausweichmanöver provozieren. Ganz zu schweigen vom erhöhten Aggressionspotenzial gegenüber andern. Sollte man das Trinken in der Öffentlichkeit nicht gerade komplett verbieten?
Wobei selbst der Alkoholkonsum in den eigenen vier Wänden Auswirkungen auf andere hat. Selbst jemand der keine Familie schadet mit dem Trinken indirekt andern, denn wir alle sind auf eine gewisse Art und Weise miteinander verbunden und betroffen von den Entscheidungen der Anderen. Diese Auslegung, die davon ausgeht, dass der Wohlstand über die Leistungsfähigkeit von der Gesundheit der Bevölkerung abhängig ist, und der persönlichen Freiheit keinen Wert zuspricht ist natürlich extrem. Das Resultat wäre eine „Gesundheitsdiktatur“ wie sie Juli Zeh in ihrem Bestseller Corpus Delicti ausmalt.
Während die Grundsatzfrage, wo die Grenze zwischen Gemeinwohl und persönlicher Freiheit zu ziehen ist, wohl noch lange umstritten bleiben wird, sollte es eigentlich jedem und jeder einleuchten, dass die heutige Grenzziehung im besten Falle als inkonsequent betrachtet werden kann. Erste Priorität sollte dabei die Bekämpfung der zwei absoluten Killerdrogen Nikotin und Alkohol haben.
Während die jahrelangen Medienkampagnen gegen das Rauchen langsam Früchte tragen und Raucher in der Gesellschaft immer mehr zu Asozialen abgestempelt werden, bleibt unter den Jugendlichen weiterhin ein grosser Druck Alkohol zu trinken. Ohne Alkohol keine Party, ohne Party bist du ein Aussenseiter. Diese langweiligen Abstinenzler sind doch alles Opfer! GO HARD OR GO HOME! #YOLO!
Der gesellschaftliche Druck ein Nervengift zu sich zu nehmen ist vollkommen absurd und bremst die westliche Gesellschaft als Ganzes. Doch was könnte man bloss dagegen unternehmen? Das Beispiel der Prohibition in Amerika hat gezeigt, dass ein reines Verbot keine optimale Lösung ist. Der Bürger hat einen inneren Drang nach Drogen, sei es nun um die eigenen Probleme zu vergessen, Spass zu haben oder einfach abzuschalten. Dieses Verlangen der Flucht aus dem Alltag können wir den Menschen nicht so einfach abtrainieren, aber wir können ihm zumindest den Alkohol abgewöhnen.
Die Lösung heisst nicht keine Drogen sondern bessere Drogen! Die Menschheit braucht ein Substitut für die gesellschaftlich akzeptierten Drogen, welches die gewünschte Wirkung ohne negative Nebenwirkungen erzielt.
Wir müssen auch gar nicht lange suchen wie eine solche Droge auszusehen hätte. Huxley hat uns die Lösung doch schon längst präsentiert: Sie heisst Soma! Eine berauschende Droge, welche den Körper Glückshormone ausschütten lässt und sexuell stimulierend wirkt. Keine Aggressionen. Kein Verlust der kognitiven Fähigkeiten. Kein Gedächtnisverlust. Kein Husten. Kein Krebs. Keine Dehydrierung. Alle schädlichen Nebenwirkungen fallen weg und es bleibt nur der gewünschte Rausch. Ist Soma eine Illusion? Keineswegs! Mit Ecstasy existiert sogar bereits heute ein Produkt, das relativ nahe ans Soma herankommt.
MDMA ist nach jeder gängigen Drogenstudie viel harmloser als die meisten anderen Drogen. Natürlich gab es auch schon Todesfälle, doch diese stehen in keinem Verhältnis zu den Anzahl Todesfällen anderer Drogen. Nur zur Erinnerung: Man kann auch an Orangensaft sterben, wenn man nur Orangensaft trinken. Alles ist eine Frage der Dosierung. Wenn man nun die derzeit illegale Forschung an MDMA legalisieren würde, um die Droge weiter zu optimieren, sind wir wirklich nicht mehr weit entfernt vom Soma. Schwieriger als die Herstellung von Soma wird die Implementierung in die Gesellschaft. Diese scheint derzeit nur durch eine Top-Down-Initiative möglich zu sein. Dabei spreche ich nicht alleine von der Legalisierung von MDMA und der schrittweisen Prohibition von Alkohol. Entscheidend ist das wie.
Dabei können wir uns ein Vorbild an Religionen nehmen. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Am leichtesten ermöglichen wir ihm den Wechsel von Alkohol zu Soma wenn er seine Gewohnheiten nicht ändern muss. Das gemeinsame Trinken ist ein sozialer Akt der nicht ohne Weiteres durch Pillen schlucken ersetzt werden kann. Ergo muss auch das Substitut nicht in Pillenform sondern in Form von Getränken angeboten werden. Dies hat den Vorteil, dass neue Konsumenten mit einer tiefen Dosierung schrittweise an die neue Droge gewöhnt werden und der Übergang vom Alkohol zu Soma (MDMA) im wahrsten Sinne des Wortes fliessend verläuft. Über die Jahre hinweg werden Alkoholflaschen aufgrund von Steuern teurer und das Angebot an MDMA Drinks mit verschiedenen Aromen, Aussehen und Dosierungen steigt kontinuierlich. Et voilà ehe wir uns versehen haben wir den Alkohol mit einer besseren Droge ausgetauscht.
Also worauf warten wir noch? Lasst uns Leben retten! Weg mit dem Nikotin! Weg mit dem Ethanol! Die Menschheit braucht endlich bessere Drogen!
Andere zu kritisieren ist leicht. prisma wollte erfahren wie es wirklich um das digitale Zukunftskonzept der HSG steht und traf sich mit dem Rektor, Prof. Dr. Thomas Bieger, zu einem interessanten Gespräch über MOOCs, classroom experience, e-democracy und James Bond.