Von der Finanzmetropole London ins idyllische Appenzellerland

Markus A. Will ist Privatdozent für Kommunikationsmanagement auf Bachelor- und Masterstufe an der HSG. Neben seiner pädagogischen Tätigkeit betreibt er mit seiner Frau Corinna Gutt eine Unternehmensberatungsfirma für Kommunikationsmanagement und ist Thrillerautor der ganz besonderen Art.

Nach einer idyllischen Zugfahrt durch die hüglige Landschaft des Appenzells besuche ich Markus Will in Wienacht-Tobel – einem Ort, an dem die Welt noch in Ordnung zu sein scheint. Abgesehen von Vogelgezwitscher und blökenden Schafen herrscht Ruhe im verschlafenen Dorf. Dass ausgerechnet Markus Will in dieser Gegend wohnt, überrascht mich nicht schlecht, da der Dozent an der Universität in seinem taffen Unterricht alles andere als gemütlich und verträumt erscheint. Knarrende Holztreppen führen in die Dachetage des Appenzeller Landhauses, wo er Kaffee nippend am Schreibtisch sitzt und Mails beantwortet. Rasch wird mir klar, warum er seinen Arbeitsplatz im Dachgeschoss angesiedelt hat – ein Blick durch das Fenster eröffnet mir einen gewaltigen Ausblick auf den Bodensee und den gepflegten Vorgarten seines Hauses.

Ein Bauer und der Virus der Kommunikation

Aufgewachsen ist Will im urchigen Ruhrgebiet. In den Ferien arbeitete er regelmässig auf einem Bauernhof auf der Insel Fehmarn und lernte dort, kräftig mitanzupacken. Kühe melken, Stroh pressen, ernten, aber auch die Feuerwehrfeste mit seinen Kumpanen faszinierten den Jugendlichen, sodass er beschloss, eine Lehre als Landwirtschaftsgehilfe anzutreten. Die romantischen Pläne des jungen Will wurden jedoch abrupt von der Pflicht zum Wehrdienst beim Bund unterbrochen. Während seiner Dienstzeit begann er als freier Journalist für die NRZ zu schreiben, wo sich «der Virus der Kommunikation wohl festgesetzt haben muss». Trotz seiner entdeckten Leidenschaft hat er das Schreiben nur nebenbei weitergeführt und erst einmal «etwas Anständiges» studiert, wie er seinen VWL-Studiengang beschreibt.

Das wirtschaftliche Studium hat sich Will durch redaktionelle Beiträge bei der Giessener Allgemeinen finanziert; und auch später hat er zwischen den beiden Welten gearbeitet und gelebt. «Etwas nur und ausschliesslich über mehrere Jahre zu machen, ist nicht mein Ding, ich mache immer mehrere Sachen parallel», so Will. Die universitäre Ausbildung schloss er nach Jahren in der Praxis mit einer Habilitation in BWL an der HSG ab. Seither widmet er sich voll und ganz der Kommunikation und pflegt heute zu sagen, dass er «auch nichts anderes als Kommunikation kann, dies dafür in verschiedenen Facetten und Nuancen und vielleicht besser als andere.»

Nach dem Studium war Markus Will zunächst Wirtschaftsjournalist bei der Börsen-Zeitung und gewann den renommierten Ludwig-Erhard-Förderpreis für Wirtschaftspublizistik, um sich dann aus dem eigentlichen Journalismus hin zum Kommunikationsdirektor der Investmentbank Merrill Lynch und der Deutschen Morgan Grenfell in London zu verabschieden. Die Frage, ob er sich durch seine Berufstätigkeit in verschiedenen Ländern, Städten und Bereichen selbst auch verändert habe, verneint er. «Auch als Banker in London, wo man leicht denaturieren könnte, bin ich doch auf dem Boden der Tatsachen geblieben.»

Dennoch prägte ihn diese Zeit und er ist nun froh, als selbstständiger Berater mehr Zeit für sich und seine Familie zu haben. «Ich schlafe wieder in meinem Bett und nicht mehr im Flugzeug und bin eigentlich froh, wenn ich einen Flieger nur von aussen sehen muss. Das Fliegen hat für mich jeden Reiz verloren.» Die stressige Zeit als Banker schildert er anhand seines ersten Arbeitstages als Kommunikationsdirektor bei der Deutschen Morgan Grenfell. Genau an diesem Tag flog ein Korruptionsvorfall auf, woraufhin Will über zehn Tage lang durcharbeiten musste. Nach Hause ging er in diesen Tagen und Nächten nur, um seinen Anzug zu wechseln und durch Gespräche mit seiner Frau die Erlebnisse so gut wie möglich zu verarbeiten. Vom Bankbetrug zur Belletristik Will ist Autor von drei Thrillern, in denen er wirtschaftlich hochkomplexe Themen mit Dramatik, Emotionen und Erotik vermischt. «Man muss mutige Ideen haben und dann die einzelnen Handlungsstränge geschickt flechten und mit Bildern verbinden», erklärt er. Die Ideen zu seinen verrückten Geschichten kommen dem Marathonläufer beim Joggen. «Entweder ich spreche meine Gedanken beim Laufen auf meine eigene Combox oder ich renne wie ein Blitz zurück ins Büro und notiere meine Ideen.» Bevor seine druckbereiten Bücher zum Verkauf stehen, werden sie von seiner kritischen Mutter gelesen. «Als Friseurmeisterin hat meine Mutter wenig mit Wirtschaftsthemen am Hut. Wenn sie den Inhalt meiner Bücher versteht, dann bin ich beruhigt, dass sie gut sind.»

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Keine Produktion von «asozialen Managern»

Wer schon einmal einen Kurs bei Markus Will besucht hat, kennt seine disziplinarischen Anforderungen an die Studenten. Kein Mobiltelefon, kein Laptop, keine Gespräche nach links und rechts werden toleriert und nicht selten weist er auf mangelnden Respekt hin – zum Beispiel, dass der Kopf nicht auf der Hand abzustützen ist, wenn man mitdiskutieren will. Kurzerhand nutze ich im Gespräch die Gelegenheit, den Dozenten nach den Hintergründen seiner disziplinarischen Grundsätze zu fragen: So schätzt der Privatdozent den guten Ruf der Universität St. Gallen sehr und fühlt sich verpflichtet, dazu beizutragen, dass dieser erhalten bleibt. «Sekundärtugenden wie Disziplin und Anstand gehören für mich unabdingbar zu einer vorbildlichen Sozialkompetenz dazu. Schliesslich wollen wir keine asozialen Manager produzieren, das wäre dem Ruf abträglich.» Will kann es auch «auf den Tod nicht ausstehen», wenn ein Student eine Mail ohne Anrede oder nur mit einem «Hallo» schreibt. Zudem will Will seinen Studenten vermitteln, dass sie zwar privilegiert sind, an der HSG zu studieren, dass unsere Uni aber – wie jede andere Bildungseinrichtung – «auch nur mit Wasser kocht». Gleichzeitig spricht Will aber auch Bewunderung für die Leistungen der Studentinnen und Studenten aus: «Ihr tut mir unendlich leid, wenn ich vergleiche, wie viel mehr ihr für euer Studium arbeiten müsst als wir vor 30 Jahren. Aber wenn ich sehe, dass trotzdem alle auf Partys gehen, denke ich, ihr kriegt das schon hin.»

Familienmensch mit Zukunftsträumen

In seinem Privatleben scheint er seinen zwei Kindern ein fürsorglicher Vater zu sein. Viele Familienfotos zieren das Regal seines Arbeitszimmers, auf denen seine Tochter und sein Sohn zu sehen sind. Zu seiner Frau möchte er mir nur bedingt etwas verraten. «Sie ist selbständig und möchte sicher nicht von mir interpretiert werden.» Er verrät mir aber, dass er Corinna Gutt vor 25 Jahren während des Studiums in einer Vorlesung kennenlernte. Seit diesen Anfängen jetten sie gemeinsam um die Welt und versuchen, sich trotz beruflich individueller Wege zu arrangieren. «Eine junge Beziehung muss lernen», so der unterdessen glücklich verheiratete Will. Auf die Frage, ob es Liebe auf den ersten Blick war, schweigt er, ohne die Miene zu verziehen – «Ein Kommunikationsexperte weiss, wann er auch mal nichts sagen soll.»

Um Markus Wills Schweigen zu unterbrechen, lege ich den Fokus wieder auf seine Persönlichkeit und will wissen, was er mit einem unendlich hohen Geldbetrag anstellen würde. Ohne monetäre Verpflichtungen würde er nach abgeschlossener Matura seines Sohnes mit seiner Frau in einem alten VW-Bus um die Welt reisen wollen. Will könnte sich gut vorstellen, mal für ein Jahr zu sagen: «Ich bin dann mal weg». Genauso wie es Hape Kerkeling tut. Dennoch würde er seine Tätigkeit nicht ganz hinter sich lassen: «Ich würde ein interessantes Reisebuch schreiben, also nicht nichts tun, aber etwas anderes.»

Infobox

Geburtsdatum/ort: 30.09.1963 Oberhausen (Ruhrgebiet)
Hobbies: Joggen, Skifahren, Wandern
Lieblingsautoren: John Grisham, Ken Follet
Lieblingsmusik: lässt sich vom Radio «berieseln»
Lieblingsort: Eine bestimmte Stelle im Garten zuhause mit Blick auf den Bodensee
Lieblingsessen: Von Pasta bis Sushi ist alles dabei
Status: Verheiratet, zwei Kinder
Wills Thriller aus der bad-banker-Serie erscheinen nun auch als ebooks: «bad banker im holiri-komplott» ist bereits erhältlich unter http://www.heypublishing.com/e-book/206748/bad-banker. Die Fortsetzung «bad banker im währungskrieg» hat Will bis zur Zypern-Krise «mit einem Mord im EZB-Umfeld» spannend und informativ aktualisiert. Es erscheint im Juni und ist unter http://www.heypublishing.com/e-book/206749/bad-banker erhältlich.

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