Geeintes Europa als Weg aus der Krise?
Leave a CommentMontag Abend 18.00 Uhr. Immer mehr Studenten und Interessierte tröpfeln allmählich in das voller werdende Audimax. Es ist der erste Grossanlass in diesem Jahr, den die foraus Regiogruppe von St. Gallen organisiert. Viele Besucher der Podiumsdiskussion wurden wohl von den bekannten Namen an die Uni gelockt. Schon vor Wochen wurden die Panelisten mit Stolz bekannt gegeben. Mit Enrico Letta, dem ehemaligen Ministerpräsidenten von Italien, gelang es foraus ihren absoluten Wunschkandidaten für diesen Event zu gewinnen. Aber auch sein Gegenspieler Filippo Lombardi Schweizer Politiker (CVP) und ehemaliger Ständeratspräsident, ist kein unbeschriebenes Blatt.
Als die beiden Panelisten, angeführt von Professor Dirk Lehmkuhl, den Saal betreten wird zuerst einmal kräftig applaudiert. Einer der Initiatoren der Events, Kilian Massiah Begrüsst die Redner und das Publikum. Dann erklärt er uns in aller Kürze, warum diese Diskussion so wichtig sei. Es ginge darum, ein Plattform zu schaffen, in deren Rahmen es möglich sei in einem positiven Sinne über die EU und über Europa zu diskutieren. Allzu schnell würde man alle Vorteile der EU in den Wind schlagen und sich nur auf das Negative beschränken. Mit diesen Worten überlässt Massiah die Bühne dem Dreiergespann.
Professor Lehmkuhl ergreift das Wort. Er erklärt die wichtigsten Themen dieser Diskussion. Im Zentrum stehen neue Ziele der EU in einer Zeit des Umbruchs, wie wir sie aktuell erleben. Dann fordert Lehmkuhl Letta auf uns seine Vision von Europa vorzutragen.
Letta weißt zuallererst darauf hin, dass wir uns in einer Phase befinden, in der Europa einem immer stärker gewordenen Russland gegenüber steht. Auch die übrigen mächtiger werdenden BRICS Staaten und eine sich im Wandel befindliche USA, fordern Europa zusätzlich. Unser Kontinent ist schon lange nicht mehr das Zentrum der Welt. Trotz dieser düsteren Prognosen wird schnell klar, dass Letta mit Leib und Seele für die EU einsteht. „Die EU ist eine Konstruktion, in der wir alle Minderheiten sind“, dies ist Lettas Lieblingsdefinition der EU. Er betont, dass geraden dieser Minderheitsstatus eine Intelligente Integration der europäischen Länder fordert. Europa braucht dringend mehr Einigung, damit wir auch künftig unsere Werte und Ansichten in der Welt vertreten können. Die zunehmende Anti-Europa Haltung, die auch in seinem Land weit verbreitet ist, sieht Letta als höchste Bedrohung für die Zukunft Europas an. Zudem betont er, was für ein Desaster es wäre, wenn Grossbritannien die EU verlassen würde.
Filippo Lombardi greift dieses Thema auf und stellt klar, dass die EU es sich nicht leisten könne auch nur ein Mitglied zu verlieren. Egal wie gross oder einflussreich es auch ist. Aber er räumt ein, dass die EU Grossbritannien auch etwas zurückgeben müsse, um das Land in der EU zu halten. Man könne nicht erwarten, dass ein Land nur gibt aber im Gegenzug nichts dafür erhält.
Lombardi erklärt, dass er nicht unbedingt ein Befürworter der EU ist. In der Politik der Union hat das Wachstum überhand gewonnen. Dabei bräuchte es dringend qualitative Elemente und Reformen zugunsten der Institution, doch diese gehen grösstenteils unter. Im weitern Verlauf seiner Darstellung weist er auf die denkbar schlechte Stellung hin, welche die EU vor allem bei den jüngeren Generationen einnimmt. Für viele junge Leute bietet die EU schlicht und einfach nicht die Zukunft, die sie sich wünschen. Es wäre an der Zeit, dass die EU etwas gegen dieses schlechte Image unternimmt. Lombardi selbst wünscht sich eine EU, die auch für Schweizer Bürger attraktiv ist. Im Moment ist er zwar kein Fan von der EU aber er hofft, dass sie sich so wandelt, dass auch er sich in Zukunft zu den Befürwortern zählen kann. Schlussendlich sind sich die beiden Politiker einig, dass es auch innerhalb der EU an der nötigen Integration fehlt. Doch Letta rückt nicht von seiner Position ab, dass ein vereintes Europa der Weg aus der Krise sei. Er selbst sei stolz Europäer zu sein, für ihn gibt es keine Alternative zur EU.
Fotos: Simone Brunner