Zweitausendelf

2011 war ein beschissenes Jahr. In den letzten zwölf Monaten sind so viele Katastrophen, Krisen und Unglücke an uns vorbeigezogen – eigentlich hätte das für das gesamte, noch so junge Jahrzehnt gereicht.

Spätestens dieses Jahr bin ich ein Sklave meines Smartphones geworden. Mit das Erste was ich morgens nach dem Aufstehen mache, ist aufs iPhone zu blicken und zu checken was ich in der vergangenen Nacht verpasst habe. Da ich aber schwer aus dem Bett komme, ist meine Freundin meistens vor mir wach und statt selbst nachzusehen source ich den News-Check auch gerne mal aus. “Und, gibt’s was Neues?”, war also auch an diesem Morgen die Frage. Vielleicht hatte sie im Halbschlaf nicht richtig nachgesehen oder das Smartphone die Seite nicht neu geladen, auf jeden Fall verneinte sie meine Frage und ging duschen. Wenige Minuten später sah ich natürlich trotzdem nach und efuhr das Steve Jobs gestorben war.

Vielleicht hat er immer davon geträumt, vielleicht war es aber auch nur die absurde Ironie des Schicksal, dass viele Menschen auf einem Gerät von seinem Tod erfahren haben, das er erfunden, designt und vermarktet hat. Mit Steve Jobs ging ein beeindruckender Visionär von uns, wenige Wochen zuvor war mit Amy Winehouse eine der herausragendsten Künstlerinnen unserer Zeit gestorben und mit ihrem Tod dem makaberen 27 Club beigetreten und mit dem Ableben von  Loriot ist die Welt weniger lustig geworden. Sie stehen exemplarische für all die bekannten und unbekannten Menschen, die 2011 verstorben sind und die wir fortan vermissen werden.

 

Drei Rekorde aus 2011:

  1. Belgien hat nach 541 Tagen wieder eine Regierung
  2. Borussia Dortmund wird mit der jüngsten Mannschaft aller Zeiten Deutsche Fußballmeister
  3. prisma hat 739 Fans auf Facebook

Auch politische Parteien waren in diesem Jahr nicht gegen das eigene Ableben gefeit, die FDP kann ein Lied davon singen. Ihr wurde vom Wähler in Deutschland zunächst das Vertrauen und dann der Status als politische Partei abgesprochen – sogar alkoholfreies Bier hat mehr Prozente. Gott sei Dank gehen wir in der jüngeren deutschen Geschichte wieder freundlicher mit Minderheiten um, sonst wären die Liberalen wahrscheinlich schon gänzlich von der Bildfläche verschwunden.

Der Euro allerdings, hat überlebt. Stark angeschlagen wurden seine lebenserhaltenden Massnahmen, von Monat zu Monat, von Gipfel zu Gipfel, verstärkt und ergänzt. Die Regierungen in Italien und Griechenland mussten in der Eurokrise zurücktreten, mit einem zweifelhaften Beigeschmack für die europäische Demokratie. Noch ist ungeklärt was mit der Europäischen Union passiert, wie Europa in 10 Jahren aussehen wird. Sicher ist jedoch, dass sich in dieser schwersten Krise der europäischen Integration zeigen wird, wo Europas Platz in der Welt zukünftig sein wird.

Auch die Schweiz hat in diesem Jahr auf die harte Tour erkennen müssen, dass es Neutralität im Europa des 21. Jahrhunderts schlichtweg nicht mehr gibt. Auch wenn die Krise in der Schweiz kaum zu spüren war, sind die ersten Flüchtlinge aus Euroland offenbar bereits aufgefallen und man wird in Bern, wie in ganz Europa, die zweifelhafte Auländerpolitik der letzten Jahre überdenken müssen.

Der Arabische Frühling hat uns deutlich vor Augen geführt, dass Migration in Zukunft eine ebenso grosse Herausforderung für die Staatengemeinschaft darstellen wird, wie die bisherigen Finanz- und Wirtschaftskrisen. Aber die Länder in Nordafrika und dem Nahen Osten stehen zunächst vor einem Trümmerhaufen. Zwar wurden die despotischen Herrscher in Tunesien, Ägypten und Libyen abgesetzt oder getötet und das Volk feiert, aber ein Land zu zerstören ist deutlich einfacher als es danach wieder aufzubauen. Das muss auch der NATO klar sein, wenn sie in Zukunft entscheidet warum sie in einem Land wie Libyen interveniert und in Syrien dagegen nicht. Dort sterben immer noch täglich Menschen für ihre Freiheit, während die Unruhen in Ägypten langsam wieder so drastisch sind wie im vergangenen Februar.

Fünf Songs aus 2011:

  1. Der Partyhit
  2. Der Lovesong
  3. Der Sommerhit
  4. Das Chanson
  5. Der unumgängliche Lady Gaga-Hit

Während wir in Mitteleuropa die Ereignisse in aller Welt im Liveticker verfolgten, erscheinen die Katastrophen und Tiefpunkte, mit denen sich so mancher Jünger der Mediengesellschaft auseinandersetzen musste, dagegen vollkommen trivial: Während die Absage von Hape Kerkeling bei “Wetten dass …?” die deutschsprachige Fernsehlandchaft erschütterte, wurde die Diskussion um Stuttgart 21, die als bedeutende Demokratiebewegung begonnen hatte, letztendlich zur Farce. Doch der Bahnhof wird nun gebaut, ein Problem weniger. Karl Theodor zu Guttenberg, der das Vertrauen der Bürger in die Politik weiter erschütterte, sind wir dagegen nicht los. Mit seinem für einen Politiker und Vorbild nichtzuvereinbarenden Verhalten hat er sich aussichtsreich als Kandidat für den nächstjährigen Goldenen Arsch Mit Ohren in der Sonderkategorie “Bedeutender Verdienst im Bereich der Schädigung von Wissenschaft und Politik” beworben. Zur Verleihung laden wir schon einmal ganz herzlich an die HSG ein – sofern der  nächste “Bombenanschlag” nicht erfolgreich ist und die Uni in 2012 überhaupt noch steht.

Aber in diesem Jahr sind auch schöne und gute Dinge passiert. William und Kate haben geheiratet, die Schweiz hat den Weg zur Rechtsstaatlichkeit eingeschlagen und der FC Basel hat als erste schweizer Mannschaft das Achtelfinale der Champions League erreicht. Als Folge der unglaublichen, dreifachen Katastrophe in Japan, haben mit Belgien, Deutschland und der Schweiz drei bedeutende Volkswirtschaften den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen und der Tragödie von Fukushima somit wenigstens etwas Positives gegeben.

Dennoch, 2011 war in vielerlei Hinsicht ein tragisches Jahr und für viele der sieben Milliarden Menschen, die nun auf unserem Planeten leben, lautet daher das simple Fazit: We made it – wir haben es einfach nur irgendwie geschafft. Und vielleicht haben die vielen Tragödien in 2011 ja auch ihr Gutes – denn eigentlich reicht es damit für das gesamte, kommende Jahrzehnt. Sofern die Welt nächstes Jahr nicht untergeht, kann es eigentlich nur besser werden.

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MEHR zum Jahr 2011

… aus der Welt

… von der HSG


3 Comments

  • Gustav

    Gut gemacht. Den Halbsatz nach dem FDP-Witz finde ich allerdings doch reichlich geschmacklos. Und die implizite Einordnung des arabischen Frühlings in den Katastrophen-Teil ist für mich nicht nachvollziehbar…

    • rosamunde

      Dito! 2011 war doch in erster Lnie ein beschissenes Jahr fuer Gerontokraten! und bei allem Muslimbruderschaftspessimimus wird das Jahr doch deshalb in die Geschichte eingehen…

  • Kritik der reinen Vernunft

    Inhaltlich sehr schöner Artikel, aber die vielen sprachlichen Fehler, vor allem bei der Kommasetzung, trüben das Lesevergnügen leider erheblich…

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