Nikkô

Bergwelt um Nikkô

9. Januar

Früh am Morgen fuhren wir per U-Bahn nach Asakusa, um von dort in einen richtigen Zug zu steigen, der uns nach circa zwei Stunden Fahrzeit nach Nikkô brachte. Nikkô ist eine kleine Stadt etwas im Abseits, und sowohl bei Einheimischen als auch Touristen wegen der hohen Dichte an uralten Tempeln und Schreinen sehr beliebt. Ausserdem gibt es in der Nähe einen grossen See, um diesen zu besuchen muss man allerdings eine Übernachtung einplanen. Ich war bisher noch nie in Nikkô und war dementsprechend nervös ob auch alles klappen würde. Die Bilder im Reiseführer waren jedoch so überzeugend, dass ich mich nicht davon abbringen lassen wollte. Einem Sprichwort zufolge sollte man nicht ‘kekkô’ (=genug) sagen, bevor man nicht Nikkô gesehen hat. Dementsprechend erwartungsvoll sassen wir im Zug und vertrieben uns die Zeit mit jassen, während draussen vor den Fenstern eine eher unspektakuläre Landschaft vorbeizog. In Nikkô angekommen gewann ich zwei dominierende erste Eindrücke: Berge und Kälte. Es war das erste Mal seit meiner Abreise aus der Schweiz, dass ich schneebedeckte Berge sah (den weit weit entfernten Fuji mal ausgenommen), und dieser Anblick macht mich doch sehr nostalgisch, und war definitiv erfreulicher als die beissende Kälte die uns sofort in die Glieder kroch.

Nikkô ist gut auf Touristen eingestellt: Mit unserem Zugticket hatten wir auch gleich die Eintritte in die beliebtesten Sehenswürdigkeiten erhalten, die man alle auf einer etwas längeren Wegstrecke abwandern kann. Zuerst jedoch mussten wir einen Bus nehmen, der uns zum ersten Tempel, dem Rinnoji, brachte. Dieser war zu unserer grossen Enttäuschung jedoch wegen Renovation komplett eingepackt. Man konnte ihn aber dennoch betreten und das Innere ungestört geniessen.

Rinnô-ji Tempel in Verpackung

Weiter ging’s zum Tôshôgû. Diese Anlage dient als Grabstätte für den ehemaligen Shogun Tokugawa Ieyasu, und gehört zum UNESCO Weltkulturerbe. Wenn man durch das erste grosse Torii tritt, weiss man auch sofort, warum: die Anlage beherbergt eine stattliche Zahl atemberaubend schöner Kunstwerke, nicht anders kann man diese ‘Gebäude’ bezeichnen, die mit einer enormen Vielfalt von detaillierten Verzierungen geschmückt sind und einen äusserst prachtvollen Eindruck vermitteln. Mir gefiel besonders, dass alles mitten im Wald lag. Das von den riesigen Bäumen gefilterte Licht sorgte für eine passende mystische Atmosphäre, die nicht einmal von den vielen Besuchern gestört wurde.

Eingangs-Torii zum Tôshôgû Schrein
Pagode im Tôshôgû-Areal

Tôshôgû Schrein

diese Drachenköpfe schmücken einen Torpfosten

in der Tempelanlage

In die Wand des einen Holzschreins sind die berühmten drei Affen geschnitzt, die nichts hören, sehen und sagen, für die Nikkô sehr bekannt ist:

die drei Affen

Weiter ging es zur nächsten Anlage, und danach folgte noch eine. Die ganze Zeit über war man mitten im Wald, und konnte sich kaum satt sehen an den wunderschönen Anlagen. Es wurde stets noch grösser, noch höher, noch prachtvoller. Mir schien es fast unglaublich, dass so viele Sehenswürdigkeiten auf so engem Raum angesammelt waren, fast als wäre dies mit Absicht geschehen. Wie praktisch! Trotzdem mussten wir uns jeden erstaunlichen Anblick verdienen, denn nach ein, zwei Stunden waren wir vollkommen durchgefroren. Während meine Füsse zuerst ziemlich schmerzten vor Kälte, spürte ich sie bald gar nicht mehr, erst wieder, als wir unsere Schuhe ausziehen mussten, um einen Innenraum betreten zu dürfen. Was ich nicht mehr für möglich gehalten hätte, trat tatsächlich ein: Es wurde mir noch kälter, und meine Füsse meldeten sich protestierend schmerzhaft zurück.

reich verzierte Decke

Schon fast trotzig sahen wir uns trotzdem jeden Winkel jeder Anlage an, um auch ja alles aus diesem Ausflug herauszuholen. Und es war jede Schlotterminute wert! Hier noch eine weitere kleine Auswahl der fast 300 Bilder, die ich an dem Tag schoss:

ein schmuckes Tor im Taiyuinbyo

Tempelareal

Auf dem Rückweg nach Nikkô durchquert man ein Dörfchen, wo es einige herzige Geschäfte gibt, die traditionelle Esswaren und Souvenirs verkaufen. Danach kam noch die letzte Sehenswürdigkeit, bevor man in den Bus zurück zum Bahnhof stieg: die rote Shinkyo-Brücke.

die rote Shinkyo-Brücke

Damit war es auch schon bald Abend und dunkel, und so ging für uns alles perfekt auf. Im Zug zurück nach Tokyo waren wir aber doch froh um die Sitzheizung, die uns die Kälte der letzten Stunden vergessen und nur noch die unvergesslichen Bilder zurück liess. Das Sprichwort mag auf der einen Seite recht haben, andererseits bekommt man durch Nikkô eher noch Lust auf mehr, als dass man genug sagen würde. Wie auch immer, nachdem wir an diesem Montag voll auf unsere Kosten gekommen waren, hiess es für mich am Dienstag 100% Konzentration auf die Uni, mit nicht weniger als  fünf Schlussprüfungen in den darauffolgenden zwei Tagen. Danach, am Freitag, nahm ich Abschied von Raphael und Alessia, die zurück in die Schweiz flogen.

______________________________________________

MEHR DAZU


Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

*

*

*