„Gefährliche Seilschaften“ – Spannender kann Politik nicht sein

Während der deutsche Titel der TV-Serie vermuten liesse, es handle sich um eine nachmittägliche Soap über Betrug, Verrat und heimliches Techtelmechtel, ist „Borgen“ – so der Originaltitel – in Tat und Wahrheit ein spannendes Politdrama und mitunter etwas vom Besten, was das Fernsehen in den letzten Jahren hervorgebracht hat.

In der Geschichte dreht sich alles um Birgitte Nyborg (Sidse Babett Knudsen), welche in der Startfolge – mehr oder weniger unerwartet – zur ersten Premierministerin Dänemarks gewählt wird. Getragen wird sie dabei von einer Mitte-Links-Koalition aus vier Parteien, die – wie es sich eben so gehört – eher lose zusammenhalten, sich gegenseitig Ministerien streitig machen und teils Vertreter mit äusserst dubiosen Hintergründen in die Regierung einbringen wollen. Während Nyborg den politischen Alltag zu bestreiten sucht, entfernt sie sich in ihrem privaten Leben immer weiter von der Familie, welcher sie eigentlich eine besonders hohe Bedeutung beimisst. Ihr Ehemann Phillip – ein Professor an der Copenhagen Business School – kümmert sich hauptsächlich um die Kinder, versucht aber auch, seine Frau so gut als möglich zu unterstützen. Selbstredend stellt die enorme zeitliche Belastung seiner Frau sowohl ihn, als auch die gemeinsamen Kinder vor grosse Schwierigkeiten. Zudem zwingen die politischen Geschäfte Nyborg, bisweilen von ihren Prinzipien abzuweichen, was auch bei ihr regelmässig Unbehagen und Zweifel hervorruft.

Neben den Geschehnissen auf Schloss Christiansborg, von dessen Spitznamen „Borgen“ (die Burg) sich der Serientitel ableitet und welches interessanterweise das Parlament, den Dienstsitz des Premierministers und das Oberste Gericht Dänemarks unter einem Dach vereint, spielen auch die Medien – als „vierte Gewalt“ im Staat – eine besondere Rolle. Katrine Fønsmark (Birgitte Hjort Sørensen) berichtet als Fernsehjournalistin beinahe täglich über Dänemarks Innenpolitik; und nicht selten kommt sie dabei in Besitz von brisantem Material, welches die Regierung in Erklärungsnotstand bringt und zu einer Reaktion zwingt. Eindrücklich zeigt die Serie, wie verzahnt Medien, Meinung der Öffentlichkeit und Tagespolitik eigentlich sind. Zunutze macht sie sich dabei die Möglichkeit, den Zuschauer auf allen Seiten unmittelbar dabei sein zu lassen.

Dramatisiert wird dieses Zusammenspiel durch den Charakter von Kasper Juul (Pilou Asbæk), dem Spin-Doctor von Birgitte Nyborg. Offenen Beziehungen generell nicht abgeneigt, hatte er früher ein Verhältnis mit Fønsmark. Seinen Draht nutzt er noch immer, um den Medien Informationen zuzuspielen und gelegentlich auch, um diese zu steuern.

Nebst dem Privatleben der Hauptdarsteller lebt die Serie vor allem von einer rasanten, spannenden und beinahe greifbaren Darstellung der politischen Abläufe und dem Kampf um die Macht im Staat. Selbst wenn der Verlauf in gewissen Nebensequenzen geradezu vorhersehbar ist, da gewisse Stereotypen einfach bedient werden wollen, brilliert die Serie durch eine hervorragende Geschichte und eine ebenso gute Erzählweise. Diese werden zudem durch grandiose Schauspieler, welche ihre Rolle in einer atemberaubenden Authentizität verkörpern, bereichert. Auch wenn „Gefährliche Seilschaften“ alles andere als eine Soap ist – dafür ist allein das Erzähltempo schon zu hoch –, spielen Betrug, Verrat und heimliches Techtelmechtel durchaus eine wichtige Rolle, wenn auch auf einer anderen Bühne und in einem anderen Kontext. Alles in allem ist „Borgen“ eine äusserst gelungene, dänische Produktion, bei der man endlich wieder einmal 60 Minuten nur dem Fernseher widmen und Computer oder iPad – ohne Langeweile zu verspüren – beiseitelassen kann.

SF1 überträgt die verbleibenden drei Folgen der ersten Staffel jeweils Montagabend um 23.45 Uhr im Zweikanalton. Die letzte Folge kann hier online angesehen werden.

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