«Ich will nicht so unoriginell wie der Bachelor werden»

Stefan Büsser, Macher der Bachelor-Best-ofs, Comedian und SRF3-Moderator verrät, wer sein Lieblingsbachelor ist, warum er mit den Bachelor-Videos aufhört und wie der typische HSGler für ihn ist.

Du hast an der HSG das Opening Panel der Talents Conference mit dem Thema «emerging career» moderiert, bei dem unter anderem zwei Influencer als Gäste geladen waren. Was denkst du über Influencer?

Ich finde Influencer sind die schlimmste Seuche seit der Pest. Aber nicht, weil ich grundsätzlich etwas gegen die Idee der Influencer habe, sondern weil sich inflationär jede Zehntplatzierte der Miss Ostschweiz Wahlen Influencer nennt und das Gefühl hat, ab 100 Likes sei sie tatsächlich wichtig. Dies ist eine Entwicklung, die weder für die sozialen Medien noch für die Werbeindustrie dienlich ist.

Inwiefern bist du selbst einer?

Insofern gar nicht, als dass ich gar keine Werbung machen darf. Als SRF-Angestellter ist mir das Werbungmachen verboten. So glaube ich, dass man das Label «Influencer» verliert, wenn man dies nicht darf. Es ist mir klar, dass ich im übertragenen Sinne auch ein Influencer bin. Sprich, ich habe einen «Impact» auf Leute mit den Sachen, die ich mache. Da ich vor allem zur Unterhaltung beitrage, brauche ich meinen Einfluss nicht, um politische Botschaften, Lebensverbesserungen oder Kochbücher zu verkaufen. Meine Arbeit ist reine Unterhaltung. Somit ist es fraglich, ob dies noch als Einflussnahme gilt. Vielleicht hatte ich im letzten Jahr einen Einfluss auf die Zuschauerquote von 3+.

Wie ist für dich der typische
HSG-Student?

(Lacht) Der ist wahrscheinlich gar nicht so weit weg vom Maximilian, den Robin Pickis, der Mann hinter «Schwiizchiste», präsentiert. Es ist wie immer bei Stereotypen, es gibt auch Gegenbeispiele. Erst kürzlich habe ich mich mit jemandem unterhalten, der auch an der HSG studiert, der meinte, es habe schon einige Maximilians hier. Die Teilnehmer des Opening Panels unterschieden sich jedoch optisch nicht gross von den Studenten anderer Unis.

Wer ist dein Lieblingsbachelor?

Da bin ich immer für die Originale zu haben. Genau genommen wäre Lorenzo Leutenegger das Original, aber den haben irgendwie alle schon wieder vergessen. Jener, der das Format gross gemacht hat, ist Vujo Gavric. Er ist eine Legende. Vujo ist ein unglaublich lustiger Typ. Mit Janosch verstehe ich mich auch sehr gut. Er ist ein smarter Mann, der ein Business aus seiner Bekanntheit gemacht hat. Dank dem Bachelor konnte er seine Fitnesscenter ausbauen und lebt mittlerweile sehr gut davon. Vujo hat seine eigene Bar und ist wahrscheinlich selbst sein bester Kunde, aber auch das ist ein Business-Modell.

Wer ist deine Lieblingsbachelorette?

Da muss ich St. Gallen zuliebe Eli nehmen. Sie hat alleine schon durch ihren Dialekt extrem viel zur Belustigung der Zuschauer beigetragen.

Gab es auch KandidatInnen
beim Bachelor/der Bachelorette,
welche deine Videos nicht mit
Humor genommen haben?

Das gab es schon, ich weiss sie aber nicht mehr namentlich. Die kamen nur über Umwege zu mir. Nachdem man mir das sagte, kamen sie auch nicht mehr vor. Ich mache die Bachelor-Best-ofs zur Unterhaltung und nicht, um Menschen fertig zu machen. Jene, die in den Best-ofs vorkamen, wollten dies auch. Teilweise haben sie es auch aktiv gesucht mit ihrem Verhalten und hatten wahnsinnig Freude, wenn sie in den Best-ofs vorgekommen sind. Sie sind sich schon während dem Drehen bewusst, dass ich bestimmte Szenen brauchen werde. Dann heisst es immer: «Das landet nachher beim Büssi.» Mit den Hauptprotagonisten hatte ich immer vor Staffelstart ein Treffen und fragte sie nach deren sensiblen Bereichen, über die ich dann auch nie Witze gerissen habe.

Warum hörst du mit den
Bachelor-Videos auf?

Ich habe immer gesagt, dass ich aufhören will, bevor ich so unoriginell werde, wie das Format selbst. Es wiederholt sich komplett, der Ablauf ist immer derselbe. Als ich zum sechsten Mal irgendwen auf diesem verdammten Partyboot sah, wusste ich nicht mehr, was ich dazu machen soll. Dann ist es besser, du hörst auf, bevor es komplett unoriginell wird. Dies heisst aber nicht, dass die Best-ofs ganz verschwinden werden. Ich werde sie nicht mehr wöchtentlich produzieren, doch es wird sicherlich noch ein paar Gelegenheiten geben, um die dümmsten Momente herauszusuchen.

Welche anderen Formate
hast du im Blick?

Ich würde wahnsinnig gerne SRF-Formate verarschen. Das Problem dabei ist, dass sie auf einem sehr hohen Level produziert werden, das heisst, es gibt sehr wenig «Fremdschäm-Momente». Ich weiss, «Mini Beiz, dini Beiz» gibt ab und zu was her. Aber dies ist natürlich meilenweit davon entfernt, was uns 3+ geboten hat. Ich setze relativ viel Hoffnung in «Switzerland’s Next Topmodel». Ich suche momentan den Kontakt zu ProSieben Schweiz und werde schauen, ob sie offen sind für eine Zusammenarbeit.

Du bist beim SRF angestellt.
Darfst du überhaupt Witze über
deren Formate machen?

Ja, unbedingt. Das ist sogar erwünscht. Wir machen dies vor allem im Radio, aber auch in der Late-Night-Show «Unterbüsser», welche ich mit Fabian Unteregger gemeinsam mache. Unser Haus zeigt hier sehr viel Selbstironie, was ich cool finde.

Welche künstlerischen Freiheiten
bietet dir SRF 3?

Alle. Ich bin künstlerisch überhaupt nicht eingeschränkt. Die einzige Einschränkung ist die der Werbung. Ich darf keine Werbeverträge unterschreiben. Dies betrifft mich auch als Comedian. Künstlerisch bin ich frei in dem was ich mache. Ich muss alle Verschwörungstheoretiker, die das Gefühl haben, wir bekämen von oben einen linken Kurs eingeimpft, enttäuschen. Ich schreibe meine Moderationen selbst. Dabei hat mir noch nie jemand reingeredet. Bei SRF sind sie viel freiheitsliebender als man vielleicht erwarten würde. Das SRF sagt immer: «Wir wussten, was wir eingekauft haben. Es wäre schade, wenn es jetzt etwas anderes ist.»

Was stört dich an deiner Arbeit
beim SRF am meisten?

Ehrlich gesagt wenig. Aufgrund der Grösse ist es natürlich ein etwas träges Unternehmen. Ich verstehe einige kritische Argumente, die im Zuge der No-Billag-Initiative aufgeführt wurden. Aber verändere mal in einem Laden mit 6 000 Leuten von heute auf morgen etwas. Es geht einfach nicht, ist ablauftechnisch unmöglich. Dafür macht das SRF Fernsehen, Online und Radio. Dies bietet dir in der Schweiz sonst keiner.

In welchem Punkt siehst du
am meisten Verbesserungspotenzial
für das SRF?

Bezüglich Digitalisierung sind wir auf dem richtigen Weg. Die Entwicklung von neuen Formaten ist problematisch. «Zwei am Morge» ist für mich ein Exempel, in welche Richtung es gehen muss. Sie machen cooles Fernsehen von Jungen für Junge. Das ist nicht irgendwie ein 40-jähriger Redaktionsleiter, der einem 35-jährigen Redaktionsteam, welches das Gefühl hat es sei noch 16 Jahre alt, sagt, was die Jungen lustig finden. Das was ZDF neo macht, wo sich Böhmermann austoben konnte, fehlt uns. Diese Nachwuchsplattformen mit der jungen Zielgruppe entstehen beim SRF
nur langsam.

Viele deiner Sketche sind auf ein junges Publikum ausgerichtet. Wie erreichst du auch ein älteres Publikum?

Ich habe eine AHV-Reduktion bei den Billetten. Nein im Ernst: Das Programm ist vielleicht eher auf ein junges Publikum zugeschnitten. Das Programm handelt aber vom Leben. Davon wie ich auf dem Land aufwuchs und danach in die Stadt gezogen bin, was dies für Besonderheiten mit sich bringt. Dies hat mit dem Alter wenig zu tun. Das erlebt man von 18-88 genau gleich. Mein Publikum ist mehrheitlich jung. Dafür bin ich dankbar. Wenn ich sehe, was manchmal sonst so in Theatern rumsitzt, finde ich, dass dies nicht unbedingt eine Zukunftsvision ist. Ich bin guten Mutes, dass die jetzigen Besucher in zehn Jahren auch noch kommen. Dementsprechend passe ich mein Programm an. Ich glaube, dass mein Publikum auch mit mir älter wird.

Du leidest an Cystischer Fibrose. Wie gehst du mit dieser Krankheit um?

Ich hatte jetzt 33 Jahre Angewöhnungszeit, um zu lernen mit dieser Krankheit zu leben. Ich sage bewusst «mit dieser Krankheit zu leben», weil schlussendlich müssen wir irgendwie miteinander klarkommen. Ich kann momentan 80 Prozent arbeiten, ein Comedy-Programm machen und diverse Videos produzieren. Natürlich bin ich atemtechnisch eingeschränkt, mit noch ca. 30 Prozent Lungenvolumen. Aber solange ich noch jeden Tag aufstehen und arbeiten kann, werde ich mich nicht beklagen. Anderen geht es wesentlich schlechter.

Inwiefern fühlst du dich auf
die Krankheit reduziert?

Reduziert nicht, aber wahrscheinlich mehr in Verbindung gebracht, als dass es mir bewusst ist. Ich brauchte kürzlich ein Bild von mir und habe bei Google meinen Namen eingegeben. Der oberste Begriff nach meinem Namen ist Freundin und dann kommt direkt Krankheit. Erst der dritte ist Bachelor. Das zeigt schon, dass es einen grösseren Stellenwert hat, als ich mir bewusst bin. Dies hat wahrscheinlich damit zu tun, dass ich seit 33 Jahren jeden Tag mit dieser Krankheit lebe. Sie ist für mich nichts Besonderes mehr. Menschen, die es nicht wissen, merken es oft gar nicht. Es ist tatsächlich etwas ein Medienhype. Berichte von mir bei «Glanz und Gloria» sind weniger People-Berichte, also schon fast eine halbe Abdankungsrede. Ich muss den Leuten dann immer erklären, dass sie die Beerdigung noch nicht organisieren müssen. Das ist mühsam, gehört aber zum Job dazu. Die Medien müssen irgendwie ihre Berichte füllen und die Geschichte vom todkranken Komiker, der andere zum Lachen bringt, ist natürlich extrem dankbar.

Du setzt dich sehr stark für
Organspende ein. Hast du
ein konkretes Ziel?

Mit jeder Person, die wir dazu bewegen können, über Organspende nachzudenken, ist das Ziel schon erreicht. Letztes Jahr konnten wir über 100 000 Menschen dazu bewegen einen Organspendeausweis auszufüllen, was dringendst nötig ist. Es sterben jede Woche zwei Menschen, weil wir zu wenig Organe haben. Solange man sich entscheidet, ist es auch völlig in Ordnung, dass man sich dagegen entscheidet. Irgendwann wird dies auch meine letzte Überlebenschance sein.

Was entgegnest du den Leuten,
die denken, man würde sie dann
absichtlich sterben lassen?

Wir sind von der Fake-News-Schleuder nicht ausgenommen. Da werden Horrorgeschichten im Internet verbreitet. Für mich gehört dies zusammen mit Beschimpfungen für Personen definitiv stärker bestraft. Wenn man nachfragt, fehlen aber die Beweise und die Anschuldigungen. Es ist oft gar nichts hinter diesen Geschichten. Es gibt Leute, die nichts auslassen, um gegen die Organspende vorzugehen. Meist geschieht dies aus religiösen Gründen. Das ist mühsam und kostet uns Menschenleben.

Was würdest du dir wünschen,
wenn du drei Wünsche frei hättest?

Gesundheit, das wünscht sich eigentlich jeder, denn das kann man nicht kaufen. Dann wünsche ich mir, dass es meinem nächsten Umfeld gut geht, weil die immer für mich da sind. Muss ich jetzt noch einen auf Ex-Miss machen und Weltfrieden sagen? Ein bisschen mehr Gerechtigkeit würde im Kleinen und Grossen dienlich sein.


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