«Beim Fussball kann ich richtig Emotionen zeigen.»

Martin Eling ist seit November 2011 Direktor am Institut für Versicherungswirtschaft (IVW-HSG) und Inhaber des Lehrstuhls für Versicherungsmanagement. Zuvor sammelte er Erfahrungen in Deutschland, den USA und auch in der Schweiz. prisma spricht mit ihm in seiner Rotmontener Wohnung über Ausbildung, Erholung und Fussball.

Mitten im März – bei wolkenfreiem Himmel und Temperaturen um gefühlte 20 Grad – besuchen wir Martin Eling in seiner Wohnung in Rotmonten. Im ersten Stock empfängt uns der Professor für Versicherungswirtschaft und führt uns sogleich durch seine vier Wände in den sonnendurchfluteten Wintergarten.

Dabei erhaschen wir einen ersten Blick auf die Einrichtung – oder zumindest auf das, was schon vorhanden ist: eine kaum benutzt aussehende Polstergruppe sowie ein Fernseher. Der Esstisch ist zwar bestellt, aber noch nicht geliefert. Momentan laufe noch das Projekt «Familienzusammenführung» und deshalb sei noch alles ziemlich provisorisch, erklärt uns Martin Eling. Vorderhand gibt es aber auf dem verglasten Balkon ein Tischchen aus einem schwedischen Einrichtungshaus, ein Relikt aus den eigenen Studienzeiten, an das wir uns setzen. Beim frühlingshaften Prachtwetter geniessen wir die wunderschöne Aussicht über ganz St. Gallen und bitten zum Interview.

Münster – St. Gallen – Madison

Mit gerade einmal 34 Jahren gehört Martin Eling definitiv zu den jüngeren Professoren an der Universität St. Gallen. Wir wollen zuerst wissen, wie er denn zu seiner Anstellung gekommen ist. Begonnen hat er seine Ausbildung mit dem BWL-Studium in Münster, das jedoch starke Bezüge zur Finance aufwies. Die empirische Arbeit habe ihm schon damals sehr zugesagt, erläutert der Dozent und ergänzt: «Das Studium bereitete mir viel Spass, weshalb ich mich auch für eine Promotion entschloss.» In dieser Arbeit beschäftigte er sich mit dem Thema «Asset Management» und kam so zum ersten Mal in Kontakt mit der Forschung im Versicherungswesen.

Als sein Doktorvater, Hato Schmeiser, 2005 den Ruf nach St. Gallen bekam, fragte dieser Martin Eling an, ob er nicht als Postdoc mitkommen wolle. Aus Freude an der Arbeit und weil ihm die Gallusstadt – auch dank des schönen Wetters an jenem Schnuppertag – sofort gefallen habe, entschloss er sich, hierher zu ziehen. «Hier konnte ich mich weiterentwickeln und beschäftigte mich in meiner Habilitation mit Fragen des Risikomanagements oder der Regulierung», beschreibt Martin Eling seinen nächsten Karriereschritt. In der Zwischenzeit genoss er auch den Aufenthalt als Forscher und Dozent in Madison (Wisconsin), ein Lebensabschnitt, der ihn (auch) nachhaltig sehr geprägt habe, nicht zuletzt wegen den extremen Witterungsbedingungen mit Temperaturen um minus 20 Grad.

Zurück nach Ulm

Nachdem er im März 2009 seine Lehrbefähigung an der HSG erworben hatte, zog es Martin Eling an die Universität Ulm. Besonderen Reiz hatte die kombinierte Fakultät von Wirtschaftswissenschaften und Mathematik, die insbesondere für die quantitative Arbeit in Versicherungsfragen ideal geeignet war und somit auch eine fruchtbare Zeit ermöglichte. Im Jahr 2010 wurde dann an der HSG als Initiative von acht grossen Schweizer Versicherern und dem Schweizerischen Versicherungsverband der Lehrstuhl für Versicherungsmanagement ins Leben gerufen, der für zehn Jahre von diesen auch getragen wird. Mit der neu geschaffenen Stelle kam Martin Eling wieder zurück nach St. Gallen. «Die Position ist äusserst attraktiv. Man arbeitet an einer führenden Wirtschaftsuni, ist sehr praxisnah und unter den Kollegen herrscht ein sehr gutes Verhältnis – mir wurde sofort das Du angeboten.», erklärt er seinen neuerlichen Umzug.

Generell mag er die grosse Freiheit, die der Beruf des Hochschullehrers mit sich bringt: «Man kann morgens festlegen, mit welcher Frage man sich heute beschäftigen möchte.» Zudem begeistern ihn die gesellschaftlich hochrelevanten Themen, die seine Arbeit beinhaltet, so zum Beispiel Fragen zum demografischen Wandel oder zu den immer häufiger auftretenden Naturkatastrophen. Auf einen Nenner gebracht: die Vielfalt und Vielseitigkeit der Themen, aber auch der Ausbildung selbst. Gerade durch die Finanzierung aus der Wirtschaft entsteht eine symbiotische Beziehung zwischen Datenlieferung einerseits und Wissensvermittlung an Führungspersonen andererseits.

Hang zum Kleinen

Martin Eling bezeichnet sich selbst als «nicht besonders grossstadtaffin». Das spiegelt sich auch in der Wahl seiner Studien- und Lehrorte. Münster, Madison (Wisconsin), Ulm und St. Gallen zählen wohl alle nicht zu den Weltmetropolen. Dennoch gefällt ihm gerade hier die unglaublich hohe Lebensqualität, etwas, das man auch in der Stadt immer wieder spüren könne. Zudem sei St. Gallen geschichtlich sehr interessant, man denke an die Stiftsbibliothek, die Geschichte der Universität oder auch an die vielen alten Bauten in der Altstadt. Nicht zuletzt weiss der Dozent aber auch die Nähe zum Bodensee zu schätzen: «Meine Frau und ich schwimmen sehr gerne, da bietet der Bodensee eine tolle Möglichkeit.» Ferner kann er hier auch einem anderen Hobby – dem Joggen – frönen. Gerne geht er dazu in den nahe gelegenen Wildpark oder geniesst die Natur auf seiner Lieblingsstrecke entlang des Freudenbergs im Süden der Stadt. Vorläufig steht St. Gallen als Wohnort – insbesondere berufsbedingt – nicht mehr zur Diskussion. Allerdings würde sich Martin Eling über eine Zweitwohnung in seiner niedersächsischen Heimat, wo auch seine Frau aufwuchs, freuen: «Ich bin immer froh, wenn ich mal wieder zu Hause sein kann. Wir haben dort viele Freunde, die wir distanzbedingt nicht oft sehen können.»

Abends nach der Arbeit widmet sich Martin Eling zusammen mit seiner Frau gerne dem Kochen, der idealen Möglichkeit für ihn abzuschalten. «Wir versuchen jeden Abend, gemeinsam etwas zuzubereiten.» Dabei werden nur frische Zutaten verwendet. Entgegen der allgemeinen Empfehlung esse er mittags häufig nur einen Salat und abends ausgiebiger. Dies müsse er noch verbessern erklärt der 34-Jährige mit einem Lachen. Eine andere Möglichkeit auszuspannen, sei die Zeit in der Natur. Ein Tag ohne Sport im Freien liege eigentlich nicht drin. Spätestens am zweiten Tag verspüre er das Bedürfnis wieder nach draussen zu gehen. Nicht zuletzt befindet sich die Wohnung in einer ruhigen Gegend, auf halbem Wege zwischen der Universität sowie dem Institut beim Hotel Sonne. Für Erholung ist also gesorgt.

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Keine Zurückhaltung

Im Wohnzimmer steht zwar ein Fernseher, der aber eigentlich nur eine Attrappe sei. Die Flimmerkiste läuft im Hause Eling höchst selten. Die Nachrichten werden normalerweise auf dem Computer verfolgt; am Fernseher wird höchstens mal eine DVD angesehen. Ein wichtiges Einsatzgebiet hat die Röhre dann aber doch: «Ich bin ein grosser Fussballfan,» erklärt Martin Eling. Besondere Begeisterung bringt er für die junge Mannschaft von Borussia Dortmund auf, die er schon sehr lange unterstützt. Fussball – national oder international – sei für ihn auch der Moment, wo er richtig Emotionen zeigen könne und es keine Zurückhaltung mehr gebe.

Als wir Martin Eling eine beliebig hohe Geldsumme anbieten und wissen wollen, wofür er diese einsetzen würde, denkt er interessanterweise nicht an den fehlenden Esstisch im Wohnzimmer, sondern meint: «Wirklich wichtig sind mir eigentlich nicht Dinge, die man kaufen kann, sondern die Freiheit, an einem schönen Nachmittag einfach das Institut mal Institut sein zu lassen und einen Ausflug in den Alpstein zu machen.» In Abklärung ist hier auch schon, ob er am kommenden Samstag bereits am Schnee vorbei auf den Hohen Kasten kommen könnte. Auf der anderen Seite würde er das Geld für Reisen einsetzen, um andere Länder kennen zu lernen. In diesem Bereich weise er eine hohe Zahlungsbereitschaft auf.

Immer interessant ist die Frage nach der Zukunft. In gut fünf bis zehn Jahren sieht sich der junge Dozent immer noch im blauen Institutsgebäude an der Ecke Kirchlistrasse in Richtung Wildpark, an einer schönen Kaffeebar sitzend, mit der noch immer gleichen Begeisterung für Versicherungsfragen und einer guten Vernetzung zur Schweizer Assekuranz.

Zu Prof. Martin Eling

Geboren: 21.11.1977 in Thuine (DE)
Hobbys: Natur und Berge, Sport (v. a. Joggen), Reisen
Lieblingslektüre: «Jeder stirbt für sich allein» von Hans Fallada
Lieblingsgericht: Apfel-Hack-Pfanne
Lieblingsort: Alpstein

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