Hoch hinaus in die Freiheit

Basierend auf einer wahren Geschichte erzählt das Filmdrama «Ballon» von einem der spektakulärsten und legendärsten Fluchtversuchen aus der DDR.

Es ist der 16. September 1979 um drei Uhr morgens im Westdeutschen Thüringen. In diesem Grenzort zur damaligen DDR landen acht Personen in einem selbstgebauten Heissluftballon aus 2000 Metern Höhe. Peter Strelzyk (37) und Günter Wetzel (24) haben mit ihrer Konstruktion aus selbstgenähtem Stoff und dünnem Stahl ihren Frauen und vier Kindern die Flucht aus Ostdeutschland in die Freiheit ermöglicht.

Die wohl dramatischste Flucht aus der DDR

Die Familien Strelzyk und Wetzel wollen mit einem selbst konstruierten Heissluftballon nachts über die zugemauerte Grenze in den Westen fliegen. Als endlich die richtigen Windbedingungen eintreten, scheitert ihr waghalsiger Fluchtversuch an einem leeren Treibstofftank. Der Ballon stürzt mitsamt Passagieren nur wenige Meter vor dem Ziel noch auf der ostdeutschen Seite zu Boden und die Fluggäste kehren unverletzt in ihren Alltag zurück. Bereits am Folgetag sichert jedoch das Ministerium für Staatssicherheit am Fundort des einstigen Flugwerks Spuren. Die Stasi nimmt sofort Ermittlungen auf, wodurch ein fesselnder Wettlauf gegen die Zeit beginnt. Mit dem Bau eines zweiten Ballons wagen die Familien ein letztes Entkommen.

Das Ereignis wurde bereits drei Jahre nach den tatsächlichen Geschehnissen als fiktiver Spielfilm unter dem Titel «Night Crossing» («Mit dem Wind nach Westen») von Kit Hopkins und Thilo Röscheisen verfilmt. Für die Neuverfilmung sollte die Extremsituation laut Regisseur Michael Bully Herbig möglichst authentisch wiedergegeben werden. So holte Bully das Einverständnis der Familien Strelzyk und Wetzel ein, um den Film mit den reellen Namen der Protagonisten produzieren zu können. Nebst dem Gastauftritt des Ehepaars Wetzel in der letzten Filmszene trägt der in Originalgrösse nachgebaute Heissluftballon zum Charakter der Produktion bei. 2000 Stasi-Akten wurden durchsucht und intensiv um die Rechte an der Lebensgeschichte gekämpft, bis das Remake «Ballon» nach sechs Jahren endlich den Sprung auf die Leinwand schaffte.

Bisher bekannt durch Komödien wie «Der Schuh des Manitu» (2001) und «(T)raumschiff-surprise – Periode 1» (2004), gelingt Michael Bully Herbig als Regisseur und Produzent mit seinem Film «Ballon» der Genrewechsel zu ernsten Kinofilmen. Besonders am diesjährigen «Zurich Film Festival» sorgte das Drama für Begeisterung und Zuspruch. Durch den ersten Fluchtversuch in der Eröffnungsszene und die Hetzjagd auf zweiter Erzählebene wird die Spannung und das Erzähltempo hochgehalten. Die Vorbereitungen zur Flucht mit dem zweiten Ballon werden parallel zur Verfolgung der Stasi allerdings langsam und akribisch aufgezeigt, was die Glaubhaftigkeit des breiten Handlungsspektrums sichert. Durch diesen Kontrast beweist «Ballon», dass ganz grosses Kino eben doch dem echten Leben entspringt.


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