Solartechnik unter der Lupe

Geri Laube, Solartechniker und Gründer der Laube-Solar GmbH, war vor 22 Jahren einer der ersten im Solargeschäft. Ein Gespräch über die Energiewende, ihre Tücken und seine Vision.

Wie kamst du vor rund 22 Jahren zum Entscheid, in den Solarmarkt einzusteigen?
Zu Beginn war es einfach ein Interesse. Die Technologie war kaum ausgereift, die Sonne wurde höchstens für die Erwärmung von Wärmepumpen verwendet. Dann wandelte sich das Interesse zur Faszination. Mir wurde bewusst, dass noch so viel mehr möglich ist. Irgendwann habe ich mich dann vom Elektriker zum Solartechniker umschulen lassen.

Was war dein bisher grösster Meilenstein?
In Lengnau konnten wir vor kurzem auf einem Bauernhaus eine riesige Anlage eröffnen – 3 000 Kilo-watt Leistung. Das reicht für die Stromversorgung von 60 Einfamilienhäusern. Mit nur einer einzigen Anlage auf einem Dach. Das war sogar für das örtliche AEW (Schweizer Energieversorgungsunternehmen) eine Herausforderung.

Wie hält es sich mit dem Mythos, dass die Anlagen gar nicht nachhaltig sind, weil sie kaputt gehen, bevor ihr Herstellungsaufwand kompensiert werden konnte?
Heutige Photovoltaikanlagen halten bis zu 35 Jahre. Dabei erhalten die Kunden von vielen Herstellern eine Produktegarantie von bis zu 25 Jahren. So etwas findet man in seinem Haushalt sonst kaum wieder. Der sogenannte «Graue Strom» ist nach etwa zwei Jahren kompensiert. Insbesondere der hartnäckige Glaube, dass Solaranlagen nur aus Sondermüll bestehen, ist nicht wahr. Der grösste Teil des verwendeten Materials ist bei guten Solarpanels recyclebar. 

Wie sieht es mit staatlicher Unterstützung aus, wenn ich mein Hausdach mit einer Solaranlage ausstatten möchte? 
Es kommt darauf an, wie gross die Anlage ist und wie viel Strom du für die Allgemeinheit produzierst. Nehmen wir ein durchschnittliches Einfamilienhaus für vier Personen. Eine Anlage mit der benötigten Leistung pro Jahr kostet dich zwischen 17 000 und 20 000 Franken. Dabei erhältst du einen Fix- und einen Förderbetrag pro Kilowatt peak. Das wären in diesem Fall etwa 4 000 Franken insgesamt. Ausserdem, und das wissen viele nicht, kannst du die Investitionskosten steuerlich abziehen. 

Unsere Gesellschaft ist 24/7 auf Strom angewiesen. Dabei steigt nicht nur der Bedarf des Einzelnen jährlich, wir sind auch immer mehr Menschen in der Schweiz. Eine Solaranlage funktioniert aber nur, wenn die Sonne scheint. Wie geht die Rechnung auf?
Das ist momentan noch das Problem. Die Rechnung geht nicht auf. Der Haken sind zurzeit die Speicher. Grundsätzlich kann eine Anlage bei Sonne mehr produzieren als der gesamte Haushalt verbraucht. Du hast also einen Überschuss. Wenn du diesen entsprechend speicherst, kannst du den Strom jederzeit abrufen. Das ist besonders im Winter wichtig, wenn der Bedarf nämlich am grössten ist, die Sonnentage aber begrenzt sind. Heute ist es so, dass bei einer Überschuss-Produktion und vollem Speicher der Reststrom ins allgemeine Stromnetz geht. Du wirst zum Stromproduzenten für die Schweizer Bevölkerung. Leider kriegst du für diesen Strom aber nur etwa 6 Rappen pro Kilowatt. Kilowatt einzukaufen kostet dich aber 20 Rappen. 

Müsste der Staat in diesem Punkt einen weiteren Anreiz geben, um auf Photovoltaik umzusteigen?
Ich bin eigentlich gegen staatliche Unterstützung. Auch die zuvor erwähnte Unterstützung finde ich schade. Ich will, dass die Photovoltaikanlagen selbsttragend sind, selbst rentieren. Und ich bin überzeugt, dass es bis dahin nicht mehr lange geht. Schau dir die Strompreise in Deutschland an. Da kostet zurzeit ein Kilowatt 31 Cent und bei uns sind es 20 Rappen. Das ist ein Unterschied von 50 Prozent. Sobald die Strompreise bei uns das selbe Level erreicht haben, was glaubst du, wie viel Arbeit ich dann habe? Wenn die eigene Stromrechnung plötzlich doppelt so teuer wird, dann überlegt man sich schon, warum man den Strom nicht einfach selbst produziert.

Was bräuchte es aus deiner Sicht, um die Solarenergie weiter voranzutreiben?
Es braucht schon noch einiges. Der Solarstromanteil liegt in der Schweiz aktuell bei mageren zwei Prozent. Deshalb braucht die Solarenergie zurzeit auch staatliche Unterstützung. Ein wichtiger Punkt, der umgesetzt werden könnte, liegt beim Bau neuer Häuser. Diese sollten immer mit einer Solaranlage ausgestattet werden. Ein anderer Punkt ist unser Umgang mit Elektroautos. Wir können von uns nicht behaupten, wir seien ökologisch, nur weil wir ein Elektroauto fahren, wenn der Strom für das Auto schlimmstenfalls aus einem deutschen Kohlekraftwerk kommt. Da braucht es auch ein Umdenken. Das Umdenken kommt, braucht in der Schweiz aber viel Zeit. Bei uns geht alles etwas langsamer.

Mit welcher Herausforderung siehst du dich in deinem Alltag am häufigsten konfrontiert?
Ganz ehrlich? (lacht) Mein grösstes Handicap ist die schweizerische Bürokratie. Ich muss so viel Papier ausfüllen. Für alles und jeden braucht es hunderte Seiten Papier. Das braucht so viel Arbeit, Zeit und Nerven sowieso. Wenn man statt den besagten staatlichen Subventionen die vielen bürokratischen Hindernisse aufheben würde, wäre mir das um einiges lieber.

Siehst du Punkte, die wir in unserem Alltag verändern können, um mit dem Thema Energie verantwortungsvoller umzugehen?
Ich behaupte, ich könnte in jedem Haushalt einige kleinere oder grössere Massnahmen vorschlagen, um ohne Komfortverlust Strom zu sparen. Vor einem Jahr hatten wir die Abstimmung zur Energiestrategie 2050. Da hat Herr Blocher gemeint, wir könnten nur noch kalt duschen und Wäsche waschen gehe sowieso nicht mehr, weil wir ja keinen Strom mehr hätten. Ganz ehrlich: Das ist alles Quatsch. Nur schon das Austauschen einer herkömmlichen Glühbirne durch eine LED spart das zehnfache an Strom dieser Lampe, das zehnfache! Jetzt stell dir das schweizweit vor. Ein anderes Beispiel sind Heizungspumpen. Eine herkömmliche, ältere Pumpe braucht 150 Watt die Stunde, eine neue Pumpe läuft mit acht Watt. Und eine solche Pumpe läuft bei uns etwa 200 Tage im Jahr. Solche Dinge haben grossen Einfluss auf unseren Strombedarf, ohne dass wir auf eine warme Dusche verzichten müssen.

Wie siehst du die Zukunft der Solarenergie?
Sagen wir es mal so: Ich habe einen Traum. Und ich behaupte, dass dieser noch zu meinen Lebzeiten, also in den nächsten 30 Jahren, in Erfüllung gehen wird. Bis dann erwarte und erhoffe ich, dass die Speicher soweit fortgeschritten sind, dass ich im Grunde meine Stromleitung zum örtlichen AEW komplett kappen kann. Sodass ich mich nur mit Sonnenenergie vollkommen autonom versorgen kann. Wenn du dir überlegst, was in den letzten 30 Jahren schon alles erreicht werden konnte, dann ist mein Traum gar nicht so utopisch. Ein noch zu überwindender Bremsfaktor ist das Tempo. Alles wächst, aber in meinen Augen zu langsam. Wenn wir die Energiestrategie 2050 realisieren wollen, dann müssen wir Gas geben.


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